Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 01.11.2016 (8 Sa 301/16):
Nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG beginnt die Frist im Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit Zugang der Ablehnung. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG ist im Falle einer Bewerbung oder eines angestrebten beruflichen Aufstiegs unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Ausschlussfrist mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem dem Beschäftigten die Ablehnung zugegangen ist und er zusätzlich Kenntnis von der Benachteiligung erlangt hat. Der Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung stellt damit den frühestmöglichen Zeitpunkt des Fristbeginns dar. Dieser einschränkenden Auslegung bedarf es jedoch nur, wenn die Ablehnung nicht selbst bereits genügt, Kenntnis von der Benachteiligung zu vermitteln. Einer tatsächlichen Kenntnisnahme des Ablehnungsschreibens bedarf es nicht. Der Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung bestimmt sich nach § 130 Abs. 1 BGB. Nicht erforderlich ist für den Fall des Zugangs – anders als für den Fall der Kenntnisnahme der die Benachteiligung begründenden Umstände – ein Rückgriff auf die Maßstäbe des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Dies folgt daraus, dass der Zugang einer sich im Machtbereich des Empfängers befindlichen Ablehnung nicht von Auskünften und Informationen Dritter abhängig ist. Der Empfänger der Ablehnung hat es vielmehr selbst in der Hand, die von ihm zur Verfügung gestellten Empfangseinrichtungen zu kontrollieren.
Bei der Ablehnung einer Bewerbung handelt es sich zwar um keine Willenserklärung iSd. § 130 BGB, sondern um eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen sind die Vorschriften über die Willenserklärung aber entsprechend ihrer Eigenart anzuwenden.