Das Oberlandesgericht Köln befaßte sich in seinem Urteil vom 19.07.2011 (4 U 25/10) mit einem stattgefundenen Verkehrsunfall, wobei das Gericht aufgrund zahlreicher Indizien von einem gestellten Verkehrsunfall ausging.

Das Oberlandesgericht befand, daß für das Vorliegen eines abgesprochenen Verkehrsunfalls bereits spreche, daß der Kläger und der Beklagten zu 1) sich bereits vor dem Unfall gut gekannt hätten, ein Treffen an der späteren Unfallstelle mit den beiderseitigen Fahrzeugen zuvor abgesprochen gewesen sei und das persönliche Verhältnis der unfallbeteiligten Parteien sowohl gegenüber der Polizei als auch gegenüber dem beklagten Haftpflichtversicherer zunächst verschwiegen worden sei.

Selbst im vorliegenden Rechtsstreit sei die private Bekanntschaft der unfallbeteiligten Parteien sowie der Anlaß für das Zusammentreffen an der Unfallstelle zunächst nicht offengelegt worden, sondern erst auf entsprechende Vorhalte der beklagten Haftpflichtversicherung sowie auf Nachfragen des Gerichts offenbart worden.

So habe der Kläger in der Klageschrift vorgetragen lassen, daß er gegenüber dem Sachverständigen der Versicherung im Rahmen des Besichtigungstermins wahrheitsgemäß angegeben habe, daß er den Beklagten schon zuvor nach seiner Erinnerung gesehen habe, als Eisverkäufer. Erst auf Vorhalt der Beklagten 2), daß die unfallbeteiligten Parteien Arbeitskollegen seien und sie eine enge Freundschaft verbinden würde, habe der Kläger in seiner Erwiderung dann eingeräumt, daß er und der Beklagte zu 1) Arbeitskollegen seien und sich verabredet hätten, am Unfalltag gemeinsam nach Remscheid zu fahren.

In seiner persönlichen informatorischen Anhörung vor dem Landgericht erklärte der Kläger dann, daß er und der Beklagte zu 1) damals beabsichtigt hätten, in Remscheid gemeinsam eine Bäckerei aufzumachen. Sie hätten sich verabredet, um am Unfalltag zusammen nach S. zu fahren und dort ein Ladenlokal zu besichtigen.

Der Umstand, daß die unfallbeteiligten Parteien gemeinsam ein Geschäft hätten gründen wollen, lasse auf eine enge persönliche Verbundenheit sowie auf gemeinsame wirtschaftliche Interessen schließen. Daß der Kläger sein persönliches Verhältnis zum Beklagten zu 1) sowie den Anlaß der Fahrt zunächst vorgerichtlich sowohl im Rahmen der Unfallaufnahme gegenüber der Polizei als auch in der Schadensmeldung gegenüber der Versicherung nicht offenbart habe und sodann im gerichtlichen Verfahren nur nach und nach eingeräumt habe, spreche entscheidend gegen seine Redlichkeit.

Der Einwand des Klägers, man habe das persönliche Verhältnis nicht offenbart, um nicht unter den Verdacht eines fingierten Unfalls zu geraten, sei als reine Schutzbehauptung zu werten. Ein redlicher Beteiligter an einem Unfall hätte sich von Anfang an um eine wahrheitsgemäße und vollständige Darstellung des Geschehens bemüht, gerade wenn besondere Umstände – wie hier die Verabredung am Unfallort – objektive Zweifel hätten hervorrufen können. Bei einer Offenlegung des gesamten Geschehens hätte – ggf. auf Anforderung der Versicherung – eine umfassende Beweissicherung stattfinden können.

Demgegenüber habe der Beklagte zu 1) unmittelbar nach dem Unfall sein Fahrzeug verkauft, so daß eine nachträgliche Besichtigung nicht mehr möglich gewesen sei, was ebenfalls als Indiz für einen fingierten Verkehrsunfall zu werten sei. Selbst Fotos des beschädigten Fahrzeuges des Beklagten zu 1) seien vor der Veräußerung nicht gefertigt worden, so daß die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachten im vorliegenden Fall nicht möglich gewesen sei.

Hätte der Kläger tatsächlich Sorge gehabt, unberechtigt in den Verdacht einer Unfallmanipulation zu geraten, so hätte er schon bei der Aufnahme des Unfalls durch die Polizei darauf gedrängt, alle Beweise zu sichern, wie etwa durch die Anfertigung einer genauen Skizze unter genauer Angabe der Position der Fahrzeuge nach dem Unfall, und durch die Anfertigung von Fotos. Außerdem hätte er seinen Beifahrer als Zeugen in die Unfallmitteilung der Polizei aufnehmen lassen. Stattdessen seien in die (wenig aussagekräftige) polizeiliche Unfallmitteilung nur die am Unfall beteiligten Fahrzeuge und Fahrer aufgenommen worden sowie eine grobe Handskizze gefertigt worden. Hinzu komme, daß der Kläger in seiner Schadensmeldung gegenüber der beklagten Haftpflichtversicherung nicht den Zeugen C. als seinen Beifahrer angegeben habe. Der Versicherung sei damit die vorgerichtliche Aufklärung des Sachverhalts erschwert worden.

Ein gewichtiges Indiz für ein kollusives Zusammenwirken der Beteiligten seien Ungereimtheiten und Widersprüche in ihren Schilderungen zum Hintergrund des Geschehens, insbesondere zu der Verabredung der Beteiligten mit ihren Fahrzeugen in der L. Straße. So hatten der Kläger und der Beklagte zu 1) in ihrer ersten persönlichen Anhörung vor dem Landgericht am 17.3.2009 erklärt, daß man verabredet habe, mit einem Fahrzeug nach S. zu fahren. Der Beklagte zu 1) habe sein Fahrzeug zuvor noch zu Hause abstellen wollen. Demgegenüber gaben die unfallbeteiligten Parteien in ihrer Anhörung vor dem Senat in der Sitzung vom 21.6.2011 an, daß geplant gewesen sei, mit zwei Fahrzeugen nach S. zu fahren.

Nicht plausibel seien zudem die Angaben der Parteien zum vereinbarten Treffpunkt sowie zum jeweiligen Verhalten vor der Kollision. In seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat habe der Kläger angeben, daß er sich mit dem Beklagten zu 1) in der L. Straße, die er zuvor nicht gekannt habe, verabredet habe, ohne einen konkreten Treffpunkt auszumachen. Der Beklagte zu1) habe bei der vorherigen telefonischen Verabredung gesagt, daß es sich bei der L. Straße um eine große Straße handele und er ihn schon sehen würde. Mit der vom Kläger geschilderten Verabredung sei indes sein Fahrverhalten unmittelbar vor dem Unfall, wie es der Zeuge C. in seiner Vernehmung vor dem Landgericht und vor dem Senat bekundet habe, nicht vereinbar. Der Zeuge C. habe in beiden Vernehmungen übereinstimmend ausgesagt, daß er sich vor dem Unfall mit dem Kläger unterhalten habe. Auf Nachfrage des Senats hatte er ergänzend ausgeführt, daß der Kläger ihn vorher nicht gebeten habe, nach einer Person Ausschau zu halten, die er in der L. Straße habe treffen wollen. Da es sich bei der L. Straße um eine lange Straße handele, in der regelmäßig auf der rechten Seite viele Fahrzeuge parken würden, wie der Zeuge M. geschildert habe, sei nicht nachvollziehbar, daß der Kläger die ihm nach eigenen Angaben unbekannte Straße sich mit dem Beifahrer unterhaltend durchfahren habe, obwohl er sich angeblich dort mit dem Beklagten verabredet hatte, um gemeinsam nach S. zu fahren. Für den Fall, daß man sich tatsächlich ohne genauen Treffpunkt in der L. Straße zum Zwecke einer gemeinsamen Weiterfahrt verabredet hätte, hätte es der allgemeinen Lebenswahrscheinlichkeit entsprochen, daß der Kläger besonders aufmerksam und langsam durch die ihm unbekannte Straße gefahren wäre, um das Fahrzeug des Beklagten trotz der parkenden Autos zu erkennen. Außerdem hätte es nahe gelegen, seinen befreundeten Beifahrer darum zu bitten, nach dem Fahrzeug des Beklagten bzw. einer wartenden Person Ausschau zu halten.

Schließlich sei die angebliche Verabredung der unfallbeteiligten Parteien zum Zwecke der gemeinsamen Weiterfahrt nicht mit den Äußerungen des Beklagten zu 1) gegenüber dem Zeugen M. unmittelbar nach dem Unfall vereinbar. Der Polizeibeamte M. habe als Zeuge in beiden Instanzen glaubhaft bekundet, daß der Beklagte zu1) bei der Unfallaufnahme eingewandt habe, daß der andere Unfallbeteiligte vor der Kollision zu schnell gefahren sei. Eine überhöhte Geschwindigkeit des Klägers sei indes mit dem Vortrag der Parteien zu einer angeblichen Verabredung nicht vereinbar.

Gegen die Redlichkeit des Klägers spreche zudem, daß er versucht habe, einen nicht auf die Kollision mit dem Fahrzeug des Beklagten zurückzuführenden Schaden im Rahmen des Unfallschadens vom 5.3.2008 abzurechnen.

Ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Unfallmanipulation sei, daß der Kläger den Schaden auf Gutachterbasis abgerechnet habe.