Das Oberlandesgericht Köln befand in seinem Urteil vom 27.09.1994 (9 U 150/94), daß noch nicht grob fahrlässig handele, wer vor dem Verlassen seiner Wohnung die Kerzen (im Streitfall einen Adventskranz) zwar ausblase, sich aber vom vollständigen Verlöschen des Dochtes nicht endgültig überzeugt hätte.

Des weiteren beziehe sich die Pflicht zur unverzüglichen Schadensanzeige nur auf die generelle Anzeige des Versicherungsfalls, nicht auf die detaillierte Unterrichtung über die Einzelheiten des Hergangs und Umfangs.

Im einzelnen führte das Oberlandesgericht aus, daß der Brand nicht ausschließlich damit erklärt werden könne, daß der Kläger es versäumt gehat hätte, alle Kerzen vor dem Verlassen der Wohnung zu löschen, was den Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens rechtfertigen würde, sondern daß durchaus auch ein beim Ausblasen der Kerzen entstandener Funkenflug den Adventskranz und/oder andere brennbare Materialien entzündet haben könnten.

Die vom Landgericht als sicher angenommene Brandursache einer nicht gelöschten Kerze könne nicht als bewiesen erachtet werden da nicht ausgeschlossen werden könne, daß der Kläger zwar die Kerzen ausgeblasen gehabt hätte, es dabei aber, von ihm unbemerkt, zu einem Funkenflug gekommen sei, der dann zu dem Schadensfeuer geführt habe.

Sollte der Brand auf diese Weise entstanden sein, könnte dem Kläger keine grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden.

In objektiver Hinsicht handele grob fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich, in hohem Grade, außer acht lasse und nicht beachte, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten müsse; und in subjektiver Hinsicht müsse es sich um ein schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten gehandelt haben, das das gewöhnliche Maß erheblich übersteige (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, der der Senat folge).

Im Streitfall könne eine grobe Fahrlässigkeit für den Fall, daß der Kläger zwar die Kerzen ausgeblasen hätte, es dabei aber zu Funkenflug gekommen sei, entsprechend den vorgenannten Merkmalen schon in objektiver Hinsicht nicht bejaht werden. Sicherlich werde ein besonders sorgfältiger Versicherungsnehmer, wenn er Kerzen an einem Adventskranz ausbläse, sich darüber Gewißheit verschaffen, daß hierbei kein Funkenflug entstanden sei; er werde auch abwarten, bis alle glimmenden Dochte verloschen seien. Insofern treffe denjenigen, der dies nicht tue, durchaus der Vorwurf (leicht) fahrlässigen Verhaltens, zumal dann, wenn, wie hier, der Adventskranz bereits mehrere Wochen alt und dementsprechend leicht entflammbar sei. Dieses Verhalten aber als grob fahrlässig im vorgenannten Sinne zu bezeichnen, erscheine überzogen

Die Schadenswahrscheinlichkeit sei in solchen Fällen nicht offenkundig so groß, daß es jedermann einleuchten müsse, nach dem Ausblasen der Kerzen unbedingt noch bis zum Ausglühen der Dochte zu warten und sich zusätzlich davon zu überzeugen, daß keine Funken geflogen seien.

Soweit die Beklagte sich sodann erstmals im Berufungsrechtszug auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Schadensanzeigeobliegenheit nach § 21 Nr. 1 a VGB 84 berufe, sei bereits zweifelhaft, ob sie damit nach Treu und Glauben noch gehört werden könne. Der Tag des Eintritts des Versicherungsfalles sowie das Datum der schriftlichen formularmäßigen Schadensanzeige hätten immer schon festgelegen und seien der Beklagten auch bekannt gewesen.

Wenn sie dennoch diese offenkundigen Tatsachen nicht zum Anlaß nehme, bereits im Zuge der Regulierungsverhandlungen die Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen Anzeige des Schadens zu rügen und sich stattdessen ausschließlich auf § 61 VVG berufen habe, habe der Kläger zu Recht darauf vertrauen dürfen, daß die Beklagte ihre Leistungspflicht nicht im nachhinein auch noch wegen Verletzung der Anzeigeobliegenheit verneinen würde.

Letztlich bedürfe es aber im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung dazu, da eine Obliegenheitsverletzung schon in objektiver Hinsicht von der Beklagten nicht schlüssig vorgetragen worden sei. Die nach § 21 Nr. 1 a VHB 84 bestehende Anzeigeobliegenheit entspreche der in § 33 VVG geregelten Pflicht, nach dem Eintritt des Versicherungsfalles dem Versicherer unverzüglich Anzeige zu machen habe, und sei von der Aufklärungsobliegenheit gemäß § 21 Nr. 2 b VHB 84 bzw. der Auskunftspflicht nach § 34 VVG zu unterscheiden.

Auch der weitere Vorwurf einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit sei unbegründet. Soweit es im Schadensanzeigeformular heiße, der Brand in der Wohnung sei aus nicht geklärter Ursache (vermutlich Kurzschluß nach Funkenflug über dem Adventskranz) entstanden, läge darin nur dann eine „bewußt irreführende“ Angabe zur Brandursache, wenn der Kläger die wahre Ursache gekannt hätte, was von der Beklagten aber gleichfalls nicht bewiesen worden sei.