Das Oberlandesgericht Celle befand in seinem Beschluß vom 13.03.2007 (322 Ss 46/07), daß es keine Verkehrsordnungswidrigkeit (fahrlässiger Verstoß gegen sonstige Pflichten des Fahrzeugführers (§ 23 Abs. 1 StVO)) darstelle, wenn ein Fahrzeugführer ein Fahrzeug nicht mit ordnungsgemäßen Schuhwerk führe. Ob eine – in das Verkehrszentralregister nicht einzutragende Ordnungswidrigkeit nach den Unfallverhütungsvorschriften vorliege, könne nicht beurteilt werden, da keine Feststellungen dazu getroffen worden seien, ob die Fahrt im Rahmen der Berufsausübung erfolgt sei.

In dem zugrundeliegenden Verfahren hatte der Betroffene während der Fahrt mit seinem Lkw Schuhe der Birkenstockart getragen, die vorn geschlossen, aber hinten offen waren und keinen Fersenriemen hatten.

Das Amtsgericht hatte unter Hinweis auf die Unfallverhütungsvorschrift Fahrzeuge BGVD 29, dort § 44 Abs. 2, in der vorgeschrieben wird, daß beim Führen eines Lkws Schuhwerk getragen werden muß, das den Fuß umschließt, den Betroffenen zu einer Geldbuße von 57,50 € verurteilt und ausgeführt, daß die Besetzung des Fahrzeuges (Fahrer) i. S. von § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO nicht vorschriftsmäßig gewesen sei.

Das Oberlandesgericht Celle bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts nicht und hob das Urteil auf.

Das bloße Fahren ohne geeignetes Schuhwerk sei – jedenfalls bei einer nicht dem Anwendungsbereich des § 209 SGB VII unterfallenden Fahrt und ohne zusätzliche Herbeiführung eines von der Rechtsordnung mißbilligten Erfolges – weder nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO noch nach anderweitigen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts mit Bußgeld sanktioniert (vgl. OLG Bamberg, Beschluß vom 15.11.2006, 2 Ss OWi 577/06).

Dem Amtsgericht sei zwar beizupflichten, daß es mit den Pflichten eines sorgfältigen Kraftfahrzeugführers unabhängig von der Frage der Bußgeldbewehrung unvereinbar sei, ein Kraftfahrzeug ohne oder mit hierfür ungeeignetem Schuhwerk zu führen. Das Fahren ohne geeignetes Schuhwerk könne infolge einer dadurch bedingten Fehlbedienung der Pedale oder eines Abrutschens von den Pedalen mit erheblichen Risiken verbunden sein. Würde dadurch ein von der Rechtsordnung mißbilligter Erfolg herbeigeführt, insbesondere ein Dritter geschädigt, gefährdet oder auch nur belästigt i. S. von § 1 Abs. 2 StVO, könne der Fahrzeugführer auch strafrechtlich oder bußgeldrechtlich für einen dadurch verursachten Schaden verantwortlich sein. Ein solcher Erfolg sei nach den getroffenen Feststellungen jedoch nicht eingetreten.

§ 23 Abs. 1 Satz 2 StVO verbiete das Fahren ohne geeignetes Schuhwerk nicht. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO müsse der Führer des Fahrzeuges dafür sorgen, daß die Besetzung vorschriftsmäßig sei und dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Besetzung nicht leide. Das Amtsgericht sei davon ausgegangen, daß der Fahrer zur Besetzung des Fahrzeugs zähle. Dies sei indessen nicht der Fall. Mit der Besetzung des Fahrzeugs seien nur die Personen gemeint, die sich neben dem Fahrer noch im Fahrzeug befinden würden (vgl. OLG Bamberg 2 Ss Owi 577/06). Dies ergebe sich zum einen aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, zum anderen aus § 31 Abs. 2 StVZO, der für den Fahrzeughalter zwischen seiner Verantwortung für die Eignung des Fahrzeugführers einerseits und die Besetzung andererseits differenziert.

Auch eine ausdehnende Auslegung des § 23 StVO im Hinblick auf die Einbeziehung des Fahrers in die „Besetzung“ des Fahrzeugs komme nicht in Betracht. Zwar sei § 23 StVO ein Auffangtatbestand für anderweitig nicht normierte Pflichten eines Fahrzeugführers. Angesichts der Differenzierung im Wortlaut von § 31 Abs. 2 StVZO widerspreche eine solche Auslegung aber der eindeutigen Systematik der Verordnungen. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß es über § 209 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 SGB VII i. V. m. §§ 44 Abs. 2, 58 und 32 der Unfallverhütungsvorschriften „Fahrzeuge“ eine bußgeldbewehrte Pflicht gebe, beim Führen bestimmter Fahrzeuge ordnungsgemäße Kleidung zu tragen. Insoweit könne es auch auf einer bewußten Entscheidung des Gesetzgebers beruhen, im Straßenverkehrsrecht anders als im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung keine Anordnungen hinsichtlich des von einem Fahrzeugführer zu tragenden Schuhwerkes zu treffen.