Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bestätigte durch seinen Beschluß vom 15.06.2011 (7 L 556/11) die angeordnete sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis und führte im konkreten Fall Nachstehendes aus:

Der Antragsgegner habe den Antragsteller mit Schreiben vom 2. Februar 2011 zu Recht aufgefordert, ein Gutachten eines Facharztes für Neurologie/Psychiatrie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation über die Kraftfahreignung beizubringen. Die Bedenken an der Kraftfahreignung des Antragstellers in gesundheitlicher Hinsicht gründeten sich nicht allein auf die – inhaltlich konkrete und daher im Grundsatz beachtliche – Mitteilung des Apothekenmitarbeiters gegenüber der Polizei vom 21. Juli 2010 zum Medikamentenkonsum des Antragstellers, sondern auch auf den Vorfall, der seine Ehefrau am 11. Juni 2008 veranlaßt habe, Strafanzeige gegen den Antragsteller wegen versuchter Brandstiftung zu stellen.

Die Ehefrau habe gegenüber der Polizei angegeben, daß der Antragsteller seit „einigen Jahren medikamentenabhängig“ und deswegen „seit einigen Jahren in psychiatrischer Behandlung“ sei. Der Antragsteller habe seine bedrohlichen Handlungen am Vorfallstag (nächtliches Geschrei im Kinderzimmer der 9-jährigen Tochter, Äußerung von Wahnvorstellungen, Manipulation an der Leitung des Heizungsbrenners im Keller), die zu einer vorübergehenden Zwangseinweisung und anschließender Weiterbehandlung im Krankenhaus geführt hätten, gegenüber der Polizei anschließend auf ein „Entzugsdelirium“ zurückgeführt und Verständnis für die Angst seiner Ehefrau geäußert.

Beide Ereignisse begründeten Zweifel daran, ob der Antragsteller an einer psychischen Störung leide, die die Kraftfahreignung ausschließen könnte (vgl. dazu den Katalog in Ziff. 7 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 der Fahrerlaubnisverordnung – FeV -) oder Medikamentenmißbrauch betreibt (vgl. Ziff. 9.4 Anlage 4 zur FeV) oder etwa aufgrund dauerhafter Einnahme verschiedener Medikamente (vgl. Ziff. 9.6 a.a.O.) in seiner Kraftfahreignung beeinträchtigt sei.

Die Notwendigkeit, nicht jedwedes ärztliche Attest zu akzeptieren, sondern das Gutachten eines bestimmten Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation anzufordern, ergebe sich aus § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 FeV.

Auch mit Rücksicht darauf sei die vom Antragsteller vorgelegte „Notwendigkeitsbescheinigung“ des Arztes für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, Osteopathie, Chirotherapie, Akkupunktur und Naturheilverfahren in mehrfacher Hinsicht nicht geeignet, die Bedenken an der Kraftfahreignung des Antragstellers auszuräumen.

Unabhängig davon, daß dieser Arzt keine verkehrsmedizinische Qualifikation besitze und die hier einschlägige Fragestellung neurologischer oder psychiatrischer Erkrankungen nicht als Facharzt abdecke, stütze die Bescheinigung die Eignungsbedenken in der Sache. Sie zeige auf, daß der Antragsteller offenbar unter mehreren behandlungsbedürftigen Erkrankungen leide und eine Kombination von zentral wirkenden Schmerzmitteln (u.a. Morphin in relativ hoher Retardkonzentration) und eines Neuroleptikums (Melperon) regelmäßig einnehme.

Darüberhinaus weise die gestellte Diagnose „schwere depressive Episode ohne psychotische Störung“ auf gesundheitliche Störungen nach Ziff. 7.5 der Anlage 4 zur FeV hin, deren Schweregrad abzuklärensei.

Da der Antragsteller die rechtmäßige Gutachtenanordnung somit nicht befolgt habe, sei gemäß § 11 Abs. 8 FeV auch die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig. Auf diese Folge seiner Weigerung sei der Antragsteller bei der Anordnung auch hingewiesen worden. Entgegen den Ausführungen des Antragstellers eröffne § 11 Abs. 8 FeV dem Antragsgegner auch keinen Ermessensspielraum.

Der Schluß von der Nichtbefolgung der Aufklärungsanordnung auf die Nichteignung sei ein von der vorgenannten Vorschrift inzwischen positivrechtlich anerkannter Akt der Beweiswürdigung. Er setze keine Ermessensentscheidung voraus.

Angesichts der danach feststehenden Ungeeignetheit des Antragstellers bestünden auch keine Bedenken an der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Die damit verbundenen Schwierigkeiten habe der Antragsteller hinzunehmen, weil gegenüber seinen Interessen das Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer eindeutig überwiege.