Mit dem Urteil des Bundesgerichtshof vom 28. Februar 2012 (VI ZR 10/11; PM) müssen vorgeschriebene Sicherheitsgurte während der Fahrt nach § 21a Abs. 1 StVOgrundsätzlich angelegt sein. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift könne hinsichtlich unfallbedingter Körperschäden zu einer Haftungskürzung wegen Mitverursachung führen. Da die Beklagten in dem zu beurteilenden Fall nur für die Folgen des Zweitunfalls haften würden, sei für die Frage der Mitverursachung durch die Klägerin allein von Bedeutung, ob zum Zeitpunkt des Zweitunfalls noch eine Anschnallpflicht bestanden habe. Das sei nicht der Fall gewesen, denn der Aufprall des von dem Beklagten zu 1) gelenkten Pkw habe sich nicht „während der Fahrt“ ihres eigenen Pkw ereignet. Dessen Fahrt sei vielmehr dadurch beendet worden, daß der Pkw unfallbedingt an der Leitplanke zum Stehen gekommen sei. Nachdem es zu diesem Unfall gekommen sei, sei die Klägerin mithin nicht nur berechtigt gewesen, den Gurt zu lösen, um ihr Fahrzeug verlassen und sich in Sicherheit bringen zu können, sondern gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO sogar dazu verpflichtet gewesen, nämlich um die Unfallstelle sichern zu können. Ihr könne deshalb nicht angelastet werden, unangeschnallt gewesen zu sein, als sich der Zweitunfall ereignete.
Der Bundesgerichtshofs hob daher das Berufungsurteil deshalb auf und änderte die Entscheidung zugunsten der Klägerin ab.
Zum Sachverhalt:
Die Klägerin war mit ihrem Pkw nachts gegen 3:10 Uhr auf einer Bundesautobahn unterwegs und hatte aus ungeklärten Gründen die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren. Dieses war ins Schleudern geraten, gegen die Mittelplanke gestoßen und auf der linken Fahrspur unbeleuchtet zum Stehen gekommen. Kurz darauf war der Beklagte zu 1), der mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h und eingeschaltetem Abblendlicht gefahren war, mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw auf das Fahrzeug der Klägerin aufgefahren. Die Klägerin war schwer verletzt worden und verlangte Schadensersatz unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 1/3. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hatte das Oberlandesgericht die Haftungsquote grundsätzlich auf 60 % abgesenkt. Da die Klägerin bei dem Zweitunfall nicht angeschnallt gewesen war, hatte es hinsichtlich des der Klägerin infolge ihrer Körperverletzung entstandenen Schadens einen höheren Mitverursachungsanteil angenommen und insoweit eine Haftungsquote von nur 40 % angeordnet. Mit der Revision wollte die Klägerin eine Haftung der Beklagten hinsichtlich sämtlicher Schäden mit einer einheitlichen Quote von 60 % erreichen.
Hinterlasse einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar schreiben zu können.