Das Oberlandesgericht Düsseldorf befand in seinem Beschluß vom 28.02.2011 (IV-4 RBs 29/11) über die Entscheidung des Amtsgerichts, welches gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 480,– € sowie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt hatte.

Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Betroffene am 2. November 2009 um 19.56 Uhr mit seinem PKW die Autobahn A 42 in Fahrtrichtung Dortmund ausweislich einer mit einem Verkehrsradargerät Multanova F6 durchgeführten Messung mit einer Geschwindigkeit von 177 km/h befahren und dadurch die dort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h nach Abzug eines Toleranzwertes von 6 km/h um 51 km/h überschritten.

Die Überzeugung davon, daß das Fahrzeug zur fraglichen Zeit von dem Betroffenen geführt worden war, hatte das Amtsgericht aufgrund der bei den Akten befindlichen Radarfotos gewonnen. Hierzu hieß es in derm erstinstanzlichen Urteil:

„Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Betroffene zum Tatzeitpunkt Fahrer des PKW …, amtliches Kennzeichen: …., gewesen ist. Die Lichtbilder gemäß Hülle Blatt 25 der Akte wurden in Augenschein genommen. Darauf ist die Person des Fahrers des Fahrzeuges abgebildet. Auf diese Abbildungen wird wegen der Einzelheiten gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen. Der Abgleich mit dem in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen hat die sichere Überzeugung des Gerichts ergeben, dass der Betroffene die auf den in Augenschein genommenen Lichtbildern abgebildete Person ist.“

Das Oberlandesgericht führte aus, daß Rechtsbeschwerde in der Sache (vorläufig) Erfolg habe und verwies die Sache an das Amtsgericht zurück.

Zwar seien entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers die Feststellungen zur Geschwindigkeitsmessung nicht zu beanstanden. Beruhe nämlich – wie hier – die Überzeugung des Tatrichters von der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf mit anerkannten Geräten im weithin standardisierten Verfahren gewonnenen Ergebnissen, so genüge die Mitteilung des Meßverfahrens, des Meßergebnisses und des zum Ausgleich etwaiger Meßfehler berücksichtigten Toleranzwertes im Urteil.

Unzureichend seien indes die Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Identifizierung des Betroffenen anhand der im Rahmen der Geschwindigkeitsmessung gefertigten Radarfotos. Auch wenn in Bußgeldsachen an die Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen gestellt werden dürften, müsse jedenfalls die Schilderung der Beweiswürdigung so beschaffen sein, daß sie dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung auf Rechtsfehler ermöglich. Daran fehle es hier. Denn die erfolgte Bezugnahme auf die bei den Akten befindlichen Lichtbilder nach §§ 267 Abs. 1 S. 3 StPO, 71 Abs. 1 OWiG reiche im vorliegenden Fall nicht aus, dem Senat die ihm zufallende Prüfung zu ermöglichen, ob die Belegfotos überhaupt als Grundlage für eine Fahreridentifizierung geeignet seien.

Mache der Tatrichter von der Möglichkeit des § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Gebrauch, so sind zwar im Regelfalle darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich. Dies gelte jedoch nur dann, wenn das Foto – wie etwa ein Frontfoto, das die einzelnen Gesichtszüge erkennen lasse – nach Inhalt und Qualität zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet sei.

Hier lasse es jedoch die schlechte Qualität der vom Amtsgericht in Bezug genommenen Abbildungen als zweifelhaft erscheinen, daß diese eine tragfähige Basis für die Überführung des Betroffenen darstellen könnten. Denn die Gesichtszüge des Fahrers seien auf den Radarfotos nur unscharf zu sehen, klare Konturen von Nase, Mund und Augen seien nicht erkennbar, die Stirnpartie sowie der Haaransatz würden durch den Rückspiegel vollständig verdeckt. In Anbetracht der danach nur eingeschränkten Eignung der Fotos zur Identitätsfeststellung hätte der Bußgeldrichter im vorliegenden Fall konkret darlegen müssen, warum es ihm gleichwohl möglich gewesen sei, den Betroffenen als Fahrzeugführer zu erkennen. Hierzu hätte er Ausführungen zur Bildqualität machen sowie die – auf dem Foto erkennbaren – charakteristischen Merkmale der abgelichteten Person, die für seine Überzeugungsbildung bestimmend gewesen seien, benennen und beschreiben müssen.

Für das weitere Verfahren wies der Senat darauf hin, daß auch der Ausspruch zum Fahrverbot im angefochtenen Urteil rechtlicher Überprüfung nicht standhalte.

Zu beanstanden sei insoweit, daß das Amtsgericht die Frage unerörtert lasse, ob von der Verhängung des an sich verwirkten Fahrverbots unter gleichzeitiger Erhöhung der festgesetzten Geldbuße hätte abgesehen werden können, weil bei diesem Betroffenen der mit dem Fahrverbot erstrebte Besinnungs- und Erziehungseffekt auch auf diese Weise erreicht werden könne. Zwar sei das Gericht bei Vorliegen eines Regelfalles nach der Bußgeldkatalog-Verordnung, wenn keine durchgreifenden Anhaltspunkte für ein Abweichen erkennbar seien, von der Verpflichtung enthoben, die grundsätzliche Angemessenheit der Verhängung eines Fahrverbotes besonders zu begründen. Desgleichen seien auch keine näheren Feststellungen dazu erforderlich, ob – unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – der durch das Fahrverbot angestrebte Erfolg durch eine Erhöhung der Geldbuße erreicht werden könne. Der Tatrichter müsse sich aber dieser Möglichkeit bewußt gewesen sein und dies in den Entscheidungsgründen grundsätzlich erkennen lassen (vgl. BGH NStZ 1992,135,136). Daran fehle es hier. Den Ausführungen des Bußgeldrichters zum Rechtsfolgenausspruch lasse sich – auch unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Urteilsgründe – nicht entnehmen, daß er sich der Möglichkeit bewußt gewesen sei, trotz Annahme eines Regelfalles nach der Bußgeldkatalog-Verordnung von der Verhängung eines Fahrverbotes bei gleichzeitiger – nochmaliger – Erhöhung der Geldbuße absehen zu können. Die Urteilsgründe verhielten sich ausschließlich zu der Frage, ob ein Absehen von der Verhängung des Fahrverbotes wegen Vorliegens einer außergewöhnlichen Härte geboten erscheine. Soweit das Amtsgericht eine Erhöhung der Regelbuße auf einen Betrag von 480,– € vorgenommen habe, werde dies allein mit dem Bestehen von Vorbelastungen begründet; Ausführungen zur Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot fehlten indes.

Dies lasse besorgen, daß das Amtsgericht den Umfang des ihm eröffneten Ermessensspielraumes verkannt habe.