Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 12.08.2022 (S 9 R 2835/20):

„Eine Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet – wie z.B. eine posttraumatische Belastungsstörung oder die vorliegende dissoziative Identitätsstörung – ist nicht bereits deshalb im Vollbeweis nachgewiesen, weil sie von einem behandelnden oder begutachtenden Arzt oder Therapeuten in der Diagnoseliste aufgeführt wird; dies stellt für das Gericht zunächst nur einen Anhaltspunkt dafür dar, dass diese Gesundheitsstörung vorliegen könnte (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.07.2018, Az.: L 3 U 3108/17, juris Rn. 59). Die Diagnostik von psychiatrischen Erkrankungen fuß weitestgehend auf der Selbst- sowie Fremdbeschreibung. Nichts anderes kann für die Bestimmung der im Rahmen der Prüfung der medizinischen Voraussetzungen einer Erwerbsminderung entscheidenden Funktionsbeeinträchtigungen auf psychiatrischem Gebiet gelten. Auch diese müssen von fachkundigen Ärzten eigen- (sowie gegebenenfalls) fremdanamnestisch erhoben werden. Soweit die Einlassungen des Patienten/Probanden zu seinem psychischen Beschwerdekomplex glaubhaft sind, können diese als Befund einer psychiatrischen Begutachtung zugrunde gelegt und entsprechend von den Gerichten herangezogen werden. Mit anderen Worten formuliert bedeutet dies: Anamnestische Schilderungen krankheitstypischer Symptome erreichen den Status eines psychopathologischen Befundes, wenn diese glaubhaft sind.“