Das Oberlandesgericht Bremen lehnte in seinem Beschluß vom 10.09.2012 – 4 UF 94/12 – im Falle des Ausbidlungsunterhaltes eine Obliegenheit zur Inanspruchnahme eines Bildungskredits entsprechend der Rechtsprechung, ein BAföG-Darlehn aufzunehmen, ab. Es fehle insoweit an der Vergleichbarkeit. Das BAföG-Darlehn unterliege besonders günstigen Konditionen. So werde es zinslos gewährt, es bestehe die Möglichkeit eines (Teil-)Erlasses aus sozialen Gründen als auch bei einem besonders guten Studienabschluss.^Auch die Übernahmeerklärung des Vaters zur Zinszahlung führe nicht zur Verpflichtung der Tochter einen Bildungskredit in Anspruch nehmen zu müssen, da die Tochter als Kreditnehmerin im Außenverhältnis der Bank gegenüber zur Zinszahlung verpflichtet bliebe. Der Vater könne seinen Unterhaltsanspruch auch nicht dadurch erfüllen, wenn er selbst seiner Tochter ein zinsloses Darlehn zur Verfügung stelle, da der gesetzliche Unterhaltsanspruch eine monatliche Zahlung ohne Rückforderungsanspruch vorschreibe. Im einzelnen:

Die 1986 geborene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Sie hatte sich nach erfolgreichem Abschluss ihres Bachelorstudiums im Frühjahr 2011 zu einem hierauf aufbauenden Masterstudium entschlossen. Dieses hatte am 01.09.2011 begonnen und wird voraussichtlich im Frühjahr 2014 abgeschlossen sein. Aufgrund eines im vereinfachten Verfahren ergangenen Unterhaltstitels (Geschäfts-Nr. 59 FH8/1999) war der Antragsgegner dazu verpflichtet, der Antragstellerin einen Unterhalt in Höhe von 142 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes zu zahlen. Die Antragstellerin hatte die Abänderung des Unterhaltstitels beantragt. Sie hatte die Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 361,80 € ab 01.09.2011 zuzüglich eines monatlichen Mehrbedarfs von 42,07 € für Beiträge zur Kranken- und  Pflegeversicherung sowie eines einmaligen Mehrbedarfs von 956,34 €, die anteilige Studiengebühr für das Semester 2012/2013, begehrt. Den auf den Antragsgegner entfallenden Studiengebühranteil für das Semester 2011/2012 hatte dieser im Laufe des Verfahrens beglichen, weshalb die Beteiligten das Verfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt hatten.

Den Anspruch auf die Studiengebühren für das laufende Semester hatte der Antragsgegner anerkannt ebenso dem Grunde nach den Anspruch der Antragstellerin auf Unterhaltszahlung bis zum Abschluss ihres Masterstudiums. Er hatte sich allerdings gegen die Höhe des begehrten Unterhalts gewandt, da er die Antragstellerin, die unstreitig nicht zur Inanspruchnahme von BAföG berechtigt war, für verpflichtet hielt, einen sog. Bildungskredit in Anspruch zu nehmen, für den er die Zinsen und Nebenkosten tragen wolle.

Soweit sich der Antragsgegner gegen diesen Beschluss damit wendet, die Antragstellerin müsse sich wegen der Nichtinanspruchnahme eines sog. Bildungskredits ein fiktives Einkommen von 300 € monatlich auf ihren Bedarf anrechnen lassen, so daß er, der Antragsgegner, nur 242 € monatlich zu zahlen habe, könne er hiermit keinen Erfolg haben. Entgegen der vom Antragsgegner vertretenen Auffassung sei der von ihm vorgeschlagene Bildungskredit nicht mit der Inanspruchnahme eines BAföG-Darlehens vergleichbar. Die von ihm zur Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten zur Inanspruchnahme derartiger BAföG-Leistungen genannte Rechtsprechung und Literatur sei auf das sog. Bildungsdarlehen nicht zu übertragen. Der Bundesgerichtshof habe in seiner – zur Minderung der Bedürftigkeit des Kindes durch BAföGDarlehen – grundlegenden Entscheidung vom 19.06.1985 (FamRZ 1985, 916) ausgeführt, daß es dem Unterhaltsberechtigten nur im Rahmen des Zumutbaren obliege, die Möglichkeit zur Kreditaufnahme zu nutzen. Diese Voraussetzungen habe der BGH angesichts der außerordentlich günstigen Darlehensbedingungen eines BAföGDarlehens bejaht. Er habe insbesondere betont, daß das zinslose Darlehen in geringen monatlichen Raten innerhalb von 20 Jahren zurückzuzahlen sei, wobei die erste Rate grds. erst 5 Jahre nach Ende der Förderungshöchstdauer zu leisten sei. Die Rückzahlungsverpflichtung bestehe im übrigen nur, soweit der Darlehensnehmer dann ein entsprechendes Einkommen habe. Außerdem würde bei gutem Studiumsabschluß die Darlehensschuld zum Teil erlassen. Auch soziale Gründe könnten zum Teilerlaß führen. Vor dem Hintergrund dieser sehr günstigen Bedingungen, also der Zinslosigkeit und der „schonenden Vorschriften über die Rückzahlung“ habe der BGH die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme eines derartigen BAföG-Darlehens durch den Unterhaltsberechtigten bejaht (so auch OLG Schleswig, FamRZ 2006, 571).

Hiermit sei aber der vom Antragsgegner vorgeschlagene Bildungskredit – ein Anspruch auf BAföG-Leistungen stehe der Antragstellerin unstreitig nicht zu – nicht vergleichbar . Zwar gebe es auch über das Bildungsprogramm des Bundes zinsgünstige Studienkredite, ausgezahlt über die KFW-Förderbank. Diese ließen sich aber schon allein deshalb nicht mit den BAföG-Darlehen gleichsetzen, weil sie zu verzinsen seien. Außerdem seien die Rückzahlungsmodalitäten nicht mit denen eines BAföG-Darlehens vergleichbar. Eine Vergleichbarkeit werded auch nicht dadurch hergestellt, daß der Antragsgegner die Übernahme der Zinszahlung und der Nebenkosten angeboten habe. Diese „Übernahmeerklärung“ würde nichts daran ändern, daß die Antragstellerin als Kreditnehmerin gegenüber der auszahlenden Förderbank zur Zinszahlung weiterhin verpflichtet wäre. Auch den verglichen mit BAföG-Darlehen wesentlich rigideren Rückzahlungsbedingungen würde die Antragstellerin unterliegen. Ein Erlaß der Darlehensschuld bei besonders gutem Studiumsabschluß sei ebenfalls bei Bildungskrediten nicht vorgesehen. Unter diesen Umständen sei es der Antragstellerin nicht zumutbar, ein sog. Bildungsdarlehen aufzunehmen, zumal nichts dafür ersichtlich sei, daß sie ihr Studium übergebührlich lange betreibe. Die Antragstellerin habe im Jahre 2007 das Abitur abgelegt und studiere nach einem Studienfachwechsel in 2008 Soziologie, wobei sich an das reguläre dreijährige, Mitte 2011 beendet habe. Das Bachelorstudium das Masterstudium in „Sociology of Culture, Media and the Arts“ an der Universität in Rotterdam habe sie unmittelbar angeschlossen. Angesichts dieses Studienablaufs könne nicht von einer Unzumutbarkeit für den Antragsgegner hinsichtlich seiner fortbestehenden Unterhaltszahlungsverpflichtung ausgegangen werden, zumal nichts dafür vorgetragen bzw. ersichtlich sei, daß er nicht hinreichend leistungsfähig sei. Soweit er geltend mache, die Antragstellerin verweigere jeglichen Kontakt zu ihm, können diese vagen Darlegungen nicht zu der Annahme einer Beschränkung seiner
Unterhaltspflicht aus Billigkeitsgründen gemäß § 1611 Abs. 1 BGB führen.

Die – vom Antragsgegner nicht angebotene – Alternative, der Antragstellerin gleich selbst ein zinsloses Darlehen anzubieten, um seinen Unterhaltspflichten zu genügen, stehe dem Antragsgegner nicht offen. Dies schon deshalb nicht, weil ein derartiges Vorgehen zum Umgehen des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs aus den §§ 1601, 1612 BGB führen würde, die eine monatliche Zahlung ohne Rückforderungsmöglichkeit und keine Darlehensgewährung vorsehen. Eine Obliegenheit zur Aufnahme eines Bildungskredits liefe letztlich auf dasselbe hinaus.