Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 07.03.2017 (2 Sa 158/16):
1. Der Prüfungsmaßstab für häufige (Kurz-)Erkrankungen ist auch dann anzulegen, wenn sich unter den medizinischen Ausfallursachen einzelne Krankheiten befinden, die zu längeren Ausfallzeiten geführt haben (BAG 20. November 2014 – 2 AZR 755/13 – AP Nr. 52 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit = DB 2015, 1290 = NZA 2015, 612).
2. Verletzungen des Skeletts oder des Gewebes, die man sich bei einem Unfall zuzieht, heilen im Regelfall aus. Die Ausfallzeiten, die auf derartigen Heilungsprozesse zurückzuführen sind, fallen daher als Prognosegrundlage für zukünftige Fehlzeiten im Regelfall aus.
3. Lebenskrisen wie beispielsweise eine Scheidung können zu einem vorübergehenden Verlust des Lebensmuts führen, der sich in krankheitsbedingten Ausfallzeiten niederschlägt. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass der angesichts solcher Lebenskrisen verlorene Lebensmut mit dem zeitlichen Abstand zu dem auslösenden Ereigniskomplex wiederkehrt, weil sich im Regelfall herausstellt, dass es trotz der erlebten Krise möglich ist, das Leben auch unter den veränderten Bedingungen fortzuführen. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände kann man daher nicht davon ausgehen, dass eine noch nicht ausgestandene Lebenskrise zukünftig notwendig zu Ausfallzeiten führen wird, die es erforderlich machen, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung aufzulösen.
4. Soll die Fehlzeitenprognose auch mit der Krankheitsanfälligkeit des Arbeitsnehmers gestützt werden, verlangt das zunächst die gerichtliche Feststellung, dass sich die Anzahl der Krankheitsereignisse und deren Dauer signifikant über dem zu erwartenden Durchschnitt des Auftritts gleicher oder vergleichbarer Krankheiten bei anderen Beschäftigten bewegt (BAG 10. November 2005 – 2 AZR 44/05 – AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit = NZA 2006, 655). Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Fehlzeitenprognose aufgrund einer Krankheitsanfälligkeit erschöpft sich allerdings nicht in einer statistischen Analyse der Ausfallzeiten. Vielmehr verlangt das Bundesarbeitsgericht zusätzlich so etwas wie eine plausible Erklärung für die Krankheitsanfälligkeit.