Das Oberlandesgericht Hamm hatte in seinem Urteil vom 20.01.2011 (I-28 U 139/10) über einen geltend gemachten Anspruch des Käufers eines Gebrauchtwagens auf Schadensersatz, hier gerichtet auf Nutzungsausfall, zu entscheiden. Die Besonderheit des Falles bestand in dem Umstand, daß das Fahrzeug nach Übergabe an den Käufer zu Beweiszwecken polizeilich vorübergehend sichergestellt worden war, weil vor Gefahrübergang im Herkunftsland des Fahrzeugs eine Diebstahlsanzeige erstattet worden war, die vom Anzeigeerstatter versehentlich nicht zurückgenommen worden war.

Zum besseren Verständnis sei angemerkt, daß der erste Halter des Fahrzeugs ein spanisches Unternehmen war, welches den Wagen im späteren als gestohlen gemeldet hatte und sodann die Rücknahme der Strafanzeige vergessen und das Fahrzeug veräußert hatte, welches sodann über Zwischenhändler nach Deutschland verkauft wurde. Zusammen mit 40 anderen Fahrzeugen erwarb es der Beklagte, der mit Gebrauchtfahrzeugen handelte, und es sodann an den Kläger verkaufte.

In dem gerichtlichen Verfahren verlangte der Kläger nun u. a. Nutzungsausfall für 49 Tage.

Das Landgericht wies die Klage ab. Auch in zweiter Instanz scheiterte der Kläger. Das Oberlandesgericht bejahte zwar einen Rechtsmangel, der grds. einen Anspruch auf Nutzungsausfall hätte begründen können, negierte aber ein Verschulden von Seiten des Beklagten.

Das Oberlandesgericht Hamm führte aus, daß mit einem Teil der Rechtsprechung und der Lehre das fehlende Vorliegen eines Rechtsmangels angenommen werden könne, da nach dieser Ansicht nur tatsächlich bestehende Rechte Dritter unter Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuches einen Rechtsmangel begründen könnten. Der Kläger sei aber Eigentümer des Fahrzeugs geworden und habe das Fahrzeug auch von dem Berechtigten erworben. Es genüge insofern nicht, daß zeitweise der Verdacht des Diebstahls bestanden hätte.

Allerdings sei einzubeziehen, daß unter die Rechte Dritter i.S. des § 435 Satz 1 BGB auch öffentlich-rechtliche Befugnisse wie eine staatliche Sicherstellung bzw. Beschlagnahme fallen würden, sofern diese tatsächlich ausgeübt würden, zu Recht erfolgten und den Verfall oder die Einziehung der Sache zur Folge haben könnten. Dies gelte auch für Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden, die sowohl auf § 111b StPO als auch auf § 94 StPO gestützt seien. Bereits die aufgrund eines Diebstahlsverdachts erfolgte Beschlagnahme gemäß § 111b StPO sei daher ein Rechtsmangel, weil eine solche Beschlagnahme für den Käufer die Gefahr begründe, daß die Sache ihm durch einen staatlichen Eingriff entweder zugunsten des Staates (§ 73e Abs. 1 Satz 1 StGB) oder zugunsten des wahren Rechtsinhabers (§ 111b Abs. 5 StPO) entzogewerde.

Im vorliegenden Fall sei die Sicherstellung des Kfz aber nicht zum Zweck des Verfalls oder der Einziehung erfolgt, sondern nur zu Beweiszwecken.

Die Sicherstellung des Fahrzeugs des Klägers als Beweismittel war ferner auch rechtmäßig und würde daher mit der überwiegenden Rechtsprechung keinen Rechtsmangel darstellen.

Öffentliche Rechte, die nur vorübergehend die Nutzbarkeit der Sache einschränken, würden nach anderer Auffassung hingegen einen Rechtsmangel begründen, auch wenn sie nur von vorübergehender Dauer seien.

Zwar gehörten rechtmäßige Ermittlungsmaßnahmen zu den Belastungen, denen in einem Rechtsstaat alle betroffenen Bürger, auch unverdächtige, im Interesse des Allgemeinwohls in gleicher Weise unterworfen sein könnten, zum allgemeinen Lebensrisiko. Im vorliegenden Fall –  so das Oberlandesgericht – gehe es aber nicht um die Abgrenzung der Interessen des Einzelnen gegenüber dem Allgemeinwohl, sondern um eine rechtsgeschäftliche Interessenbewertung. Eine Sicherstellung eines Kaufgegenstands nach Gefahrübergang sei kein Ausdruck eines allgemeinen Lebensrisikos, wenn der Verdacht einer Straftat bereits vor Übergabe der Kaufsache an den Käufer entstanden sei, denn ein solches Risiko weise § 446 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Verkäufer zu. Lediglich für eine rechtswidrig durchgeführte Sicherstellung bzw. Beschlagnahme hafte der Verkäufer nicht.

Ob der im Schrifttum vertretenen Minderheitsansicht beizutreten sei, bedurfte nach Auffassung des Oberlandesgericht im vorliegenden Fall aus besonderen Gründen des Einzelfalls aber keiner abschließenden Entscheidung.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Freiheit von Rechtsmängeln sei der Eigentumsübergangs. Ein etwaiger Rechtsmangel läge hier bereits zur Zeit des Eigentumsübergangs auf den Kläger vor, weil die Diebstahlsanzeige bereits vorher erstattet worden sei und die Voraussetzungen eines staatlichen Zugriffs daher bereits entstanden seien.

Die Schadensersatzpflicht setze jedoch weiter voraus, daß der Verkäufer die Lieferung der mangelhaften Sache nach § 276 Abs. 1 BGB zu vertreten habe und gerade daran fehle es im vorliegenden Fall, da der Beklagte das Fahrzeug mit allen erforderlichen Papieren erhalten und keine Anhalte für zusätzliche Erkundigungen gehabt habe.