Das Landgericht Köln wies durch Urteil vom 04.12.2009 (5 O 144/08) eine Schadensersatzklage aufgrund eines Sturmschadens wegen nicht gegebener Verkehrssicherungspflichtverletzung als unbegründet ab.
Zum Hintergrund ist auszuführen, daß der Kläger sein Fahrzeug am 09.03.2007 ordnungsgemäß auf dem Parkstreifen vor einer Kleingartenanlage geparkt hatte.
Nachdem der Kläger sich auf das Gartengrundstück in der Gartenanlage begeben hatte, hörte er ein lautes Knallen, als ob auf dem O-Weg ein Unfall passiert sei. Der Kläger begab sich daraufhin zur Straße und sah dort ein Fahrzeug, das angehalten hatte, weil ein Ast von einem Baum heruntergefallen war. Dabei stellte er fest, daß der Ast zunächst auf sein eigenes abgestelltes Fahrzeug gefallen war und auf dem linken Vorderkotflügel wie auch auf dem Dach und der Motorhaube Schäden verursacht hatte.
Der abgebrochene Ast war an der Bruchstelle ca. unterarmdick. Am 09.03.2007 war es nicht besonders stürmisch.
Das Gericht wies die Klage ab. Zwar sei festzustellen, daß die Beklagte Verkehrssicherungspflichtige für den Unfallbaum sei und daher dafür zu sorgen habe, daß von diesem Baum keine Gefahren ausgehen würden. Die Beklagte habe jedoch nicht schuldhaft ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, als daß sie im gebotenen Maße den sich aus der Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des Baumbestandes im Unfallbereich ergebenden Pflichten Rechnung getragen habe.
Die Beklagte habe in den Grenzen des technisch Möglichen und ihr wirtschaftlich Zumutbaren dafür zu sorgen, daß von Straßenbäumen keine Gefahr für den fließenden und ruhenden Verkehr ausgehe. Dies habe für verkehrssicherungspflichtige Kommunen eine Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle des Baumbestandes zur Folge. Diese Kontrollpflicht umfasse nach allgemeiner Meinung grundsätzlich nur eine Beschau vom Boden aus, wobei zur Frage der Häufigkeit dieser Beschau-Kontrollen keine Einigkeit herrsche.
Eine jüngere fachwissenschaftlich fundierte Konkretisierung des Kontrollturnusses, die einer für einen Baumbestand entlang einer Straße verkehrssicherungspflichtigen Kommune obliegen, werde in der Richtlinie zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. („FLL“) von 2004 vorgenommen. Danach sei ein gesunder oder leicht geschädigter Baumbestand in der Reifephase bei höheren berechtigten Sicherheitserwartungen des Verkehrs regelmäßig alle zwei Jahre zu kontrollieren, da eine häufigere Kontrolle fachlich nicht mehr als geboten anzusehen sei.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei der Baumbestand am Unfallort einschließlich des Unfallbaumes selbst dieser Baumbestandskategorie unterfallend. Kontrollen seitens der Beklagten hätten ausweislich der vorgelegten Beschauprotokolle alle zwölf bis achtzehn Monate stattgefunden, die letzte Kontrolle acht Monate vor dem Unfallereignis. Ihrer Regelkontrollpflicht hätte die Beklagte bei Zugrundelegung der Richtlinie der FLL demnach genügt.
Aber auch wenn mit Teilen der Rechtsprechung eine zweimalige Kontrolle pro Jahr, einmal im belaubten, einmal im unbelaubten Zustand gefordert würde, so läge zwar eine Verletzung der Kontrollpflichten der Beklagten vor, jedoch scheiterte ein Anspruch des Klägers an der nicht bewiesenen Kausalität dieses nach dieser Auffassung als ungenügend zu beurteilenden Beschau-Turnusses.
Dabei sei zunächst festzustellen, daß keine Berechtigung für die Annahme eines Anscheinsbeweises für die Kausalität einer unterlassenen Baumkontrolle zu sehen sei, als daß das Tatbestandsmerkmal der Kausalität damit ausnahmecharakterhaft faktisch leerliefe. Somit hätte der Kläger den Beweis der Kausalität zu erbringen, was ihm jedoch nicht gelungen sei.
Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen sei im Winter vom Boden aus eine Schädigung des abgebrochenen Astes nicht erkennbar gewesen. Grundsätzlich bedürfe es aber nur einer solchen Kontrolle auf Sicht vom Boden aus, jedenfalls im Winterhalbjahr, soweit nicht die Sicht auf den Baum eingeschränkt sei. Deswegen sei davon auszugehen, daß auch bei einer Kontrolle etwa sechs Monate nach der Kontrolle am 19.07.2006 die Schädigung des Astes nicht erkennbar gewesen wäre, der Schadenseintritt demnach durch die Kontrolle nicht verhindert worden wäre.
Die Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, eine eingehendere Kontrolle des Baumes aufgrund der Ergebnisse der Beschau am 19.07.2006 vorzunehmen, die über die bloße Sichtkontrolle hinausginge.
Schließlich habe auch aus anderen Gründen keine solche Verpflichtung zur erneuten Baumbeschau auf zwischenzeitlich abgestorbene Äste bestanden.
Eine Kontrolle nach Stürmen, hier dem Sturm Kyrill, beschränke sich ausweislich der o.a. Richtlinie auf die Boden-Beschau abgebrochener oder loser Äste oder die Bewertung der Umsturzgefahr ganzer Bäume. Nicht dagegen sei die Beklagte gehalten gewesen, eine neuerliche Baumbeschau im Regelumfang auf zwischenzeitlich abgestorbene oder im Absterben begriffene Äste durchzuführen. Auch hier scheitere daher ein Anspruch des Klägers an der fehlenden Kausalität einer Verkehrssicherungspflichtverletzung, da der Ast nach dem Sturm Kyrill vom Boden aus nicht als schadhaft habe erkannt werden können.
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