Oberlandesgericht Hamm, Beschluß vom 15.04.2021 (5 UF 155/20)
„(…)
Nach ständiger Rspr. des BGH (FamRZ 1989, 835) beruht die Haftungsübernahme des Ehepartners auf einem Auftrag i.S.d. § 662 BGB. Indem der Antragsteller dem Wunsch der Antragsgegnerin nach Übernahme der Mithaftung entsprochen hat, haben die Eheleute stillschweigend ein Auftragsverhältnis begründet. Dieses Auftragsverhältnis kann nach Scheitern der Ehe aus wichtigem Grund gekündigt werden. Mit der endgültigen Trennung durch den Auszug der Antragsgegnerin aus der Ehewohnung liegt der wichtige Grund für die Kündigung des Auftragsverhältnisses vor und der Antragsteller kann sowohl Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB also auch Befreiung unter Heranziehung des Auftragsrechts verlangen. Denn nur in der Lebensgemeinschaft ist davon auszugehen, dass die Beiträge der Ehegatten zur gemeinsamen Lebensführung gleichwertig sind. Auch besteht nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft kein Anlass mehr, dem anderen Ehegatten eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen. Mit dem Auszug ist die Ehe gescheitert (ebenso OLG Brandenburg FamRZ 2016, 232; FamRZ 2007, 1172; OLG Frankfurt FamRZ 2005, 908; Brix u.a. in Eder; Das familienrechtliche Mandat, 2015, § 3 Rn. 799; Weinreich FF 2020, 439, 440; Frank, NZFam 2018, 783, 785; Gerhards, FamRZ 2006, 1793, 1795; vgl. auch BGH FamRZ 2020, 23, Rn. 27f.). Zusätzliches Indiz für das Scheitern der Ehe ist der hier geltend gemachte Befreiungsanspruch.
Dabei spielt keine Rolle, dass der Antragsteller von der Tilgung der Schulden durch den bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags auflaufenden Zugewinn ebenfalls profitiert (vgl. BGH a.a.O.). Die Tilgung der Gesamtschuld durch einen der beiden Ehegatten bewirkt im Regelfall keine Veränderung der für die Ermittlung des Zugewinns maßgeblichen Endvermögen. Das Gesamtschuldverhältnis wird durch die Regeln über den Zugewinnausgleich nicht verdrängt. Jeder Ehegatte kann die gemeinsamen Verbindlichkeiten zum Stichtag in voller Höhe als Passivposten von seinem Endvermögen abziehen. Seine Durchsetzbarkeit vorausgesetzt kann er dann den gegen den anderen bestehenden Ausgleichsanspruch wieder als Aktivposten dem Endvermögen hinzufügen. Damit stehen die gemeinsamen Verbindlichkeiten letztlich mit derjenigen Quote im Endvermögen der Ehegatten, die der im Innenverhältnis auf sie entfallenden Quote entspricht (Weinreich a.a.O., 444).“