Das Oberlandesgericht Hamm befand in seinem Urteil vom 19.05.2009 (9 U 219/08), daß der Rückschnitt von Bäumen an allgemein zugänglichen Verkehrsflächen (hier: Parkplatz einer Schule) auch dann keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht begründe, wenn herabfallende Früchte (Eicheln) – angeblich wegen nun „ungebremsten“ Falls aus größerer Höhe – Schäden an einem Kraftfahrzeug verursachen würden, das unter den Bäumen zum Parken abgestellt worden war.

In dem Verfahren begehrte der Kläger Ersatz von Reparaturkosten gemäß Kostenvoranschlag für seinen Pkw zur Beseitigung von Karosserieschäden, die im September 2007 durch das Herabfallen von Baumfrüchten von einer dem Beklagten gehörenden Eiche, unter der der Kläger seinen Pkw seit 25 Jahren zu parken pflegte, entstanden sein sollten.

Er machte geltend, der Beklagte habe bei seinem unstreitig im Februar 2007 vorgenommenen Baumschnitt die über die Parkfläche ragenden unteren Äste des Baums unnötig zu weit nach oben entfernt, mit der Folge, daß keine unteren Äste mehr – wie in den Vorjahren – mit ihrem Laub den Fall der Eicheln aus der darüber liegenden Höhe hätten bremsen können.

Das Landgericht hatte die hauptsächlich auf Zahlung von 1.897,93 € gerichtete Klage abgewiesen mit der Begründung, der Beklagte habe seine Verkehrssicherungspflicht mit den vorgenommenen baumpflegerischen Maßnahmen entsprechend der Anforderungen der Rechtsprechung erfüllt. Es könne nicht festgestellt werden, daß das Zurückschneiden der unteren Äste im Februar 2007 schadensursächlich geworden sei, weil auch bei Vorhandensein dieser Äste oder eines anders ausgeführten Rückschnittes Eicheln aus der großen Höhe nicht notwendig abgefangen worden wären und auf das Auto des Klägers hätten fallen können. Dieses für den Beklagten mit zumutbarem Aufwand nicht zu beherrschende, auf natürlichen Gegebenheiten beruhende Risiko habe der Kläger als allgemeines Lebensrisiko zu tragen gehabt.

Mit der Berufung verfolgte der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel weiter, hilfsweise beantragte er die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits. Der Kläger hielt – unter Vorlage eines privaten Sachverständigengutachtens – daran fest, das Zurückschneiden der Eiche im Februar 2007 sei unsachgemäß und ohne Notwendigkeit bis zu den höheren Ästen erfolgt und rügte, das angefochten Urteil verkenne die Schadensverursachung durch einen menschlichen Eingriff der Beklagten in den Baum, nicht durch dessen natürliches Wachstum. Die Ursächlichkeit des Rückschnitts für den ungebremsten, harten Fall der Eicheln aus dem oberen Bereich des Baumes erweise sich daraus, daß es in den vorausgegangenen Jahren nie zu einem solchen Schaden gekommen sei. Deshalb sei der Schadenseintritt für den Kläger auch nicht vorhersehbar und im Rahmen des allgemeinen Lebensrisikos einzukalkulieren gewesen.

Das Gericht befand, daß die Berufung des Klägers unbegründet sei, weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auch aus § 823 I BGB nicht zustehe.

Der vom Landgericht als Anspruchsgrundlage geprüfte § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG sei hier nicht einschlägig, weil der Kläger den Beklagten als Träger des Berufskollegs in Anspruch nehme, auf dessen Parkplatz er als dort beschäftigter Lehrer sein Fahrzeug abgestellt hatte. Damit sei die allgemeine privatrechtliche Verkehrssicherungspflicht des Grundstücks- bzw. Baumbesitzers betroffen, nicht die für öffentliche Verkehrsflächen in §§ 9, 9a StrWG NRW hoheitlich begründete. Selbst wenn der Parkplatz nicht dem Schulgelände zuzuordnen wäre, wäre der Landkreis nicht der von § 9 StrWG NRW mit der Verkehrssicherungspflicht belastete Straßenbaulastträger für eine innerörtliche, dem ruhenden Verkehr gewidmete, also kommunale Verkehrsfläche.

Dem Beklagten sei auch keine Verletzung der privatrechtlichen Verkehrssicherungspflicht als Ursache für den Schaden an dem Pkw des Klägers anzulasten.

Daß eine Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers eines Parkplatzes, die Beschädigung eines dort abgestellten Kraftfahrzeugs durch von Bäumen herab gefallene Eicheln oder sonstige Baumfrüchte zu verhindern, nicht bestehe, werde grundsätzlich auch von der Berufung nicht in Frage gestellt. Gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln und Unterlassen entstehen würden, sondern auf Gegebenheiten der Natur beruhen würden, müßten als unvermeidbar und daher als eigenes Risiko hingenommen werden. Der Sicherungspflichtige müsse weder für die dem Verkehr bekannten natürlichen Eigenschaften noch für auf Naturgewalten beruhende besondere Gefahren einstehen. Um solche natürlichen Eigenschaften handele es sich, wenn im Herbst von Eichenbäumen Eicheln herabfallen.

Das sei im vorliegenden Fall nicht deshalb anders zu bewerten, weil der Kläger geltend mache, die hier verwirklichte Gefahr beruhe nicht – allein – auf Gegebenheiten der Natur, sondern auf eingreifendem Handeln des Verkehrssicherungspflichtigen, der den Baum unnötig hoch und asymmetrisch beschnitten habe. Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt werde, daß der Rückschnitt zum Herstellen des erforderlichen Lichtraums unter der Eiche bis in eine Höhe von 8 m jedenfalls kurzfristig unnötig gewesen sei, führe die Abwägung nach den Kriterien der Zumutbarkeit weiterer Sicherungsmaßnahmen für den Pflichtigen einerseits und der Möglichkeit der Verkehrsteilnehmer zur Eigensicherung andererseits dazu, daß der Benutzer eines unter einem Baum angelegten Parkplatzes die gleichwohl auf Gegebenheiten der Natur beruhende Gefahr des Herabfallens von Früchten als unvermeidbar und daher als eigenes Risiko hinnehmen müsse.

Die Vermeidung von Schäden aus natürlichem Fruchtfall von Bäumen aus der Verkehrssicherungspflicht herauszunehmen sei geboten, weil solche Schäden relativ gering blieben, das Wachstum von Bäumen im oder am Verkehrsraum ökologisch und straßengestalterisch wünschenswert und die sonst nur mögliche Vermeidung durch Auffangnetze wirtschaftlich nicht tragbar sei. Gemessen an den Vorteilen der Begrünung von Verkehrsflächen und des zu seiner Vermeidung nötigen Aufwands sei das Risiko aus dem Fruchtfall – im Gegensatz zu dem von Astabbrüchen – tragbar. Insbesondere könne sich der Verkehrsteilnehmer auf dieses bekannte Risiko leicht einstellen, indem er das Parken unter hohen früchtetragenden Bäumen in der betreffenden Jahreszeit vermeide; dies erst recht, wenn die Bäume unten kein vermeintlich schützendes Astwerk aufweisen würden.

Zwar mag der Rückschnitt der Eiche durch die Beklagte hier das Risiko aus dem – weiterhin naturgegebenen – Früchtefall erhöht haben. Es bliebe aber gemessen an dem Wirtschaftlichkeitsinteresse des Beklagten, das Lichtraumprofil langfristig herzustellen und nicht im folgenden Jahr erneut tief hängende Äste beseitigen zu müssen, weiterhin tragbar, zumal das Belassen tieferer Äste mit Blattwerk als „Bremsvorrichtung“ für von ganz oben fallende Früchte ohnehin keinen sicheren Schutz hätte bieten können. Mit einem ungebremsten Durchfallen eines Teils der Eicheln hätte der Beklagte nämlich auch dann rechnen müssen und habe nur durch Vermeiden des Aufenthalts oder des Abstellens seines Pkws unter dem Baum die – geringe – Gefahr vermeiden können.

Ob die Krone fachwidrig asymmetrisch geschnitten worden sei, könne dahinstehen, denn der Kläger könne daraus nichts für sich herleiten. Die so vielleicht gesteigerte Gefahr aus einer Instabilität der Eiche habe sich hier nicht verwirklicht.