In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf unterlag die Klägerin in dem Urteil vom 07.04.2009 (I-4 U 39/08) mit ihrem Antrag auf Feststellung eines Invliditätsgrades von 80% aufgrund diverser Erkrankungen nach einem Zeckenbiß.

Im einzelnen:
Die Klägerin begehrte von der Beklagten Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung.

Die Klägerin hatte mit der Beklagten seit Dezember 1999 einen Vertrag über eine private Unfallversicherung geschlossen, dem die allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen der Beklagten zugrunde lagen, die den AUB 94 entsprachen.

Die Klägerin wurde bei einer Veranstaltung am 19.06.2004 von einer Zecke gebissen; sofort nach Erkennen wurde die Zecke von einem anwesenden Arzt begutachtet und sodann von einem anwesenden Pfleger entfernt. Wenige Tage später wurde von einem Arzt der Verdacht auf das Vorliegen einer Borreliose geäußert. Zwischenzeitlich litt die Klägerin u.a. an dem sogenannten Sjögren-Sydrom.

Mit Schreiben vom 17.09.2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie leide aufgrund des Zeckenbisses an einer Borreliose-Infektion. Ausweislich eines Briefs des Chefarztes einer Klinik für Neurologie und zugleich akademisches Lehrkrankenhauses vom 22.09.2004 wurde die Klägerin am 26.07.2004 mit Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit dort stationär aufgenommen. Wegen des Verdachts auf eine Neuroborreliose führte die Klinik eine erneute, diesmal intravenöse Antibiose durch, um deren Fortführung bis zum 08.08.2004 sie bat, diagnostisch hätten sich keine Zellzahlenerhöhung und kein Nachweis von Borrelien-Antikörpern gezeigt. Als Diagnose wurde neben dem Verdacht auf Neuroborreliose (A 69.2) – zur Zeit austherapiert – ein postinfektiöses Erschöpfungssyndrom (F 32.0) sowie eine somatoforme Störung (F 45.0) angegeben. Unter dem 06.01.2005 schrieb der Arzt für innere Medizin unter der Diagnose „aktive Borreliose“, die von ihm durchgeführten Untersuchungen hätten einen unauffälligen serologischen Befund bezüglich der Borreliose ergeben, der Lymphozytentransformationstest gegen Borreilen-Antigene sei jedoch deutlich positiv gewesen, so daß von einer aktiven Borreliose auszugehen sei. Er hielt die erneute Gabe von R. für dringend erforderlich. Nach seinen Erfahrungen habe sich in solchen Situationen eine 28-Tage-Kur bewährt. Die Therapie wurde durchgeführt. Mit Arztbrief des Chefarztes der Abteilung für innere Medizin des Städtischen Krankenhauses mit der aktuellen Behandlungsdiagnose Verdacht auf Sjögren-Sydrom, Post-Lyme-Disease, Neuroborreliose nach Zeckenbiss hieß es, die vierwöchige R.-Therapie sei dort wegen der ausgeprägten Symptomatik durchgeführt worden, obwohl schulmedizinisch keine Therapie-Indikation bestanden habe. Eine klinische Besserung habe dies nicht gebracht. Er stellte einer Rheumaklinik in A. die Klägerin nun zur Überprüfung der Diagnose „Rheumakaktor-negatives Sjögren-Syndrom“ vor, falls auch diese Diagnose sich nicht bestätige, sehe er als einzige Differenzialdiagnose nur noch ein Konversionssyndrom. Unter dem 8.03.2005 antwortete der Dermatologe Prof. Dr. G. dieser Rheumaklinik unter den angegebenen Diagnosen „Sicca-Syndrom (Augen und Mund), rethropatellarer Knorpelschaden links, Zustand nach Borreliose mit Erythema Migrans (7/2004), Großzehengrundgelenksarthrose beidseits“, labormedizinisch hätten sich keine Entzündungszeichen gezeigt, Imungloboline seien normal, antinukleäre Antikörper, SS-A- und SS-B-Antikörper seien nicht nachweisbar, ebenso wenig Rheumafaktoren, so daß der vordiagnostisch gefundene SS-B-Antikörper nicht plausibel sei. Anhaltspunkte für eine entzündliche Genese hätten sich nicht ergeben.

Unter dem 21.04.2005 schrieb wiederum der Chefarzt des Städtischen Krankenhauses an den Arzt unter Angabe einer aktuellen Behandlungsdiagnose „Verdacht auf Konversationssympthomatik, Zustand nach Neuroborreliose 7/04, Sicca-Syndrom“, die Möglichkeit einer Konversionssymptomatik werde von der Klägerin nach wie vor nicht für möglich gehalten, sie fühle sich auf die Psychoschiene abgeschoben. Er bat um eine fachärztliche Prüfung, ob eine Konversionssymptomatik vorliege.

Die Klägerin behauptete in dem Verfahren, als Folge des Zeckenbisses habe sie eine Borrelliose-Infektion, ein Sjögren-Syndrom, Hirnschädigungen, Störungen der kognitiven Leistungsfähigkeit und eine anhaltende depressive Reaktion bei Anpassungsstörung sowie weitere Störungen als Dauerfolge erlitten. Sie halte einen Invaliditätsgrad von mindestens 80 % für gegeben. Sie sei der Ansicht, bei dem Zeckenbiß handele es sich um ein Unfallereignis im Sinne des § 1 III AUB 94, die Leistungspflicht der Beklagten sei auch nicht nach § 2 II Nr. 3 AUB 94 ausgeschlossen.

Das Oberlandesgericht befand die Klage als unbegründet. Der Klägerin stehe aus dem privaten Unfallversicherungsvertrag vom 9.12.1999 ein Anspruch auf Invaliditätsentschädigung wegen der Folgen des am 19.06.2004 erlittenen Zeckenbisses kein Anspruch auf Invaliditätsleistung zu.

Voraussetzung für eine Invaliditätsleistung aus der abgeschlossenen Versicherung sei gemäß § 7 AUB 94, daß der Unfall (hier: der Zeckenbiss, an dessen Unfalleigenschaft keine Zweifel bestünden) zu einer Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin geführt habe, daß die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht worden sei (§ 7 I Nr. 1 Satz 1 und 3 AUB 94).

Bei dem Zeckenbiß vom 19.06.2004 setze ein Anspruch der Klägerin damit voraus, daß ihre unfallbedingte Invalidität bis zum 19.06.2005 eingetreten und bis spätestens 19.09.2005 ärztlich festgestellt worden sei. Denn beide Merkmale, auch die ärztliche Feststellung unfallbedingter dauernder Beeinträchtigung innerhalb 15 Monaten, seien nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Anspruchsvoraussetzung.

Diese Anspruchsvoraussetzung sei nicht gegeben.

Wenn überhaupt innerhalb eines Jahres nach dem Zeckenbiß schon eine dauernde Beeinträchtigung bei der Klägerin eingetreten sein sollte, so sei eine solche auf dem Zeckenbiß beruhende dauernde Beeinträchtigung jedenfalls nicht bis zum 19.09.2005 ärztlich festgestellt worden.

Es sei bereits fraglich, ob innerhalb der genannten Frist überhaupt schon eine konkrete ärztliche Diagnose einer auf einem Zeckenbiss beruhenden Borreliose gestellt worden sei. Von allen ärztlichen Schreiben, die die Klägerin eingereicht habe, komme dafür allenfalls der Arztbrief vom 06.01.2005 in Betracht, der bei der Vorgeschichte einen Zeckenstich im Bereich des linken Arms erwähne und unter Hinweis auf einen deutlich positiven Lymphozytentransformationstest gegen Borrelienantigene ausführe, „… daß insgesamt von einer aktiven Borreliose auszugehen ist“. Ob dies eine sichere, über einen Verdacht hinausgehende Diagnose einer Borreliose bedeute, brauche der Senat nicht zu entscheiden. Denn dieser Arztbrief beinhalte jedenfalls keine auf dem Zeckenbiß beruhende ärztliche Feststellung einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin im Sinn des § 7 I Nr. 1 AUB 94.

Es sei unstreitig, daß Borreliose bei medikamentöser Behandlung zumeist folgenlos ausheilt. Auch der Arztbrief vom 06.01.2005 gehe von einer Dauerschädigung nicht aus, sondern weise darauf hin, daß sich nach seinen Erfahrungen in solchen Situationen eine 28-Tage-Kur mit 2 Gramm Rocephin täglich intravenös bewährt habe. Er habe in seinem Arztbrief auch überhaupt keine auf Dauer angelegte Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens der Klägerin aufgezeigt. Einer der Ausnahmefälle, in denen ein ärztlicher Befund auch ohne ausdrückliche Erwähnung der Dauerfolgen so eindeutig für eine Invalidität spreche, daß er für sich selbst spricht, etwa bei der Diagnose einer Querschnittslähmung, bestimmter Gehirnschäden oder unfallbedingter Glied- bzw. Organverluste, liege bei den hier in Rede stehenden Befunden gerade nicht vor. Die Borreliose-Erkrankung führe eben nicht notwendig zu Dauerfolgen, die deshalb nicht ausdrücklich gesondert erwähnt zu werden bräuchten, weil sie mit der gestellten Diagnose stets einhergehen würden.

Die Beklagte sei auch keineswegs unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert, sich auf die fehlende fristgerechte ärztliche Feststellung zu berufen. Vor allem liege keiner der Ausnahmefälle vor, in denen die Rechtsprechung einen solchen Verstoß des Versicherers gegen Treu und Glauben angenommen habe, weil er eine eigene Hinweispflicht auf die vereinbarten Fristen versäumt habe, dies insbesondere dann, wenn Befunde eine Invalidität zwar nicht ausdrücklich erwähnten, jedoch auf sie hinweisen würdem. Da aber eine Borreliose-Infektion, wie sie die Klägerin der Beklagten unstreitig innerhalb der 15-Monats-Frist mitgeteilt habe, weder notwendig noch auch nur mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Dauerbeeinträchtigung führe, vielmehr zumeist unter medikamentöser Behandlung folgenlos ausheile, läge für die Beklagte bei dieser Meldung der Eintritt einer Invalidität der Klägerin nicht nahe, schon gar nicht eine Invalidität, die innerhalb eines Jahres nach dem Zeckenbiß eintreten würde.

Auch wenn der Vortrag der Klägerin zutreffen sollte, wonach die Dauerfolgen einer durch Zeckenbiß übertragenen Borreliose-Infektion meist erst später als ein Jahr nach dem Biss eintreten und erkennbar würden, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Vereinbart in der privaten Unfallversicherung auf der Grundlage der AUB 94 seien nicht Leistungen für sämtliche unfallbedingte Invaliditätsfolgen, sondern nur solche, die innerhalb eines Jahres eingetreten seien. (Nur) für dieses Risiko verspreche der private Unfallversicherer in den AUB 94 Leistung, auf diesem versicherten Risiko beruhe seine Kalkulation.

Da es jedenfalls und ganz eindeutig an der Anspruchsvoraussetzung des § 7 I Nr. 1 Satz 3 AUB 94 fehle, könne offen bleiben, ob Versicherungsschutz der Klägerin wegen einer durch Zeckenbiß übertragenen Borrelioseinfektion mit daraus resultierenden Dauerfolgen gemäß § 2 II Nr. 3 AUB 94 ausgeschlossen sei.

Da ein Anspruch eindeutig nicht in Betracht komme, brauche der erkennende Senat sich nicht – gegebenenfalls unter Hinzuziehung sachverständiger Hilfe – damit zu befassen, wie genau eine Zecke die entsprechenden Keime in die Blutbahn übertrage und ob diese dann festzustellende Übertragungsart der entspreche, die ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer unter dem Wortlaut der Wiederausschluss-Regelung in § 2 II Nr. 3 Satz 2 AUB 94 verstehe „…Haut- oder Schleimhautverletzungen, die als solche geringfügig sind und durch die Krankheitserreger … in den Körper gelangen“. Das könnte dann zweifelhaft sein, wenn die Erreger durch die als solche geringfügige Hautverletzung in die Blutbahn gelangen, indem die Zecke sie hineindrückt, ähnlich wie bei einer Injektion.