In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln  ging es um die Frage, ob ein Gerichtsvollzieher den Wert einer gepfändeten Sache durch einen Sachverständigen schätzten lassen müsse, weil es sich um eine Kostbarkeit handele.

Das Oberlandesgericht befand, der Gerichtsvollziehr müsse jedenfalls ein Ermessen pflichtgemäß ausüben. Bloße Zweifel über das Vorliegen einer Kostbarkeit begründeten dabei noch keine dahingehende Verpflichtung der Schätzung durch einen Sachverständigen. In dem Fall ging es ferner u. a. um ein Möbelstück (hier Stollenschrank aus dem 18. Jahrhundert) und die weitere Frage, ob ausreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Kostbarkeit gegeben gewesen seien. Dies sah das Oberlandesgericht allerdings schon so.

Der Senat folgte dem Landgericht zunächs darin, daß ein Obergerichtsvollzieher bei der konkreten Wertermittlung der am 30. Dezember 1983 in den Räumlichkeiten der Klägerin gepfändeten Gegenstände keine Amtspflichten verletzt habe. Ausgenommen hiervon se allein der sogenannte Stollenschrank.

Insofern hätte für den Gerichtsvollzieher begründeter Anlaß bestanden, einen Sachverständigen zur Schätzung dessen Wertes hinzuzuziehen. Die amtspflichtwidrig unterlassene Maßnahme habe dazu geführt, daß der Stollenschrank weit unter seinem Verkehrswert versteigert worden sei. Als Anstellungskörperschaft hafte deshalb das beklagte Land gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG für den der Klägerin dadurch erwachsenen Schaden.

Die für den Gerichtsvollzieher im Zusammenhang mit der Wertschätzung gepfändeter Gegenstände bestehenden Handlungspflichten ergäben sich aus § 813 ZPO. Danach habe er die Schätzung des Wertes in der Regel selbst vorzunehmen (§ 813 Abs. 1 S. 1 ZPO); nur bei Kostbarkeiten soll er einen Sachverständigen hinzuziehen (§ 813 Abs. 1 S. 2 ZPO). Der innere Grund für diese Regelung liege erkennbar darin, daß die Schätzung von Kostbarkeiten intensivierte und spezialisierte Warenkenntnisse voraussetze, die von einem Gerichtsvollzieher trotz seiner Berufsausbildung und -erfahrung im allgemeinen nicht erwartet werden könnten, und deshalb die Gefahr besonders groß sei, daß es zu Lasten der Verfahrensbeteiligten zu Fehleinschätzungen komme. Ob eine Kostbarkeit vorliege, beurteile dabei der Gerichtsvollzieher nach pflichtgemäßem Ermessen. Ergäben sich hierfür bei pflichtgemäß vorgenommener Prüfung ausreichende Anhaltspunkte, so habe der Gerichtsvollzieher einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Bloße Zweifel über das Vorliegen einer Kostbarkeit lösten allerdings entgegen der Auffassung der Klägerin eine dahingehende Verpflichtung noch nicht aus.

Ebensowenig leite sich daraus, daß unter den gepfändeten Gegenständen einzelne Gegenstände unzweifelhaft eine Kostbarkeit seien, die Verpflichtung her, sämtliche Gegenstände einer sachverständigen Prüfung zu unterziehen. Vielmehr sei bei jedem gepfändeten Gegenstand das Vorliegen einer Kostbarkeit selbständig zu prüfen.

Bei Anlegung dieser Maßstäbe habe der Gerichtsvollzieher ihm obliegende Amtspflichten – den Stollenschrank ausgenommen – nicht verletzt.

Dabei könne offen bleiben, ob sich unter den von ihm gepfändeten Gegenständen überhaupt – den Stollenschrank immer ausgenommen – Kostbarkeiten befunden hätten. Genaue Kriterien, wann ein Gegenstand eine Kostbarkeit sei, ließen sich nicht aufstellen. Vielmehr sei es stets von der Beurteilung des konkreten Gegenstandes abhängig, ob eine Kostbarkeit vorliege. Soweit es, wie hier, um Möbel, Porzellan und Glas gehe, sei für die Bewertung als Kostbarkeit neben dem Alter, der künstlerischen Gestaltung und dem Seltenheitsgrad insbesondere der Erhaltungszustand von besonderer Bedeutung. Dieser könne letztlich so sein, daß der Gegenstand jede Marktgängigkeit verliere.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme könne unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der Pfändung gegebenen Begleitumstände nicht festgestellt werden, daß sich erkennbar Kostbarkeiten unter dem Pfandgut befunden hätten.

Als Kostbarkeit erkennbar sei hingegen der sogenannte Stollenschrank (vgl. Bild Nr. 80 und das in dem Begleitheft abgebildete Vergleichsstück aus dem Museum in St. Petersburg in Hülle Bl. 711 d.GA) gewesen. Dies ergäbe sich aus dem Alter (nach Feststellungen der Sachverständigen E.: 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts), der künstlerischen Gestaltung (gedrechseltes Schrankuntergestell, Schildpattfurnier, Elfenbeinintarsien) und vor allem aus dem, wie die Ersteigerin bekundet habe, unversehrten Zustand.

Selbst wenn der Stollenschrank, was zu Gunsten des beklagten Landes unterstellt werden solle, verstaubt oder sogar stark verschmutzt gewesen sein sollte und sich überdies längst nicht so präsentabel gezeigt habe, wie auf dem Jahre zuvor gemachten Foto, so habe sich dem Gerichtsvollzieher bei der von ihm zu fordernden sorgfältigen Prüfung des Pfandgegenstandes aufdrängen müssen, daß er eine wertvolle Antiquität vor sich hatte. Hierfür hätten insbesondere die Art der Verarbeitung mit Schildpatt, Elfenbeinintarsien und gedrechselten Füßen gesprochen. Dies alles habe auf eine schon außergewöhnliche handwerkliche Kunstfertigkeit sowie auf einen gewissen Seltenheitsgrad hingewiesen. Dies habe dem Gerichtsvollzieher, der von Berufs wegen mit der Pfändung und Versteigerung von Mobiliar häufig befaßt sei, nicht verborgen geblieben sein können.

Nach Art und Zustand des Stollenschrankes hätten sonach ausreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Kostbarkeit bestanden. Von einem Gerichtsvollzieher könne zwar nicht das Fachwissen eines Antiquitätenhändlers erwartet werden. Er müsse aber zumindest imstande sein, die Einordnung eines Gegenstandes als (wertvolle) Antiquität vorzunehmen.

Der Gerichtsvollzieher habe es mithin verabsäumt, den Stollenschrank einer genauen Prüfung darauf zu unterziehen, ob er eine Kostbarkeit vor sich habe.