In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm ging es darum daß die Gebäudeversicherung der Nachbarn der Beklagten von dieser Ersatz ihrer Entschädigungsleistungen für ihre Versicherungsnehmer verlangte aufgrund eines im Hause der Beklagten ausgelösten Brandes. Es stand im Raume, daß der Brand durch einen technischen Defekt am elektrischen Bett der Beklagten oder durch ein Verschulden der Beklagten verursacht worden war. Insofern bemühte die Gebäudeversicherung als Anspruchsgrundlage nicht nur die deliktische Haftung, sondern auch § 906 Abs. 2 BGB analog, also den nachbarrechtlicher Ausgleichsanpruch gegen die Beklagte als Nutzerin des Zimmers, in dem der Brand ausbrach.
Die Klägerin unterlag in erster und zweiter Instanz.
Das Oberlandesgericht Hamm führte in seinem Urteil vom 02.08.2010 (I-5 U 56/10) aus, es bestünden bereits grundsätzliche Bedenken gegen die analoge Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Unfallschäden (Brand, übergreifendes Feuer, aber auch Wasserrohrbruch etc.). Denn in diesen Fällen werde die Grenze zur Gefährdungshaftung überschritten.
Ein solcher Anspruch sei unabhängig davon hier aber schon deswegen zu verneinen, weil er sich, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, nicht gegen die Beklagte richte.
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen würden, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden müsse, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden könne, sofern er hierdurch Nachteile erleide, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen würden.
Für die Beurteilung, ob der betroffene Nachbar eine Entschädigung verlangen könne, sei, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibe, zugleich das Grundstück in den Blick zu nehmen, von dem die Einwirkung ausgehe. Auch insoweit bedürfe es eines Zusammenhangs, der die Einwirkung als von diesem herrührend erscheinen lasse. Ein solcher könne zum einen durch einen gefahrenträchtigen Zustand des Grundstücks vermittelt werden. Zum anderen komme es auf die Nutzung durch den Eigentümer oder durch die die Nutzung bestimmende Person an.
Ausgleichspflichtig sei der die beeinträchtigende Nutzungsart bestimmende Nutzer des emittierenden Grundstücks, da er Schuldner des durch Abs. 2 Satz 1 ausgeschlossenen Anspruchs sei. Werde ein Grundstück von mehreren Personen zu unterschiedlichen Zwecken genutzt, dann richte sich der Ausgleichsanspruch ebenso wie der Abwehranspruch, an dessen Stelle er trete, gegen den für die beeinträchtigende Nutzungsart Verantwortlichen.
Zutreffend habe die landgerichtliche Entscheidung darauf abgestellt, wer die Nutzungsart des Grundstücks und nicht einzelner technischer Geräte oder Einrichtungen bestimme.
Die Klägerin geht fehl, wenn sie auf das Bett als Immissionsquelle abstelle. Der Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog setze voraus, daß von einem Grundstück auf ein anderes Grundstück Einwirkungen ausgehen würden und der Nutzer des Grundstücks – der nicht unbedingt Eigentümer sein müsse – als Störer anzusehen sei. Auf einen einzelnen Inventargegenstand – der nicht einmal wesentlicher Bestandteil ist – könne nicht abgestellt werden.
Es stehe auch der Vortrag der Klägerin, daß allein ein technischer Defekt an dem elektrisch verstellbaren Bett (neben einer fahrlässigen Brandstiftung durch die Beklagte) als Brandursache in Betracht komme, nicht im Einklang mit den Feststellungen des Sachverständigen. Der Sachverständige habe die beiden elektrischen Stellmotoren des Bettes und die noch vorhandenen Zuleitungen des Bettes untersucht und keine Auffälligkeiten festgestellt.
Entgegen den Ausführungen der Klägerin sei die Beklagte auch nicht die alleinige Nutzerin des Schlafzimmers gewesen. Dieses Zimmer sei auch als Arbeitszimmer genutzt worden.
Sehe man eine mögliche Brandursache in der Elektroinstallation des Zimmers, also des Hauses, sei nicht die Beklagte, sondern allenfalls ihr Ehemann als Störer, nämlich als Zustandsstörer, anzusehen. Er sei als Eigentümer derjenige, der für technische Einrichtungen in seinem Haus verantwortlich sei. Insoweit sei der überzeugenden Argumentation des Landgerichts zu folgen. Zutreffend habe es insbesondere ausgeführt, daß sich der Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog als uferlos und unbillig darstellen würde, wenn man mit der Ansicht der Klägerin sämtliche – jedenfalls dauerhaften – Nutzer eines Hausgrundstücks als ausgleichspflichtig ansähe.
Ein Anspruch der Versicherungsnehmer der Klägerin, der auf sie übergegangen wäre, ergebe sich auch nicht bei analoger Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB. Eine solche sei zwar grundsätzlich denkbar, wenn neben einer Haftung aus unerlaubter Handlung auch eine Gefährdungshaftung in Betracht komme. Voraussetzung dafür sei aber u.a., daß bei jedem Beteiligten ein anspruchsbegründendes Verhalten vorliege. Der Brand könne aber nach dem Vortrag der Klägerin entweder durch einen technischen Defekt entstanden sein, so daß sich ein Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog gegen den Ehemann richten würde, oder durch eine fahrlässige Brandstiftung der Beklagten, bei der ein Anspruch gegen diese aus §§ 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 306a, 306d StGB bestünde. Die Beweisnot der Klägerin liege darin, daß entweder die eine oder die andere Brandursache vorliege und nicht in jedem Fall (eben nicht im Fall eines technischen Defekts) ein anspruchsbegründendes Verhalten der Beklagten gegeben sei. Dieser Beweisnot könne aber nicht durch die Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB begegnet werden.
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