In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken (Urteil vom 29.06.2011 5 U 297/09) hatte der Versicherungsnehmer die vom Versicherer verlangte Untersuchung bei einem vom Versicherer beauftragten Arzt auf anwaltlichen Rat hin verweigert. Das Gericht befand, daß die Obliegenheitsverletzung grundsätzlich nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig von dem Versicherungsnehmer begangen worden sei.

Grundsätzlich sei der Versicherer in der Wahl des untersuchenden Arztes frei (OLG Brandenburg, Urt. v. 12.03.2008 – 4 U 168/06; OLG Bremen, VersR 2003, 1429 zur Berufsunfähigkeitszusatzversicherung). „Ablehnungsgründe“ gegenüber dem vom Versicherer beauftragten Arzt könnten deshalb allenfalls in konkreten Ausnahmefällen besonderer Unzumutbarkeit, etwa aufgrund des Verhaltens des Arztes bei früheren Untersuchungen, gegeben sein, müßten aber ein ganz erhebliches Gewicht haben (OLG Köln, ZfSch 2000, 353).

Die falsche Bewertung der Rechtslage durch den vom Kläger früher beauftragten Rechtsanwalt könne dem Kläger nicht zugerechnet werden. Insbesondere sei der beauftragte Rechtsanwalt nicht Repräsentant für die Erfüllung versicherungsrechtlicher Obliegenheiten gewesen. Der frühere Rechtsanwalt des Klägers sei in diesem Bereich nicht aufgrund eines Vertretungsverhältnisses oder eines ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Klägers getreten.

Vielmehr habe sich der Kläger beraten lassen, ohne sich vollständig aus seiner Vertragsstellung zurückzuziehen. Dazu genüge nicht, daß sich ein Versicherungsnehmer anwaltlicher Hilfe bediene, auch wenn dieser die Korrespondenz führe. Eine Verdrängung des Versicherungsnehmers durch den Anwalt erfolge dadurch nicht.

Deshalb werde ein beauftragter Anwalt auch grundsätzlich nicht als Repräsentant des Versicherungsnehmers angesehen (BGH, Urt. v. 08.01.1981 – IVa ZR 60/80 – VersR 1981, 321; Römer in: Römer/Langheid, VVG, 2.Aufl., § 6 Rdn. 155; Pohlmann in Looschelders/Pohlmann, VVG, § 28 Rdn. 77; Terbille in: Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, § 2 Rdn. 249 – anders OLG Hamm, VersR 1984, 31 im besonderen Fall der Rechtsschutzversicherung).

In der Regel habe ein Rechtsuchender weder Anlaß noch die Möglichkeit, anwaltliche Auskünfte auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (BGH, Urt. v. 08.01.1981 – IVa ZR 60/80 – VersR 1981, 321; BGH, Urt. v. 09.12.1965 – II ZR 173/63 – VersR 1966, 152). Er müsse grundsätzlich keine Auskünfte anderer Rechtsanwälte einholen. Ob etwas anderes gelte, wenn der anwaltliche Rat eindeutig vom Wortlaut der maßgeblichen Versicherungsbedingung abweiche und der Anwalt hierfür keine einleuchtende Erklärung gegeben habe, diese vielmehr nicht nachvollziehbar und unverständlich sei, weswegen dessen Unrichtigkeit sich auch einem versicherungsrechtlichen Laien aufdrängen müsse (so in einem Fall OLG Frankfurt, NJW-RR 1993, 860), könne vorliegend dahinstehen.

Zu den Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeitsversicherung führte das Gericht aus, daß eine Erwerbsunfähigkeit auf nicht absehbare Dauer dann bestehe, wenn nach aller Erfahrung trotz Einsatzes aller medizinischen Mittel mit der Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit überhaupt nicht zu rechnen sei oder sich jedenfalls aufgrund der relativ geringen Heilungschancen nicht absehen lasse, ob der Versicherte jemals wieder erwerbsfähig sein werde. Das sei auch der Fall, wenn sich der Versicherungsnehmer einer notwendigen Operation nicht unterziehen wolle, weil sie gesundheitliche Risiken für ihn berge (OLG Köln, VersR 1995, 284).