Der Bundesgerichtshof erläuterte in seinem Urteil vom 12.06.2012 (VI ZR 138/11), daß nicht von einer allgemeinen Glättebildung auszugehen sei, die eine Streupflicht begründen könnte, wenn im Bereich eines Grundstücks nur vereinzelte Glättestellen ohne erkennbare Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vorhanden seien.

Die winterliche Räum- und Streupflicht beruhe auf der Verantwortlichkeit durch Verkehrseröffnung und setze eine konkrete Gefahrenlage, d.h. eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag voraus. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen sei das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 – III ZR 80/81).

Es betünden Räum- und Streupflichten regelmäßig für die Zeit des normalen Tagesverkehrs, d.h. an Sonn- und Feiertagen ab 9.00 Uhr (vgl. OLG Köln, VersR 1997, 506, 507; OLG Jena, aaO; LG Berlin, Grundeigentum 2010, 272). Bei Auftreten von Glätte im Laufe des Tages sei allerdings dem Streupflichtigen ein angemessener Zeitraum zuzubilligen, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte zu treffen (vgl. Senatsurteil vom 27. November 1984 – VI ZR 49/83, aaO; BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 1984 – III ZR 54/84, VersR 1985, 189; vom 27. April 1987 – III ZR 123/86, VersR 1987, 989).

In dem zugrundeliegenden Fall verlangte die Klägerin von der Beklagten Zahlung von Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz aufgrund eines Glatteisunfalls.

Sie suchte am Sonntag, dem 23. Dezember 2007, gegen 10.00 Uhr im Auftrag ihrer Arbeitgeberin, eines Pflegedienstunternehmens, das Grundstück der Beklagten, einer Kundin, auf, um ihr eine Weihnachtsgrußkarte zukommen zu lassen. Von der Straße aus führt ein etwa zwei Meter breiter Weg auf dem Grundstück zum Hauseingang, den die Klägerin benutzte, um die Karte in den Briefkasten einzuwerfen. Als sie in Richtung ihres Fahrzeugs zurückging, kam sie auf dem Weg zu Fall.

Die Klägerin behauptete, sie sei auf dem zum Grundstück der Beklagten gehörenden, unstreitig nicht gestreuten Weg auf einer Eisfläche, die ein Ausmaß von etwa 20 x 30 cm gehabt und sich mittig auf dem Weg nahe der Grundstücksgrenze befunden habe, ausgerutscht und deshalb gestürzt. Weder auf dem Hinweg zum Hauseingang der Beklagten noch auf dem Rückweg habe sie diese Eisfläche bemerken können.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hatte die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihren Klageanspruch weiter und unterlag.