BGH, Beschl. v. 05.12.2012 – XII ZB 670/10 –

Die Beteiligten streiten um nachehelichen Unterhalt.

Die Beteiligten schlossen im Jahr 1989 die Ehe. Sie adoptierten ein im März 1996 geborenes Kind. Die Ehefrau ist seit Juli 1991 Verwaltungsfachwirtin und arbeitete bis 1995 als Sachbearbeiterin bei verschiedenen Versicherungsunternehmen. Nach der Adoption setzte sie ihre Erwerbstätigkeit aus und ist nunmehr als Schulsekretärin im Umfang von 31 Wochenstunden beschäftigt. Der Ehemann ist unbegrenzt leistungsfähig. Die Ehe ist seit September 2004 geschieden.

Mit gerichtlichem Vergleich vom 28.09.2004 verpflichtete sich der Ehemann zu nachehelichen Unterhaltszahlungen in Höhe von monatlich 1.800,00 € zzgl. 128,00 € Altersvorsorgeunterhalt. Zu Beginn des Jahres 2008, als die Ehefrau bereits als Schulsekretärin tätig war, schlossen die Beteiligten eine außergerichtliche Vereinbarung, mit der sie den Vergleich dahingehend abänderten, dass ab März 2008 lediglich noch Unterhalt in Höhe von 1.500,00 € zzgl. 128,00 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen sei. Der Unterhalt sollte bis einschließlich März 2010 gezahlt werden, wenn der gemeinsame Sohn 14 Jahre alt wird. Anschließend sollte sich der Unterhaltsanspruch nach den gesetzlichen Vorschriften richten.

Der Ehemann hat beantragt, den gerichtlichen Vergleich dahingehend abzuändern, dass er ab April 2010 keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen habe. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Ehemanns wurde der Vergleich dahingehend abgeändert, dass ab April 2010 bis einschließlich Dezember 2014 monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von 1.310,00 zzgl. 128,00 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen sind. Dagegen richtete sich die Rechtsbeschwerde der Ehefrau, die ihr Begehren auf unbefristeten Unterhalt weiter verfolgt. Der BGH hebt die Entscheidung auf und verweist die Sache zurück an das OLG.

Der BGH weist zunächst darauf hin, dass der Befristungseinwand durch die im Jahr 2008 zwischen den Beteiligten getroffene außergerichtliche Vereinbarung nicht präkludiert sei. Zwar sei das Unterhaltsänderungsgesetz zu diesem Zeitpunkt bereits in Kraft getreten. Gegenstand der außergerichtlichen Vereinbarung sei jedoch ausschließlich der Betreuungsunterhalt gewesen. Im Übrigen für die Zeit danach auf die gesetzliche Regelung – und damit auch auf die Vorschrift des § 1578 b BGB – Bezug genommen worden.

Der Argumentation des OLG, der – bestehende – ehebedingte Nachteil der Ehefrau stehe einer Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht entgegen, weil sie ihn durch entsprechende Bewerbungsbemühungen hätte vermeiden können, folgt der BGH nicht.

Der BGH prüft zunächst anhand eines fiktiven Vergleichs der Einkünfte der Ehefrau ohne die Ehe und Kinderziehung mit ihren tatsächlichen Einkünften, ob ehebedingte Nachteile entstanden sind. Dabei bestimmt er den angemessenen Lebensbedarf der Ehefrau nach ihren Einkünften aus – unterstellter – vollschichtiger Tätigkeit als Schulsekretärin. Ohne die Eheschließung würde die Ehefrau in ihrem erlernten Beruf als Versicherungsfachwirtin höhere Einkünfte erzielen, als sie aktuell als Schulsekretärin erzielt. Insoweit ist ein ehebedingter Nachteil der Ehefrau entstanden.

Das OLG hatte den ehebedingten Nachteil abgelehnt, mit der Begründung, die Ehefrau hätte in der Zeit von 2006 bis 2008 konkrete Bewerbungsbemühungen entfalten müssen, um eine Anstellung in ihrem erlernten Beruf als Versicherungsfachwirtin zu erlangen, womit sie ihre Einkommensnachteile hätte kompensieren können.

Wenn das Gericht im Vorprozess dem Unterhaltsberechtigten keine zusätzlichen Einkünfte fiktiv zugerechnet hat, ist damit nach Auffassung des BGH zugleich entschieden, dass der Unterhaltsberechtigte seiner Erwerbsobliegenheit in der Vergangenheit genügt hat und diese Feststellung auch im Abänderungsvefahren maßgeblich ist. Entsprechendes müsse auch dann gelten, wenn die Beteiligten – wie hier – eine entsprechende vorbehaltlose Vereinbarung geschlossen haben. Denn ohne einen solchen Vorbehalt dürfe der Unterhaltsberechtigte regelmäßig darauf vertrauen, gegenwärtig seiner Erwerbsobliegenheit zu genügen. Dem Ehemann war bei Abschluss der Vereinbarung bekannt, dass die Ehefrau lediglich als Schulsekretärin arbeitete. Er räumte ihr in der Vereinbarung sogar noch ein, anrechnungsfrei hinzuverdienen zu können. Insoweit ist er im Nachhinein zurecht mit dem Vortrag ausgeschlossen, sie hätte sich damals als Verwaltungsfachwirtin bewerben müssen.