Das Oberlandesgericht Düsseldorf machte in seinem Beschluß vom 13.07.2011 (I-3 Wx 124/11) deutlich, daß schon die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen im Sinne der Pflichtteilsstrafklausel („Sollten die Kinder … nach dem Tode ihres Vaters als Erstversterbenden Pflichtteilsansprüche geltend machen, so sollen sie nach dem Tode des Letztversterbenden von uns ebenfalls nur pflichtteilsberechtigt sein, …“) ein entsprechendes ernsthaftes Verlangen des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben bedeuten würde und es nicht dessen erfolgreiche, womöglich gerichtliche Durchsetzung bedürfe oder eine wirksame Ausschlagung des Nacherben erfordere.

Verwirkungsklauseln – so das Oberlandesgericht – würden eine unerwünschte Pflichtteilsforderung beim ersten Erbfall sanktionieren, um sicher zu stellen, daß dem überlebenden Ehegatten bis zu seinem Tod der Nachlaß ungeschmälert und ungestört verbleibe und daß nicht einer der Abkömmlinge bei der Verteilung des elterlichen Gesamtnachlasses bevorteilt werde. Ihre rechtliche Wirksamkeit werde allgemein nicht in Zweifel gezogen. Nur wenn sie zu weit gehen würde, könnten §§ 134, 138 BGB zu ihrer Nichtigkeit führen.

Eine solche Pflichtteilsklausel könne auch Kinder aus früheren Ehen betreffen, die nur gegenüber einem der testierenden Ehegatten pflichtteilsberechtigt seien.

Bestehe die Rechtsfolge eines Verstoßes in dem Verlust der testamentarischen Zuwendung beim zweiten Erbfall, sei die Einsetzung zum Schlußerben unter eine auflösende Bedingung für den Fall des Pflichtteilsverlangens nach dem Erstversterbenden gestellt.

Die Pflichtteilsklausel werde durch das bewußte Geltendmachen des Pflichtteils in Kenntnis der Klausel ausgelöst.

Welches Verhalten im Einzelfall ausreiche, sei mit der Klausel allerdings noch keineswegs eindeutig festgelegt und richte sich nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen des Testierenden.

Im Allgemeinen – so auch hier – sei aus der objektivierten Sicht des Erblassers davon auszugehen, daß der Erblasser mit der Sanktionsklausel seinen überlebenden Ehegatten nicht nur vor einer vorzeitigen Schmälerung der als Einheit gesehenen Erbmasse oder Gefahr einer solchen habe schützen wollen, sondern ihm auch und gerade die persönlichen Belastungen habe ersparen wolleb, die mit einer Auseinandersetzung mit dem (angeblich) Pflichtteilsberechtigten regelmäßig verbunden seien.

Die Beteiligte zu 2 habe ihren Pflichtteil nach dem Erblasser im Rechtssinne geltend gemacht und hierdurch ihre Stellung als (Nach-) Erbin des letztversterbenden Ehegatten verwirkt.

Dies erfordere – wie das Nachlaßgericht zu Recht ausgeführt habe – nicht mehr als ein ernsthaftes Verlangen des Pflichtteils gegenüber dem Erben, nicht dessen (erfolgreiche, womöglich gerichtliche) Durchsetzung oder die Ausschlagung des Nacherbes.

So habe die Beteiligte zu 2 nach dem Tod ihres Vaters durch Anwaltsschreiben vom 14. Juni 2005 der Vorerbin, ihrer Stiefmutter, mitgeteilt, daß ihr ein Pflichtteils- und womöglich auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zustehe, auf die Auskunftspflicht als Erbin hingewiesen, einen Vordruck zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses übersandt, um Erteilung des Verzeichnisses bis zum 04. Juli 2005 und Beibringung eines Sachverständigengutachtens über den Wert des Grundbesitzes bis zum 31. August 2005 gebeten; sodann habe sie mit Anwaltsschrift vom 09. Juni 2006 den bevollmächtigten Anwälten der Vorerbin mitteilen lassen, sie habe sich nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, die Erbeinsetzung als Nacherbin auszuschlagen und ihren Pflichtteilsanspruch geltend zu machen; die Ausschlagungserklärung werde in Kürze dem Nachlassgericht übersandt; es werde um Mitteilung gebeten, ob und wann die Vorerbin bereit und in der Lage sei, den Pflichtteil auszuzahlen.

Dieser durchaus von einer gewissen Ernsthaftigkeit und Intensität gekennzeichneten Interessenwahrung habe die Vorinstanz nach den vorangegangenen Ausführungen zu Recht die Bedeutung einer Geltendmachung des Pflichtteils im Rechtssinne beigemessen. Daß die Beteiligte zu 2 ihr Nacherbe letztlich nicht ausgeschlagen habe, sei in diesem Zusammenhang ohne Belang.

Damit aber sei die Bedingung (vgl. § 2075 BGB) für den Fortfall der Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2 eingetreten, mit der Folge, daß ihre Erbansprüche aus dem gemeinschaftlichen Testament verwirkt seien, weil sie den Pflichtteil nach ihrem verstorbenen Vater gegenüber der Vorerbin als überlebenden Ehegatten – Gegenteiliges behaupte die Beteiligte zu 2 nicht – bewußt in Kenntnis der Pflichtteilsklausel aus dem gemeinschaftliches Testament vom 07. Mai 1996 geltend gemacht habe.

Hiernach habe das Amtsgericht – Nachlaßgericht – die zur Erteilung des von dem Beteiligten zu 1 nachgesuchten Erbscheins erforderlichen Feststellungen zu Recht getroffen und sei das hiergegen gerichtete Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 zurückzuweisen.