In dem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf

[Urteil vom 10.12.2009 (I-10 U 88/09)] verlangte die Klägerin und Berufungsklägerin als Gebäudeversicherer (aus übergegangenem Recht) von der Beklagten als ehemalige Mieterin Schadensersatz wegen grob fahrlässiger Verursachung eines Gebäudeschadens in Höhe von insgesamt 74.716,13 €.

Das Landgericht hatte zuvor die Klage abgewiesen, weil der Beklagten kein subjektiv erheblich gesteigertes Verschulden zur Last falle und eine ergänzende Auslegung des Gebäudeversicherungsvertrags ergebe, dass ein Regreßverzicht des Versicherers in den Fällen bestehen würde, in denen der Mieter, der – wie hier – mietvertraglich die anteiligen Versicherungskosten trage, einen Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht habe.

In dem Verfahren wurde der Mieterin vorgeworfen, es unterlassen zu haben, den Herd auszuschalten und den Schmalztopf von der heißen Herdplatte zu nehmen, was objektiv und subjektiv grob fahrlässig gewesen sei.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf befand, daß die Gebäudeversicherung nicht nachgewiesen habe, daß die Mieterin den Brand vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht habe.

Ein grob fahrlässiges Verhalten, das hier allein in Betracht komme, liege vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden sei, wenn ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben worden seien und dasjenige unbeachtet geblieben sei, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte.

Bei der groben Fahrlässigkeit handele es sich um eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung. Hieran fehlt es.

Die Beklagte habe nach den getroffenen Feststellungen am Vormittag die Küche ihrer Wohnung verlassen, ohne die vordere linke Kochstelle des Ceranfeldes auszuschalten, auf der sich ein Topf mit erhitztem, flüssigem Schmalz befunden habe, das sich in der Folge entzündet und hierdurch den streitgegenständlichen Gebäudeschaden verursacht habe.

Dieses Verhalten erfülle die Kriterien der objektiven groben Fahrlässigkeit.

Insoweit sei in der Rechtsprechung anerkannt, daß eine erfahrene Hausfrau – wie hier die Beklagte -, die schon wiederholt Fett ausgelassen habe, den Versicherungsfall (Wohnungsbrand) grob fahrlässig herbeiführe, wenn sie die Herdplatte unter dem mit gestocktem Fett gefüllten Kochtopf einschalte und sodann ohne zwingenden Grund die Wohnung verlasse. Das Erhitzen von Fett in einem Topf auf einem Küchenherd sei wegen der damit verbundenen hohen Brandgefahr ein Vorgang, der besondere Aufmerksamkeit verlange und nur unter Einhaltung strenger Sorgfaltsanforderungen durchgeführt werden dürfe. Indem die Beklagte die Küche verlassen habe, um ihrem Ehemann im Garten zu helfen, ohne sicherzustellen, daß der Vorgang des Schmalzschmelzens abgeschlossen und die vordere linke Herdplatte abgeschaltet gewesen sei, habe sie einen objektiv schweren Verstoß gegen die von jedermann zu beachtende und jedermann einleuchtende Sorgfaltspflicht und hierdurch den objektiven Tatbestand der groben Fahrlässigkeit erfüllt.

Ein auch auf subjektiver Seite unentschuldbares Fehlverhalten der Beklagten lasse sich demgegenüber nicht feststellen. Der Senat ging vielmehr davon aus, daß subjektiv ein Augenblicksversagen der Beklagten vorgelgen habe, das unter den besonderen Umständen des Streitfalls ausnahmsweise den Vorwurf einer auch subjektiv groben Fahrlässigkeit entfallen lasse.

Es werde hierbei nicht verkennt, daß der Ausdruck „Augenblicksversagen“ nur den Umstand beschreibe, daß der Handelnde für eine kurze Zeit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lasse und dieser Umstand allein kein ausreichender Grund sei, den Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit herabzustufen, wenn die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben seien.

Grobe Fahrlässigkeit könne hinsichtlich ihrer subjektiven Voraussetzungen nicht im Wege des Anscheinsbeweises nachgewiesen werden. Zwar könne nach der Rechtsprechung vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen werden. Dieser Schluss sei jedoch dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn weitere, in der Person des Handelnden liegende besondere Umstände hinzukommen würden, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen ließen.

Werde im Rahmen eines routinemäßigen Ablaufs etwa ein Handgriff vergessen, wie es auch einem sorgfältig Handelnden unterlaufen könne, so sei dies als Fall eines Augenblickversagens anzusehen, das nicht als grobe Fahrlässigkeit beurteilt werden könne.

Die Beklagte habe den Ablauf des Brandtages, an dem sie Griebenschmalz herstellen wollte, geschildert. Danach habe sie auf dem linken hinteren Ceran-Kochfeld ihres Herdes eine Pfanne stehen gehabt, in der sie durchwachsenen Speck ausgelassen habe. Auf den vorderen beiden Platten habe sie Töpfe stehen gehabt, in denen sie „Flomen“ erhitzt (rechtes Kochfeld) und im Supermarkt gekauftes Schmalz zum Schmelzen gebracht habe (linkes Kochfeld). Die Pfanne mit Speck (und Zwiebeln) sei zuerst fertig gewesen. Sie habe deshalb die Herdplatte hinten links ausgeschaltet und die Pfanne zum Auskühlen auf die hinten rechts befindliche Kochplatte geschoben, die nicht in Betrieb gewesen sei. Als nächstes sei der Flomen fertig gewesen. Sie habe daher auch die Platte vorne rechts ausgeschaltet. Diese kühle relativ schnell ab, so daß sie den Topf deshalb habe stehen lassen.

Dieses Verhalten zeige, daß die Beklagte am Brandtag im Umgang mit heißem Fett gerade nicht sorglos und gleichgültig, sondern besonnen gehandelt habe. Sie habe insbesondere darauf geachtet, daß sowohl die Pfanne mit dem ausgelassenen Speck als auch der Topf mit dem Flomen nicht mehr unter Strom gestanden hätten und dementsprechend hätten auskühlen können. Wenn die Beklagte dann den weiteren Topf mit dem verflüssigten Schmalz auf der linken Kochstelle in dem Glauben stehen gelassen habe, sie habe auch diese Kochplatte ausgeschaltet, und es dadurch zu einem Brandschaden komme, sei im Hinblick auf die genannten Umstände und bei der gebotenen Gesamtwürdigung ausnahmsweise ein Augenblicksversagen zu bejahen, das den Vorwurf schlechthin unentschuldbaren Fehlverhaltens nicht rechtfertige.

Soweit die Klägerin die Einlassung der Beklagten als Schutzbehauptung einstufte, übersehe sie, daß sie die Darlegungs- und Beweislast für eine grobe Fahrlässigkeit trage und daß das Vorbringen der Beklagten insoweit nicht widerlegt sei.