Das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen wies in seinem Hinweisbeschluß vom 01.02.2012 (3 U 53/11) darauf hin, daß es beabsichtige, die Berufung durch Beschluß zurückzuweisen, da die Klägerin zu Recht übergegangene Schadensersatzansprüche wegen eines Brandereignisses gegen die Beklagte geltend mache.

Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Schadensfalles Hausratversicherer für das Wohnhaus

[…] in […]. Versicherungsnehmer war der geschiedene Ehemann der Beklagten. Im Zeitpunkt des Schadenseintritts wohnte die Beklagte noch in dem Haus und war dort allein. Am 30.11.2009 legte sie sich mit einer brennenden Zigarette ins Bett und schlief ein. Als sie gegen 1:00 Uhr aufwachte, bemerkte sie, daß sich auf der Matratze ein Schmorbrand entwickelte. Sie versuchte den Brand mit Cola zu löschen, legte die Matratze in die Badewanne und ging wieder schlafen. Die Matratze schmorte jedoch weiter und verursachte schließlich einen Brand des Wohnhauses, bei dem erheblicher Sachschaden entstand. Nach dem von der Klägerin eingeholten Gutachten des Sachverständigen H. vom 03.09.2010 betrug der Neuwertschaden € 36.871‚00. Der Zeitwertschaden wurde mit € 24.273,00 beziffert. Für das Gutachten stellte der Sachverständige
€ 3.781‚17 in Rechnung. Die Klägerin zahlte an den Versicherungsnehmer € 29.000,00.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte den Zeitwertschaden geltend. Sie hatte dazu behauptet, daß bei der Schadenermittlung nur die geschädigten Gegenstände des Versicherungsnehmers erfaßt worden seien. Für diesen Schaden sei die Beklagte verantwortlich, weil sie den Brand grob fahrlässig herbeigeführt habe.

Die Beklagte bestritt das Bestehen einer Ersatzpflicht. Es liege schon keine schuldhafte Handlung vor, weil sie unter dem Einfluß ärztlich verordneter Medikamente gestanden habe, die ihre Schuldfähigkeit aufgehoben hätten. Zudem sei der Brand nicht durch das Rauchen entstanden, sondern dadurch, daß nicht erkannt worden sei, daß sich in der Matratze Glutnester befunden hätten. Sie habe auch davon ausgehen können, daß ihr Löschversuch erfolgreich sein würde. Die von der Klägerin behauptete Höhe des Schadens bestritt die Beklagte mit Nichtwissen.

Durch Urteil vom 18.11.2011 gab das Landgericht der Klage statt. Die Beklagte habe den Brand grob fahrlässig verursacht, weil sie ins Bett gegangen sei, um zu schlafen, dabei geraucht habe und mit der brennenden Zigarette eingeschlafen sei. Der mißlungene Löschungsversuch führe nicht zu einer beachtlichen Unterbrechung des Kausalverlaufs. Anhaltspunkte für einen geringeren Verschuldensgrad lägen nicht vor. Das Bestreiten der Höhe des geltend gemachten Schadens mit Nichtwissen sei unsubstantiiert.

Mit der Berufung verfolgte die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Unzutreffend sei das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß sie, die Beklagte, grob fahrlässig gehandelt habe. Dabei sei nicht beachtet worden, daß die Matratze als Brandherd zwischenzeitlich in einen anderen Raum verbracht worden sei, wo es erst 6 Stunden später zu dem Brand gekommen sei. Aus welchem Grunde hier noch grobe Fahrlässigkeit anzunehmen sein solle, lasse sich der Entscheidung nicht entnehmen. Das Landgericht berücksichtige zudem nicht, daß in derartigen Fällen nach der Rechtsprechung regelmäßig von einem Regreßverzicht des Versicherers auszugehen sei. Weiterhin
sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie, die Beklagte, die Höhe des Schadens nicht lediglich mit Nichtwissen habe bestreiten dürfen.

Das Oberlandesgericht Bremen folgte hingegen den Gründen der angefochtenen Entscheidung.

Der Brand sei von der Beklagten grob fahrlässig verursacht worden. Wie der Senat bereits in dem Beschluß zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Beklagten gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe in der ersten Instanz vom 10.11.2011 (Az. 3 W 26/11) ausgeführt habe, liege grobe Fahrlässigkeit bei der Verursachung eines Brandes jedenfalls dann vor, wenn der Brand während der Zeit ausbreche, in der die rauchende Person in dem Raum schlafe, in dem sie zuvor geraucht habe. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit beruhe in einem solchen Fall darauf, daß jemand, der sich rauchend zu Bett begebe, um zu schlafen, damit rechnen müsse, mit brennender Zigarette einzuschlafen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 22.08.2000, 9 U 117/99; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.05.1999, 24 U 77/98; OLG Hamm, Beschluss vom 20.06.1989, 20 W 31/89, jeweils m.w.N.). Diesen Haftungsmaßstab greif die Beklagte auch nicht an.

Sie meine jedoch, daß hier deshalb eine grobe Fahrlässigkeit zu verneinen sei, weil sie zwischenzeitlich einen Löschungsversuch mit Cola unternommen und die Matratze als Brandherd in einen anderen Raum geschafft habe, in dem der Brand schließlich zu einem späteren Zeitpunkt ausgebrochen sei. Bei dieser Argumentation übersehe die Beklagte jedoch, daß ihre grob fahrlässige Brandverursachung durch das Einschlafen mit der brennenden Zigarette im Bett fortgewirkt habe und weiterhin ursächlich für den Eintritt des Brandes geblieben sei. Es liege auch keine Unterbrechung des zurechenbaren Kausalverlaufs vor, denn auch für den Ausbruch des Brandes in der Badewanne sei das Inbrandsetzen der Matratze durch die Zigarette ursächlich geblieben. Daß die Beklagte einen untauglichen Löschungsversuch mit dem Übergießen der Matratze mit Cola vorgenommen und nach dem fehlgeschlagenen Löschungsversuch nicht realisiert habe, daß der Brand tatsächlich nicht gelöscht gewesen sei, könnte gegebenenfalls neue Fahrlässigkeitsvorwürfe begründen, sei für die einmal eingetretene und fortwirkende grob fahrlässige Verursachung des Brandes aber ohne Belang.

Die Beklagte könne sich nicht auf einen konkludenten Regressverzicht der Klägerin berufen. Zwar sei nach der Rechtsprechung in bestimmten Konstellationen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung von einem konkludenten Regreßverzicht des Sachversicherers auszugehen, z.B. wenn der Versicherungsnehmer eine Wohnung nicht selbst bewohne und der Brandverursacher der Mieter oder eine ihm nahestehende Person sei (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.03.2007, 8 U 13/06). Dieser konkludente Regreßverzicht sei aber nur dann anzunehmen, wenn der Brandschaden vom Mieter durch leichte Fahrlässigkeit verursacht worden sei (ausführlich zur Begründung:
OLG Stuttgart, Urteil vom 30.12.2003, 7 U 165/03; vgl. auch OLG Karlsruhe, a.a.O., OLG Düsseldorf, a.a.O., jeweils m.w.N.). Ein solcher Fall liege hier aber nicht vor. Wie unter Ziff. II. 1 ausgeführt, habe die Beklagte den Brand grob fahrlässig verursacht.

Zutreffend sei das Landgericht auch zu dem Ergebnis gekommen, daß die Beklagte die geltend gemachte Höhe des Schadens nicht lediglich mit Nichtwissen habe bestreiten können.

Nach § 138 Abs. 4 ZPO sei eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Parteien noch Gegenstand ihrer Wahrnehmungen gewesen seien, z.B. weil sich der Vorgang außerhalb ihrer Wahrnehmung abgespielt habe. Ansonsten werde die Erklärung mit Nichtwissen wie Nichtbestreiten gewertet (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. § 138 Rn. 13 f. m.w.N.). Hier habe die Beklagte selbst in der betreffenden Wohnung gewohnt, bevor es zu dem Brandschaden gekommen sei. Sie habe also gewußt, welche – auch dem Versicherungsnehmer gehörenden – Gegenstände sich in der Wohnung befunden hätten. In dem von der Klägerin eingeholten
Privatgutachten seien alle nach der Behauptung der Klägerin beschädigten und zerstörten Gegenstände mit entsprechendem Neuwert und Versicherungswert detailliert angegeben gewesen. Die Beklagte hätte deshalb substantiiert vortragen müssen, welche Gegenstände
nach Ihrer Auffassung nicht durch den Brand beschädigt oder zerstört worden seien bzw. für welche Gegenstände die Klägerin einen falschen Neuwert oder Versicherungswert in Ansatz gebracht habe. Das habe sie jedoch nicht getan. Ein pauschales Bestreiten mit Nichtwissen sei hier nicht ausreichend gewesen.

Insgesamt habe die Berufung auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Da die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung habe, eine Entscheidung des Berufungsgerichts weder zur Rechtsfortbildung
noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten sei, werde die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluß zurückzuweisen sein.

Den Parteien werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Es werde darauf hingewiesen, daß bei Rücknahme der Berufung
Gerichtsgebühren gespart werden können (Ermäßigung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gemäß Nr. 1220, 1222 KV von 4,0 auf 2,0).

Die Berufung wurde sodann am 22.03.2012 – wie angekündigt – durch Beschluß zurückgewiesen.