In dem Verfahren vor dem Landgericht Dortmund machte der Kläger Ansprüche aus einem Familienunfallversicherungsvertrag, der die AUB 95 zugrundelagen, geltend. Das Landgericht Dortmund wies die Klage durch Urteil vom (2 O 263/10) vollumfänglich ab.
Das Gericht führte aus, daß es dahinstehen könne, ob die Voraussetzungen für eine Invaliditätsleistung, § 1 VVG a.F., § 7 I AUB 95, vorliegen würden. Denn jedenfalls sei die Versicherung wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers gemäß §§ 9 II. , 10 AUB 95 in Verbindung mit § 6 Abs. 3 VVG a.F. leistungsfrei geworden.
Der Kläger habe bereits arglistig gehandelt, als er die Frage nach dem Konsum von alkoholischen Getränken in den letzten 24 Stunden vor dem Unfall in der Schadenanzeige vom 31.03.2008 unbeantwortet gelassen habe.
Entgegen der Auffassung der Unfallversicherung sei hier jedoch nicht von einer Verneinung der Frage auszugehen, sondern lediglich von einer Nichtbeantwortung. Dies folge daraus, daß keines der für die Antworten vorgesehenen Kästchen angekreuzt worden sei. Allein, daß die Zusatzfrage nach „Art und Menge“ mit dem Zeichen „·/·“ versehen worden sei, reiche nicht aus, um eine Verneinung der vorhergehenden Frage anzunehmen. Dabei werde nicht verkannt, daß durchaus auch allein durch die Verwendung eines Striches die Verneinung der Frage zum Ausdruck gebracht werden könne
In der hier vorliegenden Fallgestaltung stehe einer solchen Interpretation jedoch das unterbliebene Ankreuzen eines der beiden Antwortkästchen entgegen.
Das Gericht ging dabei davon aus, daß der Kläger die Frage arglistig nicht beantwortet habe. Die arglistige Täuschung setze eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer müsse vorsätzlich handeln, indem er bewußt und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirke. Bei der Falschbeantwortung von Fragen in der Schadenanzeige liege Arglist vor, wenn der Versicherungsnehmer sich der Unwahrheit seiner Angaben bewußt sei und durch die Falschangabe die Schadenregulierung zu beeinflussen versuche, auch wenn er durch die Falschbeantwortung nur Schwierigkeiten bei der Regulierung vermeiden wolle. Dementsprechend sei bei dem Offenlassen von Fragen in der Schadenanzeige ein arglistiges Verschweigen von Tatsachen anzunehmen, sofern der Versicherungsnehmer die Frage beantworten könnte, dies aber bewußt unterlässe, um für den Fall wahrheitsgemäßer Beantwortung befürchtete Schwierigkeiten bei der Regulierung zu umgehen.
Nach dem Ergebnis der Anhörung des Klägers stehe auch fest, daß der Kläger sich an das Geschehen bei dem Osterfeuer und seinen dortigen Alkoholkonsum erinnern konnte und insofern ein Gedächtnisverlust nicht vorgelegen habe.
Selbst aber dann, wenn man annehmen wollte, der Kläger habe nicht arglistig gehandelt, so habe er jedenfalls die Vorsatzvermutung, § 6 Abs.3 VVG a.F., nicht widerlegt. Der Kläger hat auf die Nachfrage der Beklagten nach dem Alkoholkonsum – jedenfalls soweit es die eigene Wahrnehmung – beträfe, wieder nicht beantwortet und zugleich der Wahrheit zuwider erklärt, er habe für die Zeit vor dem Unfall einen „totalen Gedächtnisverlust“ erlitten.
Eine entlastende und plausible Erklärung für diese unzutreffende Angabe und die Nichtbeantwortung der Frage nach dem Alkoholkonsum hat der Kläger nicht geben können.
Selbst dann, wenn ein arglistiges Verhalten des Klägers nicht vorläge und es wegen der ersichtlich nicht widerlegten Vorsatzvermutung noch auf die Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofes ankäme, so bliebe es bei einer Leistungsfreiheit für die Beklagte.
Die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit sei hier in zweierlei Hinsicht relevant gewesen. Eine tatsächliche Beeinträchtigung der Interessen des Versicherers sei nicht erforderlich, sondern es genüge, daß sie generell zur Interessenbeeinträchtigung geeignet sei. Die fehlende Mitteilung einer Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt birge für den Versicherer die Gefahr, daß er die Voraussetzungen für den Leistungsausschluss des § 2 I (1) AUB 95 (= 5.1.1. AUB 99) nicht erkenne. Der Versicherer sei auf die wahrheitsgemäßen Angabe seines Versicherungsnehmers angewiesen, weil es nicht sicher sei, daß die Alkoholisierung dem Versicherer anderweitig zur Kenntnis gebracht werde. Unvollständige Angaben über einen Alkoholkonsum würden deshalb eine ernsthafte Gefährdung der Interessen des Versicherers darstellen
Letztlich hat die Beklagte auch in dem Formular Schadenanzeige eine den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügende Belehrung im Fettdruck vor der Unterschriftenzeile vorgenommen. Unter Bezugnahme auf diese Belehrung wurde im Schreiben vom 15.04.2008 nochmals über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung belehrt.
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