Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 27.09.2012 – 9 U 162/11 -, PM:

Zum Sachverhalt:

Der Kläger, ein Amateurfußballspieler, verlangte von seinem Privathaftpflichtversicherer Freistellung von Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüchen eines bei einem Foul verletzten Gegenspielers (G).

Beim Landesligaspiel verletzte der Kläger den G schwer am rechten Bein, G erlitt einen Wadenbeinbruch, ein ausgekugeltes Sprunggelenk und mehrere Bänderrisse. Nach den Feststellungen des Landgerichts, das den Schiedsrichter und mehrere Spieler als Zeugen vernommen und den Kläger angehört hatte, war der Kläger aus etwa 20 bis 30 Meter Entfernung mit langem Anlauf und hohem Tempo auf den G zugelaufen und mit zumindest einem gestreckten Bein voraus seitlich von hinten in ihn hineingesprungen, G hatte den Ball kurz vor dem Aufprall schon weitergespielt. Der Schiedsrichter erkannte auf grobes Foul im Sinne der Regel Nummer 12 (Verbotenes Spiel und unsportliches Betragen) und zeigte ihm die rote Karte. Kurz vor dem Angriff hatte der Kläger dem G gedroht, ihm bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung zum Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg. Der Senat hat ausgeführt:

Der Kläger habe keinen Deckungsanspruch, weil er die Verletzung des G vorsätzlich und widerrechtlich herbeigeführt habe und deshalb der gesetzliche Risikoausschluss nach § 103 VVG eingreife. Der Kläger habe ein grobes Foulspiel im Sinne der Spielregeln des DFB begangen, sein Verhalten liege nicht mehr im Grenzbereich zwischen der im Fußball noch gerechtfertigten Härte und der auch bei sportlichen Kampfspielen unzulässigen Unfairness. Sein sorgfaltswidriges Verhalten und die Verletzungen seien deshalb weder durch Einwilligung des G noch unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr gerechtfertigt.

Den Vorsatz des Klägers habe das Landgericht zutreffend aufgrund mehrerer Indizien und für den Senat bindend festgestellt. Der Kläger habe die Verletzung des G und deren Umfang zumindest als möglich vorausgesehen und billigend in Kauf genommen. Bei einem derart gefährlichen Einsteigen rechne der eingreifende Spieler stets mit einer ernsthaften Verletzung des Gegners und dürfe nicht darauf vertrauen, dass alles gut gehen werde. Für sich allein rechtfertige der gravierende Regelverstoß jedoch nur den Vorwurf der einfachen oder groben Fahrlässigkeit und auch die evidente Gefahr erheblicher Verletzungen lasse noch nicht auf den erforderlichen Verletzungsvorsatz, allenfalls auf einen rechtlich unerheblichen Gefährdungsvorsatz schließen. Es gehe hier nicht um einen gezielten Schlag oder eine ähnliche Tätlichkeit, die sich schon nach ihrem äußeren Bild auf eine Körperverletzung richte, sondern um eine „Grätsche“, die im Fußball üblich und durchaus erlaubt sei, solange sie dem Ball und nicht dem Gegner gelte. Auch sei bei der Prüfung des Vorsatzes zu berücksichtigen, dass Fußball ein ebenso schnelles wie kampfbetontes Spiel sei, dessen Hektik und Eigenart den Spieler oft zwinge, im Bruchteil einer Sekunde Chancen abzuwägen und Risiken einzugehen. Der äußere Hergang des Foulspiels habe hier jedoch eine erhebliche, wenn auch nicht ausreichende Indizwirkung für einen zumindest bedingten Verletzungsvorsatz. Entscheidend für die Annahme des Verletzungsvorsatzes sei vielmehr die weitere Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger vor dem Foulspiel gedroht habe, dem G bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen. Diese Drohung lasse in der Zusammenschau mit den besonderen Umständen im äußeren Hergang des Foulspiels auf einen entsprechenden Vorsatz schließen.

Die Revision ist nicht zugelassen worden.