In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm ging es um eine Rechtsbeschwerde in einem Bußgeldverfahren, welche u. a. darauf gestützt worden war, daß ein Zeuge zu dem Hauptverhandlungstermin geladen und vernommen worden war, ohne daß der Betroffene und sein Verteidiger, die beide nicht zu erscheinen hatten, hiervon zuvor Kenntnis erhalten hätten. Das Oberlandesgericht gab der Rechtsbeschwerde durch Beschluß vom 04.08.2011 (III-3 RBs 222/11) statt.

Zum Sachverhalt im einzelnen:

Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 500 € verurteilt sowie ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Mit seiner Rechtsbeschwerde rügte der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Mit dem Oberlandesgericht Hamm hatte die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der – von der ebenfalls erhobenen Rüge der Verletzung des Anspruches auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu unterscheidenden (vgl. OLG Hamm, NStZ-RR 2004, 307) – Verfahrensrüge der Verletzung der §§ 46 Abs. 1, 71 Abs. 1 OWiG, § 222 Abs. 1 Satz 1 StPO (vorläufig) Erfolg. Die Rüge der Verletzung des Anspruches auf Gewährung rechtlichen Gehörs und die Sachrüge bedurften deshalb keiner Erörterung.

Der Betroffene mache unter Wahrung der Begründungsanforderungen nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zu Recht geltend, daß das Amtsgericht in der Hauptverhandlung den Zeugen Q vernommen habe, ohne daß dem in der Hauptverhandlung – befugt – nicht anwesenden Betroffenen oder seinem in der Hauptverhandlung ebenfalls nicht anwesenden Verteidiger Mitteilung von der Ladung dieses Zeugen gemacht worden sei.

Nach §§ 46 Abs. 1, 71 Abs. 1 OWiG, § 222 Abs. 1 Satz 1 StPO habe das Gericht dem Betroffenen die zur Hauptverhandlung geladenen Zeugen rechtzeitig namhaft zu machen. Dies gelte auch dann, wenn die Zeugen – wie im vorliegenden Falle – bereits im Bußgeldbescheid aufgeführt gewesen seien (OLG Hamm, NJW 1996, 534, 535; BayObLG bei Rüth, DAR 1986, 237, 247). Diese Regelung habe das Amtsgericht nicht beachtet. Es habe die mit richterlicher Verfügung vom 17. Februar 2011 angeordnete Ladung des Zeugen Q dem Betroffenen und seinem Verteidiger weder in den Ladungsurkunden noch auf sonstige Weise bekanntgemacht.

Das angefochtene Urteil beruhe (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 337 Abs. 1 StPO) auf der Verletzung der §§ 46 Abs. 1, 71 Abs. 1 OWiG, § 222 Abs. 1 Satz 1 StPO. Ein Beruhen des Urteils auf der Verletzung der vorbezeichneten Vorschriften könne in der Regel nicht ausgeschlossen werden, wenn der Betroffene in der Hauptverhandlung befugt abwesend gewesen sei und auch nicht durch einen Verteidiger vertreten worden sei – und damit den hier in Rede stehenden Verstoß auch nicht zum Anlaß für einen Antrag auf Aussetzung der Hauptverhandlung nach §§ 46 Abs. 1, 71 Abs. 1 OWiG, § 246 Abs. 3 StPO habe machen können – und das Gericht die Verurteilung des Betroffenen auf die Angaben des unter Verstoß gegen §§ 46 Abs. 1, 71 Abs. 1 OWiG, § 222 Abs. 1 Satz 1 StPO vernommenen Zeugen gestützt habe. So liege der Fall hier.

Wegen dieses Mangels sei das angefochtene Urteil nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache nach § 79 Abs. 6 OWiG zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Bielefeld zurückzuverweisen.