Das Oberlandesgericht Düsseldorf befand in seinem Urteil vom 27.02.2011 (II-7 UF 99/10), daß, soweit das unterhaltspflichtige Kind Kosten für die Besuchsfahrten zum im Heim lebenden Elternteil aufwende, kein Anspruchsübergang gemäß § 94 Abs. 1 S. 1 SGB XII statt (§ 94 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII) stattfinde. Umgangskosten für die Besuche des im Heim lebenden Elternteils beim Elternunterhalt seien einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Zwischen den Parteien war u. a. streitig, ob die Beklagte (das unterhaltsverpflichtete Kind) einen gesonderten Kostenansatz für wöchentliche Besuchsfahrten zu ihrer Mutter nach G. geltend zu machen berechtigt sei oder ob dieser Aufwand aus dem ihr verbleibenden Selbstbehalt zu bestreiten sei. Hierzu wiesen die Parteien auf widersprechende obergerichtliche Rechtsprechung hingewiesen.

Das OLG Köln hatte solche Kosten bei der Leistungsfähigkeit berücksichtigt, weil die persönliche Zuwendung im familiären Kontakt zu den Kindern von großer Bedeutung für die Unterhaltsberechtigte sei. Es sei unangemessen, von den Kindern notfalls die Einstellung der Besuche zu verlangen oder sie auf den Selbstbehalt zu verweisen. Letzteres hielt gerade das OLG Hamm für richtig, weil ansonsten der Unterhaltsberechtigte selbst indirekt solche Kosten tragen würde, was aber unbillig sei.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf urteilte, daß letztlich wertende Billigkeitserwägungen maßgeblich seien, welche aber in § 94 SGB XII ihren dogmatischen Ansatz fänden. Diese Vorschrift regele den Übergang von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen.

Der Übergang nach § 94 Abs. 1 S. 1 SGB XII, dessen Voraussetzungen auch hier an sich erfüllt seien, sei gemäß § 94 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII indes ausgeschlossen. Hiernach würden Ansprüche nicht übergehen, soweit der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte darstellen würde.

Dieser unbestimmte Rechtsbegriff der unbilligen Härte umfasse Sachverhalte, in denen durch den Anspruchsübergang soziale Belange berührt würden. Danach könnten Belange und Beziehungen in der Familie zu berücksichtigen sein, wie dies auch in § 16 SGB XII seinen gesetzlich geregelten Ausdruck finde (BGH Urteil vom 15.09.2010 – XII ZR 148/09). Daher sei nach Auffassung des Gerichts diesem auch ausdrücklich geregelten und auch mit Art 6 Grundgesetz geschützten Rücksichtnahmegebot nicht Genüge getan, wenn der Anspruchsübergang im Ergebnis zu der Frage führe, ob nicht die Kosten verursachenden wöchentlichen Besuche reduziert würden oder sich der Unterhaltsverpflichtete über seinen Selbstbehalt hinaus einschränke. Es seien hier familiäre Belange nachhaltig berührt, weil der wöchentliche Besuch der Tochter der Erhaltung der familiären Bindung diene.

Aus dem Bereich des Kindesunterhalts sei anerkannt, daß unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten Umgangskosten für den Umgang mit (minderjährigen) Kindern ggfls. gesondert zu berücksichtigen seien. Insoweit seien gewichtige Gründe gegeben, nämlich das letztlich grundgesetzlich geschützte Elternrecht sowie das Bedürfnis des minderjährigen Kindes auf Umgang mit seinen Eltern und umgekehrt. Hier sei zu berücksichtigen, daß die Mutter selbst nicht in der Lage sei, den Umgang in irgendeiner Weise mitzufinanzieren, wie sich schon aus der – nicht im Streit stehenden – langjährigen Unterhaltsbedürftigkeit ergebe. Als Alternative zur Einstellung oder Reduzierung der Besuche wäre an einen Umzug der Mutter in ein Heim in der Nähe der Beklagten zu denken; dies wäre aber ein Anliegen, welches nicht allein aufgrund solcher finanziellen Überlegungen durchgeführt werden solle. Angesichts der bereits langen Verweildauer im Heim und des hohen Alters der Mutter seien solche regelmäßigen Besuche als Kontakte zur Außenwelt sowie familiäre Kontakte als schützenswert anzusehen; andererseits folge die Beklagte umgekehrt auch ihrem eigenen aber ebenfalls schützenswerten Anliegen, wenn sie ihre Mutter besuche.