Der Bundesgerichtshof entschied am 26.10.2011 (IV ZR 150/10; PM), daß der in Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 (NEhelG a.F.) festgeschriebene Ausschluß vor dem 1. Juli 1949 geborener nichtehelicher Kinder vom Nachlaß des Vaters für vor dem 29. Mai 2009 eingetretene Erbfälle weiterhin Bestand habe.
Der im Jahr 1940 nichtehelich geborene Kläger hatte im Wege der Stufenklage Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche aus dem Erbfall nach seinem im Jahr 2006 verstorbenen Vater geltend gemacht.
Die Beklagte, eine eheliche Tochter des Erblassers, war dessen durch Testament bestimmte Alleinerbin.
Bis zum 30. Juni 1970 galten ein nichteheliches Kind und sein Vater nicht als verwandt. Daher fand insofern eine gesetzliche Erbfolge nicht statt. Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG a.F. hielt diesen Ausschluß zum Nachteil vor dem 1. Juli 1949 geborener nichtehelicher Kinder aufrecht. In einer Entscheidung vom 28. Mai 2009 (Beschwerde Nr. 3545/04) hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jedoch festgestellt, dies könne das auch nichtehelichen Kindern zustehende Recht auf Achtung ihres Familienlebens aus Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) beeinträchtigen und diskriminierend sein (Art. 14 EMRK). Mit Blick hierauf hob der deutsche Gesetzgeber im April 2011 die Stichtagsregelung in Art. 12 § 10 Abs. 2 NEhelG a.F. – rückwirkend – für ab dem 29. Mai 2009 eingetretene Erbfälle auf.
Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Dagegen richtete sich die Revision des Klägers. Diese wies der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 26.10.2011 zurück.
Die Aufrechterhaltung der Regelung des Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG a.F. für vor dem 29. Mai 2009 eingetretene Erbfälle verstoße weder gegen Art. 6 Abs. 5 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Die begrenzte Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung und die damit weiterhin bestehende Benachteiligung vor dem 1. Juli 1949 geborener nichtehelicher Kinder sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt und daher nicht zu beanstanden. Der deutsche Gesetzgeber habe insbesondere dem grundgesetzlich geschützten Vertrauen von Erblassern und deren bisherigen Erben in die Beibehaltung von Art. 12 § 10 Abs. 2 Satz 1 NEhelG a.F. entscheidende Bedeutung beimessen dürfen. Erst mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, daß diese Regelung gegen Art. 8 Abs. 1, 14 EMRK verstoße, sei ein solches Vertrauen in einen Ausschluß nichtehelicher Kinder eines männlichen Erblassers von dessen Erbe nicht mehr berechtigt gewesen.
Auch eine Berücksichtigung der genannten Garantien der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten selbst führe zu keiner anderen Beurteilung der Entscheidung des Gesetzgebers. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lasse sich vielmehr entnehmen, daß der Gesetzgeber nicht verpflichtet gewesen sei, die Rechtslage auch für die Zeit vor Verkündung der Entscheidung vom 28. Mai 2009 zu ändern.
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