Das Landgericht Dortmund hatte sich in seinem Urteil vom 23.04.2010 (22 O 171/08) mit eim Kläger zu befassen, der aufgrund Adoption im Erwachsenenalter einen Adelstitel trug, und seine Vollkaskoversicherung aufgrund eines Verkehrsunfalls mit seinem Porsche 911 Carrera Cabrio in Anspruch nahm.
Zum persönlichen Hintergrund des Klägers sei ausgeführt, daß dieser 1999 vom Landgericht München I wegen Betruges im Zusammenhang mit gefälschten Kunstgegenständen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten verurteilt worden war, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 29.07.2008 wurde der Kläger wegen Diebstahls von Waren im Wert von 10,43 aus einem Baumarkt zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 30,00 verurteilt. Den zunächst gegen diesen Strafbefehl eingelegten Einspruch nahm er in der Hauptverhandlung zurück, nachdem der als Zeuge geladene Kaufhausdetektiv eine CD vorgelegt hatte, auf der das Tatgeschehen dokumentiert gewesen sein soll.
Der Kläger behauptete in dem Verfahren, er habe am 13.07.2007 mit dem versicherten Pkw Porsche Carrera in Italien einen Unfall erlitten. Dieser habe sich gegen 18.00 Uhr auf der Landstraße zwischen W, Richtung H und M in Höhe des Ortes T ereignet. Er sei mit dem Fahrzeug auf nasser Fahrbahn ins Schleudern geraten und von der Straße abgekommen. Das Fahrzeug sei in einen Acker geschleudert worden und sei quer mit einem Mast kollidiert. Hierbei habe er sich in der Begleitung der Zeugin U befunden. Zufällig vorbeikommende Passanten hätten ihm und der Zeugin U geholfen, den Pkw wieder auf die Straße zurückzuschieben. Eine schwere Beschädigung des Pkws sei zunächst nicht erkennbar gewesen. Der Pkw habe sich in fahrbereitem Zustand befunden. Da eine sprachliche Verständigung mit den „Helfern“ nicht möglich gewesen sei, diese dem Kläger und seiner Begleiterin, der sie sich anzüglich annäherten, im Übrigen nicht ganz geheuer gewesen seien, hätten er und die Zeugin die Unfallstelle so schnell wie möglich wieder verlassen, ohne genaue Aufzeichnungen über den konkreten Unfallort zu fertigen. Namen und Anschriften der „Helfer“ seien nicht notiert worden.
Der Kläger behauptete weiter, er habe bereits am 14.07.2007 den Agenten der Beklagten, den Zeugen P über den Unfallhergang informiert. Er habe ihm erklärt, nach seiner Schätzung würden sich die Reparaturkosten für den Pkw auf 1.000,00 belaufen, so daß sich die Geltendmachung des Schadens bei der Beklagten im Rahmen der Kaskoversicherung nicht lohnen würden, da er eine Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000,00 habe. Damit habe der Zeuge P sich einverstanden erklärt und mitgeteilt, er könne sich jederzeit melden, sollte die Reparatur des Schadens teurer werden als angenommen. Einige Tage später habe er in der Kfz-Werkstatt X erfahren, daß der Schaden nicht für 1.000,00 repariert werden könne.
Der Zeuge P nahm am 23.07.2007 den Schaden auf und veranlaßte die Begutachtung des Fahrzeuges.
Am 15.10.2007 wurde das Formular „Unfallfragebogen“ unter Mitwirkung des Zeugen P ausgefüllt. Die Frage „Gibt es Zeugen für den Unfallhergang (Bitte Namen und Anschriften angeben)“ wurde mit „Nein“ beantwortet.
Auf ein weiteres Schreiben seiner Kaskoversicherung teilte der Kläger mit, er habe die Zeugin nicht genannt, da er verheiratet sei und mit einer Freundin unterwegs gewesen wäre.
Die Zeugin konnte sich auf erfolgte Nachfrage sodann weder an den genauen Unfallort erinnern, noch Angaben dazu machen, ob der Kläger eine Vollbremsung eingeleitet gehabt habe.
Der Kläger behauptete des weiteren, er habe gegenüber dem Zeugen P bei der Ausfüllung des Formulars „Unfallfragebogen“ erwähnt, daß er sich in Begleitung einer weiteren Person befunden habe. Aus anderen Unfallregulierungen sei ihm bekannt gewesen, daß ein Beifahrer als Zeuge nicht zähle. Daher sei er davon ausgegangen, die Zeugin müsse in dem Formular nicht angegeben werden. Das ausgefüllte Formular „Unfallfragebogen“ sei ihm nach der Ausfüllung nur kurz zur Unterschrift vorgelegt worden. Er habe sich die einzelnen Formulierungen nicht durchgelesen. Der Kläger war der Auffassung, seiner Kaskoversicherung sei es wegen einer nur geringfügigen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit und der späteren Benennung der Zeugin nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen. Er verlangt die Erstattung von behaupteten unfallbedingten Reparaturkosten in Höhe von 17.480,00 .
Seine Vollkaskoversicherung berief sich unter dessen auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung (Nichtangabe der Zeugin, verspätete Anzeige des Versicherungsfalles, Unfallflucht).
Das Gericht, um es vorwegzunehmen, wies die Klage ab und führte hierzu aus:
Der Kläger habe objektiv eine Obliegenheit, da er als Versicherungsnehmer verpflichtet gewesen sei, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich hätte sein können.
Die danach für die Aufklärung bedeutsame Frage nach Zeugen des Unfalles habe der Kläger verneint, obwohl die Zeugin U sich nach seinen eigenen Angaben als Beifahrerin in seinem Pkw befunden habe.
Der Kläger habe auch die aus § 6 Abs. 3 VVG a.F. folgende Vorsatzvermutung nicht widerlegt. Soweit der Kläger sich darauf berufe, er habe geglaubt, ein Beifahrer „zähle nicht als Zeuge“, so Folgte das Gericht dem nicht, zumal es den Kläger intellektuell durchaus in der Lage sah, zwischen der Zeugeneigenschaft und der Frage, ob einem Zeugen Glauben geschenkt werde, zu differenzieren.
Auch bezog das Gericht im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Klägers dessen Vorstrafen ein.
Sodann führte das Gericht aus, daß die Leistungsfreiheit „zwar“ nicht nach den Grundsätzen der Relevanzrechtsprechung enrfalle, da dies voraussetze, daß die Leistungsfreiheit voraussetze, daß die Obliegenheitsverletzung generell geeignet sei, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, ein erhebliches Verschulden des Versicherungsnehmers vorliege und dieser über die Möglichkeit des Anspruchsverlustes auch bei folgenlosen Obliegenheitsverletzungen ordnungsgemäß belehrt worden sei (BGH VersR 1982, 182)
Ein erhebliches Verschulden des Klägers bejahte das Gericht ebenfalls. Ein Verstoß, der auch einem sonst ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen könne und für den ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermöge, sei nicht zu erkennen.
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