In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm ging es um die Frage, ob es sich bei einer geltend gemachten Rotatorenmanschettenruptut um eine Unfallfolge bei beidseitig erlittener Schulterprellung gehandelt habe oder die Ruptur als unfallfremd zu klassifizieren sei. Das Oberlandesgericht Hamm befand in seinem Urteil vom 28.11.2007 (13 U 112/06) auf letzteres.

Das Landgericht hatte zuvor der auf Zahlung von 127.167,24 € nebst Zinsen sowie Feststellung weiterer Schadensersatzverpflichtung des Beklagten gerichteten Klage nach Einholung eines medizinischen Gutachtens, welches einen Ursachenzusammenhang zwischen Unfall und Rotatorenmanschettenrupturen bejaht hatte, stattgegeben.

Demgegen hatte die Klägerin nach Auffassung des Oberlandesgericht Hamm den ihr obliegenden Beweis dafür, daß nach dem 21.04.1998 noch durch Beschwerden verlgelgen hätten, die ihre Ursache aus einer am 23.01.1998 eingetretenen Unfallverletzung hätten, nicht erbracht.

Alle Aufwendungen ab dem 22.04.1998 beruhten auf Schulterbeschwerden, die ihrerseits nicht mehr durch beiderseitige Schulterprellungen erklärbar seien.

Eine entsprechende Schadensersatzverpflichtung des Beklagten hätte nur dann bestanden, wenn es zu den hier in Streit stehenden Rotatorenmanschettenrupturen bei dem Unfall gekommen wäre. Als Primärverletzung hätten also die Rotatorenmanschettenrupturen bewiesen werden müssen, und zwar unter Berücksichtigung des Beweismaßstabes aus § 286 ZPO.

Obwohl durch den Unfall unstreitig beiderseitige Schulterprellungen verursacht worden seien, käme der Klägerin zum Nachweis der Rotatorenmanschettenrupturen nicht die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO zugute. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen hätten eine Schulterprellung und eine Rotatorenmanschettenruptur nichts miteinander zu tun; eine Prellung begünstige nicht einmal den Eintritt einer Rotatorenmanschettenruptur.

Daß der Klägerin der erforderliche Beweis für einen im Unfallzeitpunkt erfolgten Eintritt der Rotatorenmanschettenrupturen nicht gelungen sei, beruhe darauf, daß trotz gewichtiger für einen solchen Geschehensablauf sprechender Aspekte letztlich doch Zweifel blieben.

Der Sachverständige habe in beiden Instanzen einen Kausalzusammenhang zwischen Unfall und den Rotatorenmanschettenrupturen bejaht. Seine Beurteilung des Ursachenzusammenhangs stehe im Einklang mit den Gutachten, die der Streithelfer für die Klägerin erstattet habe, mit dem Gutachten des C2 vom 29.05.1999, das dieser für den LVM erstattet hat, und einerm weiteren Gutachten.

Für die Richtigkeit der Einschätzung des Sachverständigen sprächen insbesondere folgende Umstände: Anhaltspunkte dafür, daß der Geschädigte bereits vor dem Unfall unter Unfallbeschwerden gelitten habe, würden fehlen. Erkrankungen der Schultergelenke vor dem Unfall seien verneint worden. Und das Vorerkrankungsverzeichnis erwähne keine medizinischen Schulterbehandlungen.

Unmittelbar nach dem Unfall seien jedoch, wie schon dem Notarzteinsatzprotokoll zu entnehmen sei, Schulterbeschwerden vorhanden gewesen.

Für eine Unfallbedingtheit der Rotatorenmanschettenrupturen lasse sich ferner ins Feld führen, daß bei dem Geschädigten keine das altersentsprechende Ausmaß übersteigende degenerative Veränderungen im Schulterbereich festgestellt worden seien, die die Rupturen ausgelöst hätten können. Die degenerativen Veränderungen, die bei der Operation vom 13.08.1998 bekannt geworden seien, lassen, wie den Ausführungen des Sachverständigen entnommen werden könne, keine zuverlässigen Rückschlüsse auf den Zustand im Unfallzeitpunkt zu.

Daß dennoch Zweifel an der Unfallkausalität der Rotatorenmanschettenrupturen bleiben würden, ergebe sich aus folgendem:

Zunächst einmal liege darin, daß der Geschädigte schon an der Unfallstelle über Schulterprobleme geklagt habe, kein wirklich aussagekräftiges Indiz für das Vorhandensein der Rotatorenmanschettenrupturen als unmittelbare Unfallfolge. Denn diese Beschwerden ließen sich, wie der Sachverständige ausgeführt habe, ebenso gut allein durch die Schulterprellungen erklären, die bis zum 21.04.1998 ausgeheilt gewesen seien.

Entsprechendes gelte für die ödemähnliche Zone im Humeruskopf und die Ergussbildung im Acromio-Claviculargelenk, die insbesondere im Gutachten des Sachverständigen X2 erwähnt würden. Denn auch diese Veränderungen ließen sich nach den Ausführungen des Sachverständigen allein durch Prellungen erklären.

Zweifel an der Unfallbedingtheit der Rotatorenmanschettenrupturen ergäben sich aus dem Fehlen von Kollateralzeichen im Bereich der rechten Schulter.

Nach dem Gutachten des Sachverständigen ergäbe sich bezüglich des Rotatorenmanschetten-Defekts auf der rechten Seite aufgrund fehlender Kollateralzeichen einer stattgehabten Traumatisierung kein sicherer Hinweis auf eine traumatische Genese. Im übrigen könne auch bezüglich der linken Schulter nicht hinreichend sicher von einer traumatischen Genese der Ruptur ausgegangen werden.

Hier komme der Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, daß der magnetresonanztomographische Befund mit der Diagnose einer traumatisch bedingten Rotatorenmanschettenruptur vereinbar sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen, der sich zur Vorbereitung seines ergänzenden mündlichen Gutachtens telefonisch mit einem weiteren Sachverständigen ins Benehmen gesetzt habe, könne jener, wie auch schon die Formulierung im schriftlichen Gutachten erkennen lasse, nicht näher eingrenzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein traumatisch bedingter Eintritt der linksseitigen Rotatorenmanschettenruptur anzunehmen sei.

Zweifel daran, daß die Beschwerden des Geschädigten nach dem Unfall als spezifische Beschwerden von Rotatorenmanschettenrupturen zu deuten seien, ergäben sich ferner daraus, daß der Geschädigte über gleichartige Beschwerden auch noch in der Zeit berichtet habe, nachdem die Rotatorenmanschettenrupturen operativ behoben worden seien und daher als Beschwerdeursachen entfallen gewesen seien.

Gegen die Annahme, es handele sich bei den Rotatorenmanschettenrupturen um Unfalltraumata, sprächen schließlich insbesondere die Verneinung von Bewegungseinschränkungen beider Schultern im Durchgangsarztbericht sowie der weitere Befund- und Behandlungsbericht, in dem ein Verdacht auf Rotatorenmanschettenrupturen ausdrücklich verneint worden sei. Wie die Beweisaufnahme im vorliegenden Rechtsstreit ergeben habe, wären bei traumatischen Rotatorenmanschettenrupturen schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Schultern zu erwarten gewesen. Solche hätten aber laut Durchgangsarztbericht unmittelbar nach dem Unfall nicht vorgelegen, sondern seien erstmals 4 Tage später bei dem Neurologen I festgestellt worden. Selbst wenn man aber mit dem Sachverständigen einmal davon ausgehe, daß die Bewegungseinschränkung der Schultern im Durchgangsarztbericht nicht bejaht worden sei, weil man darauf wegen gravierenderer anderer Verletzungsanzeichen nicht so sehr geachtet habe, verbliebe es dennoch bei den Bedenken.

Der Geschädigte sei am 09.02.1998 stationär im Brüderkrankenhaus K aufgenommen worden. Im ersten Schreiben des Chefarztes sei als Diagnose unter anderem ein Verdacht auf Rotatorenmanschettenruptur der linken Schulter erwähnt. Da dieser Verdacht für den Zeitpunkt der Entlassung des Geschädigtte, also dem 20.02.1998, ausdrücklich verneint worden sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die bei traumatisch eingetretenen Rotatorenmanschettenrupturen zu erwartenden Bewegungseinschränkungen hier bei entsprechenden Untersuchungen nicht festzustellen gewesen seien.

Nach alledem ist die Klägerin für die unfallbedingte Verursachung der Rotatorenmanschettenrupturen beweisfällig geblieben.

Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen lasse sich auch nicht sicher feststellen, daß etwa bereits vorhandene, stumme Rotatorenmanschettenrupturen durch den Unfall symptomatisch geworden seien.