In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht ging es um einen Arbeitsunfall auf einer Betriebsstätte zwischen zwei Versicherten verschiedener Unternehmen, einem Hubwagenfahrer und einem Lkw-Fahrer. Da auch das Oberlandesgericht davon ausging, daß von einer Haftungspriviligierung des Unfallverursachers ausgegangen werden müsse, dieser also nicht bei „nur“ gegebener Fahrlässigkeit – statt Vorsatz –  hafte, und ferner eine Verletzung der Unfallverhütungsvorschriften nicht gegeben sei und eine  Verkehrssicherungspflichtverletzung von Seiten des Betriebes ebenso wenig vorliege wie eine Haftung des Betriebes für seinen Angestellten als Verrichtungsgehilfen und schließlich eine Haftung nach StVO ausscheid, wurde die Berufung durch Urteil vom 14.03.2011 (6 U 186/10) als unbegründet zurückgewiesen.

Zum Unfallhergang ist auszuführen, daß der Lkw-Fahrer seinen LKW an einer Verladerampe auf dem Gelände des Fremdbetriebes geparkt hatte. Der LKW wurde von dem verklagten Hubwagenfahrer (zunächst) selbständig beladen, während sich der Lkw-Fahrer in der Halle, d.h. am Hallentor, aufgehalten hatte, sich aber nicht am Verladevorgang beteiligt hatte. Der Lkw-Fahrer Kläger hatte es allerdings eilig, da nach seinem Anstellungsvertrag Verladezeiten von mehr als 1,5h nicht als Arbeitszeit gerechnet wurden. Deswegen verlud er im Bereich des Hallentores eine Gitterbox mittels einer in der Halle vorgefundenen sog. „Ameise“ (einem Gabelhubwagen) – ohne daß der Hubwagenfahrer dies bemerkt hatte. Dieser holte gerade mit einem anderen Hubwagen mit „Baum“ (einer Hebevorrichtung) Verladegut aus einem anderen Hallenteil, um es zunächst rechts neben dem Hallentor abzulegen und dann von dort mit der „Ameise“ auf den LKW zu laden. Als der Hubwagenfahrer – immer noch in Unkenntnis über die Verladetätigkeit des Klägers – zurückkehrte und um im rechten Winkel zum Hallentor links davon gestapelte Gitterboxen herum zur Rampe fuhr, kam es zur Kollision mit dem Kläger, der dabei Fußverletzungen (Fersenbein und Schienbeinbruch links) erlitt.

Das Oberlandesgericht führte zur Haftungslage aus, daß nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung § 106 Abs. 3 3. Alt. SGB VII ein bewußtes Miteinander im Arbeitsablauf meine, das zwar nicht nach einer rechtlichen Verfestigung oder auch nur ausdrücklichen Vereinbarung verlange, sich aber zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstelle.

Die Haftungsfreistellung erfasse damit über die Fälle der Arbeitsgemeinschaft hinaus betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen, die bewußt und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinandergreifen würden, miteinander verknüpft seien, sich ergänzen oder unterstützen würden, wobei es ausreiche, daß die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolge (BGHZ 145, 331 ff.). Die notwendige Arbeitsverknüpfung könne im Einzelfall auch dann bestehen, wenn die von den Beschäftigten verschiedener Unternehmen vorzunehmenden Maßnahmen sich nicht sachlich ergänzen oder unterstützen würde, die gleichzeitige Ausführung der betreffenden Arbeiten wegen der räumlichen Nähe aber eine Verständigung über den Arbeitsablauf erfordere und hierzu konkrete Absprachen getroffen würden, etwa wenn ein zeitliches und örtliches Nebeneinander dieser Tätigkeiten nur bei Einhaltung von besonderen beiderseitigen Vorsichtsmaßnahmen möglich sei und die Beteiligten solche vereinbaren würden.

Diese Voraussetzungen sah das Oberlandesgericht als erfüllt an und erläuterte, daß die Mithilfe des Klägers die Verladetätigkeit des Hubwagenfahrers unterstützt habe. Es sei gerade Aufgabe des Hubwagenfahrers gewesen, den LKW zu beladen. Durch die für den Lkw-Fahrer geltende arbeitsvertragliche Regelung, daß der Ladevorgang nur bis zu 1,5h als Arbeitszeit vergütet werd, habe seitens des Unternehmens, in dem der Kläger beschäftigt gewesen sei, auch ein zumindest faktischer Anreiz bestanden, dafür zu sorgen, daß die Ladezeiten kurz gehalten würden. Die einzelnen Maßnahmen des Hubwagenfahrers und des Lkw-Fahrers seien hier faktisch miteinander verknüpft gewesen.

Da der Hubwagenfahrer bis zum Unfall gar nichts davon wußte, daß auch der Lkw-Fahrer Verladetätigkeiten vornahm, die eigentlich in den Aufgabenbereich des Hubwagenfahrers fielen, sei ein bewußtes Zusammenwirken im Sinne der Rechtsprechung gegeben. Das Bewußtsein des Geschädigten über dieses Zusammenwirken reiche.

Ein Anspruch gegen den Betrieb aus § 823 BGB wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht scheidet aus.

Ungeachtet der Frage, ob der Hubwagenfahrer hier überhaupt einen Verkehr durch Zutrittsgewährung für LKW-Fahrer in die Lagerhalle eröffnet hatte (das war zwischen den Parteien streitig), so bestimme sich der Umfang der Verkehrssicherungspflicht danach, was ein vernünftiger Benutzer an Sicherheit erwarten dürfe. Der Lkw-Fahrer, der regelmäßig Transporte den Fremdbetrieb durchgeführt hatte, wußte um die Gefahrenquellen eines von anderen Beschäftigten unbemerkten Aufenthalts in der Lagerhalle aufgrund des dort herrschenden Verladeverkehrs mit den beschriebenen Fahrzeugen, denn diese stünden jedem vor Augen.

Auch eine Haftung nach § 17 Abs. 3 der Unfallverhütungsvorschriften für Flurförderfahrzeuge (BGV D 27) (danach habe der Unternehmer dafür zu sorgen, daß sich der Fahrer des Flurförderfahrzeuges und der Fahrer des zu beladenden Fahrzeugs hinsichtlich des Arbeitsablaufs vorher zu verständigen hätten), löse keine Haftung aus. Dadurch, daß sich der Lkw-Fahrer zunächst passiv am Hallentor befunden habe und allein der Hubwagenfahrer Ladetätigkeiten wahrgenommen habe, sei zunächst konkludent eine entsprechende Verständigung gegeben gewesen, an die sich dann der Lkw-Fahrer im weiteren Verlauf nicht gehalten habe.

Ein Anspruch aus § 831 BGB scheitere ebenfalls. Bon einer sorgfältigen Überwachung des Hubwagenfahrers durch den Beschäftigungsbetrieb sein nach den Zeugenaussagen auszugehen.

Selbst wenn dem Betrieb eine Exkulpierung nicht gelungen wäre, so würde er jedenfalls nach den Grundsätzen über die gestörte Gesamtschuld nicht haften. Nach diesen Grundsätzen könnten in den Fällen, in denen zwischen mehreren Schädigern ein Gesamtschuldverhältnis bestehe, Ansprüche des Geschädigten gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger) auf den Betrag beschränkt sein, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner (Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers gestört wäre. Die Beschränkung der Haftung des Zweitschädigers beruhe dabei auf dem Gedanken, daß einerseits die haftungsrechtliche Privilegierung nicht durch eine Heranziehung im Gesamtschuldnerausgleich unterlaufen werden solle, es aber andererseits bei Mitberücksichtigung des Grundes der Haftungsprivilegierung, nämlich der anderweitigen Absicherung des Geschädigten durch eine gesetzliche Unfallversicherung nicht gerechtfertigt wäre, den Zweitschädiger den Schaden alleine tragen zu lassen. Deshalb hat der BGH den Zweitschädiger in solchen Fällen in Höhe des Verantwortungsteils freigestellt, der auf den Erstschädiger im Innenverhältnis entfiele, wenn man seine Haftungsprivilegierung hinweg denke, wobei unter „Verantwortungsteil” die Zuständigkeit für die Schadensverhütung und damit der Eigenanteil des betreffenden Schädigers an der Schadensentstehung zu verstehen sei. In Anwendung dieser Grundsätze trage dann, wenn auf der einen Seite nur eine Gefährdungshaftung oder eine Haftung aus vermutetem Verschulden, auf der anderen Seite jedoch erwiesenes Verschulden vorliege, im Innenverhältnis grundsätzlich derjenige den ganzen Schaden, der nachweislich schuldhaft gehandelt habe (BGH NJW 2008, 2116).

Eine Haftung des Hubwagenfahrer aus § 7 StVG scheitere jedenfalls an § 8 StVG, da das von dem Hubwagenfahrer bediente Verladegerät eine Geschwindigkeit von maximal 6 km/h erreichen konnte.