Der Bundesgerichtshof befand in seinem Urteil vom 22.07.2007 (VI ZR 17/06; Nr. 61/2007), daß, wenn eine psychische Gesundheitsbeeinträchtigung auf das Miterleben eines schweren Unfalls zurückgeführt werde, eine Haftung des Schädigers regelmäßig nicht in Betracht komme, wenn der Geschädigte nicht selbst unmittelbar an dem Unfall beteiligt gewesen sei.

In dem Verfahren hatte das klagende Land von der beklagten Versicherung Ersatz von Leistungen für zwei in seinem Dienst stehende Polizeibeamte, die als Folge eines Verkehrsunfalls ein posttraumatisches Belastungssyndrom erlitten haben sollten.

Ein Versicherungsnehmer der Beklagten hatte mit seinem PKW als „Geisterfahrer“ die Autobahn entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung befahren. Dabei verursachte er einen Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden PKW, in dem sich eine vierköpfige Familie befand. Beide Pkw fingen Feuer, wodurch sämtliche Insassen verbrannten. Die beiden Polizeibeamten mußten dies mit ansehen, ohne helfen zu können.

Die Vorinstanzen hatten einen Ersatzanspruch des Klägers insbesondere deshalb verneint, weil die Tätigkeit der Polizeibeamten unter das allgemeine Lebensrisiko gefallen sei. Der VI. Zivilsenat bestätigte das Berufungsurteil.

Durch ein Unfallgeschehen ausgelöste, traumatisch bedingte psychische Störungen von Krankheitswert könnten zwar eine Verletzung der Gesundheit im Sinne des § 823 BGB darstellen. Die hier geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen könnten dem Schädiger aber unter den Umständen des Streitfalls nicht zugerechnet werden. Der erkennende Senat hatte eine Haftpflicht des Unfallverursachers in Fällen anerkannt, in denen der Geschädigte als direkt am Unfall Beteiligter infolge einer psychischen Schädigung eine schwere Gesundheitsstörung erlitten hatte. Maßgeblich für die Zurechnung sei in diesen Fällen gewesen, daß der Schädiger dem Geschädigten die Rolle eines unmittelbaren Unfallbeteiligten aufgezwungen habe und dieser das Unfallgeschehen psychisch nicht habe verkraften können.

Solche Umstände seien hier nicht gegeben gewesen, weil die Polizeibeamten an dem eigentlichen Unfallgeschehen, nämlich der Kollision zwischen dem „Geisterfahrer“ und dem PKW der Familie, nicht beteiligt gewesen waren. Die Polizeibeamten seien daher wie zufällige Zeugen anzusehen, für die ein solches Ereignis dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen sei.

Der „Geisterfahrer“ hafte nicht für posttraumatisches Belastungssyndrom von Polizeibeamten.

Die Entscheidung mag für den ein oder anderen schwer verständlich sein. In Kenntnis der Rechtsprechung zum mittelbaren Schaden/Schockschaden aufgrund des Erlebens des Unfalles eines nahen Angehörigen ist sie m. E. konsequent. Und: Wo will man die Grenze ziehen, wo tagtäglich, ob Ärzte, Rettungsassistenten oder auch zufällige Unfallzeugen Vergleichbares erleben und durchleben müssen? Und wie muß/soll ein solches Risiko versichert werden? Und wie sollen diese Risiken finanziert werden?