Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich in seinem Urteil v. 29.06.2011 (XII ZR 157/09) mit der Frage der Herabsetzung eines vor der Unterhaltsreform titulierten oder vereinbarten Unterhaltsanspruchs nach dem Eintritt des Unterhaltsberechtigten in das Rentenalter (Nr. 1321 BGH – BGB (a.F.) § 1578 I S. 2, 1578 I S. 3; BGB § 1578 b I, 1578b II; EGZPO § 36 Nr. 1).

In dem Verfahren begehrte der Ehemann die Abänderung eines aus dem Jahre 1985 geschlossenen Vergleichs über nachehelichen Unterhalt. Die Parteien waren von 1968 bis 1985 in kinderloser Ehe miteinander verheiratet. Die Ehefrau bezog seit dem 01.08.2006 und der Ehemann seit September 2007 Altersrente.

Das Oberlandesgericht hatte den Unterhaltsanspruch der Ehefrau erheblich herabgesetzt. Der Ehemann begehrte mit der Revision den Wegfall der Unterhaltsverpflichtung.

Der Bundesgerichtshof folgte der Argumentation des Oberlandesgerichts, mit der dieses den Bedarf der Ehefrau zunächst herabgesetzt hatte. Dabei kritisierte der Bundesgerichtshof jedoch die Definition des angemessenen Bedarfs durch das Oberlandesgericht, das auf den zuvor titulierten Unterhaltsbedarf als angemessenen Bedarf abgestellt hatte.

Beziehe der Unterhaltsberechtigte Renteneinkünfte, komme es – so der Bundesgerichtshof – darauf an, ob die erzielten Alterseinkünfte aus seiner früheren, nachehelich ausgeübten oder ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit hinter denjenigen zurückbleiben würden, die er ohne die ehebedingte Einschränkung seiner Berufstätigkeit an Alterseinkommen hätte erwerben können. In Betracht kämen dabei nur die nach der Ehezeit entstandenen ehebedingten Versorgungsnachteile.

Die durch die eingeschränkte Erwerbstätigkeit während der Ehe erlittenen Rentennachteile seien vielmehr durch den Versorgungsausgleich auszugleichen. Danach sei zur Ermittlung des angemessenen Bedarfs bei Renteneinkünften auf das Renteneinkommen abzustellen, daß der Unterhaltsberechtigte bei nachehezeitlicher Fortsetzung seiner vor der Ehezeit ausgeübten Tätigkeit erlangt hätte.

Vorliegend ging der Bundesgerichtshof mit der Voristanz davon aus, daß die Ehefrau bereits in der Trennungszeit wieder das Vergütungsniveau ihrer vorehelich angelegten beruflichen Möglichkeiten erreicht hatte. Der angemessene Lebensbedarf sei somit durch die eigenen Renteneinkünfte der Ehefrau vollständig gedeckt, so daß kein Unterhaltsanspruch mehr bestünde.

In dem hier vorliegenden Fall sei das Maß der – im wesentlichen nur durch die rd. zehnjährige Haushaltsführung in der kinderlosen Ehe – begründeten nachehelichen Solidarität nach inzwischen rund 25jähriger Distanz zur Ehe und ebenso lang währender Unterhaltszahlung weithin verwirklicht. Auch habe die vorwiegend durch die Betreuung und Erziehung des außerehelich geborenen Kindes geprägte weitere Lebensgestaltung der Ehefrau eine zunehmende Distanz zu den ehelichen Zusammenhängen zum Ausdruck gebracht. Zuletzt habe das Erreichen der Altersgrenze, welche typischerweise mit finanziellen Einbußen verbunden sei, eine weitere Zäsur markiert, die es jedenfalls seitdem als unbillig erscheinen lasse, den ehelichen Lebensstandard der Unterhaltsberechtigten auf Kosten ihres geschiedenen Ehemannes weiterhin fortzuschreiben.

Vielmehr sei – mit dem Oberlandesgericht – eine Herabsetzung des Unterhalts trotz fortbestehender Leistungsfähigkeit des Ehemanns und auch unter Ansehung der rund zehnjährigen Haushaltsführung durch die Ehefrau geboten.
Auch ein schützenswertes Vertrauen in den dauernden Fortbestand der titulierten Unterhaltsregelung habe nicht bestanden.