In dem Verfahren vor dem Landgericht Bonn machte die seinerzeitige Klägerin gegenüber ihrem Fahrlehrer Ansprüche aus einem Unfall vom 22.12.2004, kurz vor 13.00 Uhr, mit einem Motorroller geltend.

Am 22.12.2004 holte der Beklagte die Klägerin um 12.15 Uhr zur 3. Fahrstunde ab, sie war für den nächsten Tag zur Prüfung angemeldet. Unmittelbar vor der Prüfung sollte eine weitere Fahrstunde absolviert werden.

Der Beklagte saß in seinem PKW, die Klägerin fuhr mit einem Motorroller, es bestand – einseitiger – Kontakt über Kopfhörer, nur der Beklagte konnte Anweisungen geben. Die Parteien fuhren zu einem Parkplatz vor einer Hauptschule. Das Gelände lag etwas höher als der Ort, von dem aus die Parteien an dem Tag gestartet waren. Hier sollte die Klägerin mit dem Zweirad Übungen machen, u.a. sollten Gefahrbremsungen geübt werden.

Die Klägerin kam bei einer Übung zu Fall.

Die Parteien stritten über die Ursache des Sturzes sowie dessen Folgen.

So beahuptete die Klägerin, sie habe auf Weisung des Beklagten erstmals eine Gefahrbremsung bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h durchführen sollen. Zu dem Zeitpunkt sei der Parkplatz schneebedeckt gewesen. Der Schneefall habe an dem Tag um 11.15 Uhr begonnen. Bereits zu Beginn der Bremsung sei der Motorroller wegen Schneeglätte weggerutscht, er sei gekippt, beim Sturz sei ihr der Roller auf das linke Knie gefallen.

Demgegenüber behauptete der Beklagte, zum Unfallzeitpunkt habe kein Schnee gelegen, auf dem Boden seien nur vereinzelt feuchte Stellen zu sehen gewesen. Die Klägerin habe an dem Tag wie schon in Fahrstunden zuvor Gefahrbremsungen üben sollen. Sie habe bei der Anmeldung in der Fahrschule erklärt, bereits über praktische Erfahrung zu verfügen. Dies habe sich auch in den Fahrstunden gezeigt, in denen die Klägerin Fahren im Kreis, Slalomfahren entlang Pylonen und Gefahrbremsungen geübt habe, so daß er keine Bedenken gehabt habe, sie bereits nach der 4. Fahrstunde zur Prüfung vorzustellen. Die Klägerin habe diese Bremsung aus einer Geschwindigkeit von 45 km/h heraus auch bis zum Stillstand des Motorrollers gemacht, sei dann aber bereits im Stehen wohl seitlich umgekippt, weil sie vermutlich das Vorderrad bis zum Blockieren des Rades abgebremst habe.

Das Landgericht Bonn gab der Klage durch Urteil vom 20.11.2007 (2 O 367/06) statt und führte aus, die Klägerin habe einen Anspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 6.500,-€ gegen den Beklagten, weil der Beklagte ihr gegenüber eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt hat.

Der geschlossene Ausbildungsvertrag habe den den Beklagten nicht nur zur Ausbildung in der gewählten Führerscheinklasse M verpflichtet, sondern auch, die Klägerin vor Schäden zu bewahren, soweit dies im Rahmen der Ausbildung möglich gewesen sei. Dazu gehörr, daß einem Fahrschüler keine Aufgaben gestellt würden, die er nicht oder noch nicht bewältigen könne, weil sie dem Ausbildungsstand noch nicht entsprechen würden.

Dies gelte insbesondere bei der Ausbildung auf dem Zweirad, weil hier der Fahrschüler auf sich allein gestellt sei und nur Anweisungen über Funk erhalten könne.

Zudem komme bei einem Zweirad die besondere Gefahr des Sturzes hinzu. Allerdings würde zur Ausbildung auch das Heranführen an schwierige Fahrsituationen gehören. Zudem sei es jeder Ausbildung immanent, daß der Lernende erstmals mit neuen Situationen konfrontiert werde.

Kriterium für das Maß der Überwachungspflichten sei der Ausbildungsstand. Ein Fahrschüler, der durch bisherige Übungsfahrten gezeigt habe, daß er das Fahrzeug beherrsche, bedürfe geringerer Aufsicht und Anweisung als der noch unsicher Fahrende.

Der Unfall habe sich ereignet, als die Klägerin auf Anweisung des Beklagten eine Gefahrbremsung vornehmen sollte, d.h. Bremsen unter Betätigung von Vorder- und Hinterradbremse bis zum Stillstand. Es stelle keine Pflichtverletzung des Beklagten dar, daß er diese Übung bereits in der 3. Fahrstunde angesetzt habe. Auch wenn nicht habe geklärt werden können, ob die Klägerin, wie vom Beklagten behauptet, angegeben gehabt hätte, Vorkenntnisse beim Motorrollerfahren zu haben, stehe fest, daß sie mit dem Zweirad nicht ungeschickt gewesen sei. Die Klägerin sei in den ersten beiden Fahrstunden sofort selbständig mit dem Motorroller hinter dem Fahrschulwagen hergefahren, ohne daß es zu einem Sturz oder zu einer gefährlichen Situation gekommen sei.

Die Pflichtverletzung des Beklagten liege aber darin, daß er die Gefahrbremsung auf einem rutschigen Untergrund habe durchführen lassen und die Klägerin nicht über die besonderen Gefahren des Wegrutschens aufgeklärt habe.

Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, daß auf dem Parkplatz, der von den Parteien als Übungsgelände benutzt worden sei, zum Zeitpunkt des Unfalls Schneeglätte geherrscht habe. Zwar könne nicht festgestellt werden, daß entsprechend der Behauptung der Klägerin auf dem Parkplatz eine geschlossene Schneedecke gelegen habe. Das Gelände sei aber auch nicht gänzlich frei gewesen, wie vom Beklagten in der mündlichen behauptet.

Diese Äußerung stehe bereits in Widerspruch zu einer vorgerichtlichen Erklärung. Die Fahrlehrerversicherung VaG habe in einem Schreiben an die Klägerin vom 10.02.2005 unter Berufung auf eine Mitteilung ihres Versicherungsnehmers, des Beklagten, ausgeführt, „Der Boden des Platzes war feucht und lediglich an einige Stellen mit einem Hauch von Schnee bedeckt“.

Diese Einlassung stehe eher in Einklang mit den Erkenntnissen des Deutschen Wetterdienstes als die Erklärung in der mündlichen Verhandlung.

Nach den Nachforschungen des Deutschen Wetterdienstes hätten zum Unfallzeitpunkt in X bis zum Abend Temperaturen unter dem Gefrierpunkt von ca. minus 1,5 Grad geherrscht. In der Nacht zum 21.12.2004 hätte sich Reifglätte gebildet, die sich aufgrund der niedrigen Temperaturen bis zum 22.12.2004 abends hätte halten konnte. In den frühen Morgenstunden des 22.12.2004 (ab 03.00 Uhr) hätte es im Bereich X bis ca. 08.00 Uhr leicht geschneit. Die Messungen des Niederschlages würden im Abstand von 10 Minuten stattfinden. Die Niederschlagshöhe sei bei den Messungen unter der Messgrenze von 0,01 mm geblieben. Dieser Schnee sei auf die Reifglätte gefallen und habe dort einen Schneefilm gebildet. Zudem habe es gegen 12.30 Uhr, möglicherweise auch erst 15 Minuten später, begonnen, meßbar zu schneien. Es habe sich zum Unfallzeitpunkt Schneeglätte gebildet können.

Als Folge der schuldhaften Pflichtverletzung des Beklagten sei er zur Zahlung von Schmerzensgeld an die Klägerin verpflichtet.