Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte durch seinen Beschluß vom 31.05.2006 (5 WF 113/06) die Entscheidung des Familiengerichts auf vorläufige Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (als Teil der elterlichen Sorge) für das noch minderjährige (am 5.7.1992 geborene) Kind L und Übertragung desselben auf das Jugendamt  und Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrecht ebenfalls auf das Jugendamt für das weitere Kind O (geboren am 30.9.1994) und führte aus, konkrete Anhaltspunkte für ein entsprechendes Erziehungsfehlverhalten der Kindesmutter würden sich sich sowohl aus den Bekundungen des – seit Dezember 2005 von ihr getrennt lebenden – Lebensgefährten, Herrn T, als auch aus den Berichten des zuständigen Jugendamts und den Äußerungen der Kinder gegenüber dem Jugendamt und dem Gericht ergeben.

Der Lebenspartner und die Kinder hätte übereinstimmend berichtet, daß es mehrfach zu unkontrollierten Wutausbrüchen der Kindesmutter gegenüber Herrn T und dessen leiblichen Sohn O gekommen sei, die kurz nach Weihnachten 2005 darin gegipfelt hätten, daß sie die Weihnachtsgeschenke des Sohnes zerstört und den Weihnachtsbaum aus dem Fenster geworfen haben soll.

Außerdem soll sie am 8.1.2006 im Beisein des Kindes L, mit einem Messer in der Hand, damit gedroht haben, sich die Pulsadern aufzuschneiden.

Das beschriebene Verhalten der Mutter habe dazu geführt, daß sie sich mehrfach in geschlossener psychiatrischer Behandlung befunden habe und beide Kinder mittlerweile den Kontakt zu ihr verweigern würden.

Ob diese – von der Kindesmutter im wesentlichen bestrittenen – Vorwürfe gegen sie berechtigt seien und ob es sich dabei gegebenenfalls nur um einen vorübergehenden Zustand handele, d. h. die Mutter in der Lage sei ihr Verhalten dauerhaft zu kontrollieren und kindgerecht auszugestalten, müsse der Überprüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Jedenfalls sei aus derzeitiger Sicht eine fortwirkende Gefährdung der Kinder im mütterlichen Haushalt nicht auszuschließen.

Unter den vorliegenden Umständen sei die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Familiengericht auch verhältnismäßig i. S. d. § 1666a I BGB, zumal es sich dabei nur um eine vorübergehe Maßnahme handele und vor vollständiger Aufklärung des Sachverhalts nicht beurteilt werden könne, ob und gegebenenfalls welche alternativen Maßnahmen in Betracht kommen würden, um eine mögliche (und derzeit wahrscheinliche) Gefährdung für die Kinder abzuwenden.

Die zum Zeitpunkt des Erlasses der vorläufigen Maßnahme vorliegenden Umstände hätten sich – entgegen der Ansicht der Kindesmutter – auch nicht durch die Vorlage des Sachverständigengutachtens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Hr. X, maßgeblich verändert. Wie das Familiengericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom zurecht festgestellt habe, führe das Ergebnis des Gutachtens nicht zu einer abweichenden Beurteilung der, dem Beschluß zugrundeliegenden Sach- und Rechtslage. Der Sachverständige habe lediglich festgestellt, daß die Kindesmutter nicht an einer psychiatrischen Erkrankung (insbesondere an einer Schizophrenie oder Persönlichkeitsstörung) leidee, die einer Rückführung der Kinder in ihren Haushalt entgegenstehe, sondern daß die beschriebenen depressiven Symptome und aggressiven Verhaltenseisen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einer extremen (individuellen) psychischen Belastungssituation beruhen würden, die als Folge der Trennung der Kindesmutter von ihrem Lebenspartner entstanden sei. Diese Belastungssituation bestehe aber weiterhin, ebenso wie die vom Sachverständigen festgestellte Neigung der Mutter zu aggressiven Impulsdurchbrüchen.

Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, daß beide Kinder seit spätestens Mitte Januar 2006 nicht mehr im mütterlichen Haushalt leben würden und daß es grundsätzlich nicht ihrem Wohl entspräche, die bereits vollzogene einstweilige Anordnung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht ohne schwerwiegende Gründe abzuändern. Das würde einen erneuten Ortswechsel der Kinder für den (regelmäßig nur kurzen) Zeitraum bis zum Erlass der Entscheidung des Familiengerichts in der Hauptsache zur Folge haben, ohne daß bei ihnen Gewißheit darüber bestehe, wo sie in Zukunft leben sollten. Eine solche Maßnahme sei ihnen aber – vor dem Hintergrund der bisherigen Spannungen, denen sie ausgesetzt waren – nicht ohne weiteres zuzumuten.

Beide Kinder hätten sich, sowohl gegenüber dem Jugendamt, als auch in ihrer Anhörung vor dem Familiengericht eindeutig und nachvollziehbar gegen einen derzeitigen Wechsel in den mütterlichen Haushalt ausgesprochen. Insbesondere L habe als Begründung für den von ihr geäußerten Willen den angedrohten Selbstmordversuch der Kindesmutter und ihre Befürchtung angegeben, diese könnte sie dazu mißbrauchen, den Kontakt zu Herrn T wiederherzustellen.

Bei dem Alter des Kindes (von heute 13 Jahren) und den von ihr vorgebrachten Argumenten, könne ohne weiteres von der Ernsthaftigkeit und Beachtlichkeit ihrer Willensbildung ausgegangen werden. Hinzu komme, daß die Kindesmutter schon aufgrund der trennungsbedingten Belastungssituation derzeit nicht in der Lage sei, kontinuierlich für die Kinder zu sorgen. Sie sei in den letzten Monaten wiederholt in stationärer psychiatrischer Behandlung gewesen. In dieser Zeit habe L vielfach bei wechselnden Personen untergebracht und von diesen betreut werden müssen. Auf diese Weise kann die erforderliche Erziehungskontinuität nicht gewährleistet werden.

Soweit sich die Kindesmutter mit ihrer Beschwerde gegen die – vom Jugendamt veranlaßte – Unterbringung der Kinder im Haushalt des ehemaligen Lebensgefährten, Herrn T, wende, bestehe ebenfalls kein Anlaß, zur Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, daß dieser nicht in der Lage sei, den regelmäßigen Schulbesuch der Kinder sicherzustellen oder ihnen in der Erziehung die erforderlichen Grenzen zu setzten, bestünden nicht. Die dahingehenden Feststellungen des Sachverständigen Facharztes X seien als Nachweis für angebliche Erziehungsdefizite des Herrn T nicht geeignet, da sie ausschließlich auf den Angaben der Kindesmutter beruhen würden. Die beengte Wohnsituation der Kinder im Haushalt des Herrn T (45 qm für 3 Personen) stelle nur einen vorübergehenden und daher hinnehmbaren Zustand bis zur Entscheidung in der Hauptsache dar. Einem vorübergehenden Aufenthalt von L im Haushalt der Großeltern stehe der geäußerte Kindeswille entgegen. Letztlich entspreche der Aufenthalt der Kinder beim ehemaligen Lebensgefährten der Mutter auch dem übereinstimmenden Vorschlag des zuständigen Jugendamts und der Verfahrenspflegerin.