Das Oberlandesgericht Hamm befand in seinem Beschluß vom 19.07.2011 ( 13 UF 3/11), daß die Aufnahme und Aufrechterhaltung einer ehewidrigen Intimbeziehung eines Ehegatten in der Gesamtschau der besonderen Gegebenheiten ein einseitiges, subjektiv vorwerfbares Fehlverhalten von solchem Gewicht darstellen könne, daß jedweder Unterhaltsanspruch vollständig verwirkt sei.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Eheleute hatten einen gemeinsamen Freund, der sich in finanziellen Nöten befand, in ihren Haushalt aufgenommen. Die Ehefrau begann mit diesem Freund ein heimliches außereheliches Verhältnis. Dabei nutzen beide die häufige berufliche Abwesenheit des Ehemannes (Fernfahrer) aus. Nach Entdeckung wurde die Beziehung offen im Haushalt fortgesetzt.

Das Oberandesgericht Hamm sah in dem Verhalten der Ehefrau ein objektiv schwerwiegendes Fehlverhalten, nach dem gem. § 1579 Nr. 7 BGB jegliche Trennungsunterhaltsansprüche verwirkt seien.

Der Senat berücksichtigte dabei, daß keineswegs jede ehewidrige Beziehung geeignet sei, einen Trennungsunterhaltsanspruch auszuschließen. Eine wertende Gesamtbetrachtung der besonderen Gegebenheiten des vorliegenden Falles lasse aber das Verhalten der Ehefrau bei Aufnahme und Fortsetzung der Beziehung – die während des fraglichen Zeitraums Dezember 2008 bis Februar 2009 fortbestanden habe und im übrigen sogar durchgehend bis heute fortbestehe – in einem Maße ehewidrig und vorwerfbar erscheinen, daß eine Inanspruchnahme des Antragsgegners auf Zahlung von Trennungsunterhalt unerträglich wäre.

Die Ehefrau habe durch ihre Zuwendung zu dem neuen Partner, der unstreitig ein langjähriger gemeinsamer Freund der Ehegatten gewesen sei und dem diese einige Zeit zuvor in einer finanziellen Notlage Unterkunft bei sich gewährt hätten, in einem besonders schwerwiegenden Maße das eheliche Vertrauen und die Grundsätze der ehelichen Lebensgemeinschaft verletzt. Sie habe die langen berufsbedingten Abwesenheitszeiten des Antragsgegners zur Aufnahme der intimen Beziehung zu dem langjährigen gemeinsamen Freund ausgenutzt und die neue Beziehung – ihren eigenen Angaben in der Zeugenaussage zufolge – zunächst so lange wie möglich verheimlicht. Die heimliche Aufnahme einer Beziehung zu einem gemeinsamen Freund, dem zuvor wegen der freundschaftlichen Verbundenheit eine Unterkunft im ehelichen Anwesen gewährt worden sei, und die heimliche Fortsetzung dieser Beziehung würden objektiv eine besonders gravierende Verletzung des wechselseitigen Vertrauens der Eheleute darstellen. Die offene Fortsetzung dieser Beziehung unter dem gemeinsamen Dach nach deren Aufdecken durch den Antragsgegner verschärfe und unterstreiche weiter, daß die Ehefrau in keiner Weise auf die langjährige eheliche Verbundenheit zum Antragsgegner Rücksicht genommen habe. Das Ausleben und Führen der Beziehung zum neuen Partner vor den Augen des langjährigen Ehepartners, mit dem man seit Oktober 1980 verheiratet gewesen sei, und in einem auch von diesem weiterhin bewohnten Anwesen stehe in einem derart offensichtlichen Widerspruch zum Wesen der ehelichen Gemeinschaft, daß die Ehefrau nicht mehr verlangen könne, als Ausfluß der Ehe vom Antragsgegner, den sie durch die Umstände der neuen Beziehung geradezu lächerlich gemacht habe, finanziell unterstützt zu werden.

Ein Ehegatte könne sich nicht einerseits in eklatant rücksichtsloser, den anderen Ehegatten bloßstellender und verletzender Weise von der bisher gelebten Ehe distanzieren und dann andererseits aufgrund der Ehe Trennungsunterhalt verlangen. Das gelte jedenfalls in einer Konstellation wie der vorliegenden, in der nicht auf Belange aus der Ehe hervorgegangener minderjähriger Kinder Rücksicht genommen werden müsse.

Dabei ist zu beachten, daß ein nach § 1579 Nr. 7 BGB verwirkter Unterhaltsanspruch, anders als ein wegen Bestehens einer dauerhaften eheähnlichen Beziehung gem. § 1579 Nr. 2 BGB verwirkter Unterhaltsanspruch, nicht wieder aufleben kann.