In einem anderen mittlerweile ebenfalls beim Amtsgericht – Familiengericht – Marl rechtshängigen Verfahren erstrebte der Unterhaltsschuldner die Feststellung, daß sein Widerspruch gegen die von den Antragstellern zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung auf rückständigen Kindesunterhalt begründet sei, soweit die Forderung auf den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gestützt worden sei.

Mit der angefochtenen Entscheidung hatte nun das Amtsgericht den Antrag der Unterhaltsgäubiger auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§§ 113 I 1, 2 FamFG, 114 ZPO) zurückgewiesen. Es war der Ansicht, für ihren Antrag auf Feststellung des Bestehens einer Forderung aus unerlaubter Handlung fehle das Rechtschutzbedürfnis, da bereits ein negativer Feststellungsantrag des Antragsgegners mit identischem Verfahrensgegenstand anhängig sei.

Das Oberlandesgericht befand zwar in seinem Beschluß vom 07.07.2011 (II-2 WF 286/10), daß es an einem Rechtsschutzbedürfnis für den Feststellungsantrag der Antragsteller fehle, wies den Antrag aber zurüc, da die Unterhaltsgläubiger nicht schlüssig dargelegt hätten, daß die Nichtbefriedigung ihrer titulierten Unterhaltsansprüche in der Vergangenheit auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Antragsgegners i. S. d. § 302 InsO beruht habe.

Die im Jahr 2007 titulierten Ansprüche der Antragsteller auf Zahlung von Kindesunterhalt beruhten nicht auf einer unerlaubten Handlung.

Der Rechtsgrund der unerlaubten Handlung könne daher nur dadurch erfüllt sein, daß sich der Antragsgegner nachträglich der Erfüllung seiner – titulierten – Unterhaltsverpflichtung entzogen habe.

Für die Feststellung einer nachträglichen Erfüllung des Tatbestandes der unerlaubten Handlung wegen Verletzung der Unterhaltspflicht (§§ 823 II BGB, 170 StGB) treffe die Antragsteller – als Gläubiger der Forderung – die Darlegungs- und Beweislast. Sie müßten im einzelnen darlegen und beweisen, daß sich der Antragsgegner vorsätzlich seiner Unterhaltspflicht entzogen habe, obwohl er dazu in der Lage gewesen sei, den titulierten Unterhalt zu leisten und daß ihnen dadurch ein Schaden in Höhe der geltend gemachten rückständigen Unterhaltsforderung entstanden sei. Stehe der objektive Tatbestand einer Unterhaltspflichtverletzung fest, obliege es dem Antragsgegner als Schuldner der Forderung – von den Antragstellern zu widerlegende – Tatsachen vorzutragen, die die Annahme rechtfertigen würden, daß er nicht vorsätzlich gehandelt habe.

Die Verletzung der Unterhaltspflicht setze das materiell-rechtliche Bestehen einer Unterhaltspflicht voraus. Habe eine solche Pflicht bestanden und sei sie nachträglich weggefallen, komme eine Verletzung der Unterhaltspflicht auch dann nicht in Betracht, wenn die Höhe des geschuldeten Unterhalts rechtskräftig tituliert sei.

Das Bestehen einer Unterhaltspflicht setze die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus (§ 1603 I BGB). Ausnahmsweise könne auch bei tatsächlicher Leistungsunfähigkeit eine Unterhaltspflicht bestehen, wenn der Unterhaltsschuldner gegen seine, sich aus § 1603 II 1 BGB ergebende Obliegenheit, alle verfügbaren Mittel zur Deckung des Mindestkindesunterhalts einzusetzen, verletze, wozu auch die Ausnutzung seiner Arbeitskraft gehöre. Unterlasse er es, sich in ihm zumutbaren Maße um den Erhalt einer geeigneten Arbeitsstelle zu bemühen und könne davon ausgegangen werden, daß er bei ausreichenden Erwerbsbemühungen eine entsprechende Anstellung gefunden hätte, sei er in dem Umfang als leistungsfähig zu behandeln, in dem er zur Deckung des Mindestkindesunterhalts verfügbares Einkommen ohne Gefährdung seines eigenen notwendigen Selbstbehalts verdienen könnte.

Aus dem Sachvortrag der Antragsteller ergebe sich nicht, in welchem konkreten Zeitraum der Antragsgegner seine Unterhaltspflicht verletzt haben solle. Sie hätten auch keine Angaben zum Einkommen des Antragsgegners gemacht, aus welchen auf seine Leistungsfähigkeit habe geschlossen werden können. Soweit sie sich darauf berufen würden, der Antragsgegner habe seine Erwerbsbemühungen in einem nicht näher genannten Zeitraum nicht dargelegt, reiche das nicht aus, um eine Leistungsfähigkeit des Antragsgegners in einer bestimmten Höhe fingieren zu können. Insoweit fehle es an konkreten Angaben zu den Umständen, aus denen sich eine Erwerbsobliegenheit des Antragsgegners ergibt (z. B.: Arbeitslosigkeit über einen längeren Zeitraum), sowie an einem nachvollziehbaren Sachvortrag zur Höhe der erzielbaren Einkünfte.

Da aufgrund der Angaben der Antragsteller schon das Vorliegen einer materiell-rechtlichen Unterhaltspflicht nicht festgestellt werden könne und keine konkreten Angaben zur Art der Verletzungshandlung und zum Zeitraum der Verletzung gemacht worden seien, könne auch das Vorliegen einer Unterhaltspflichtverletzung nicht festgestellt werden.

Hinzu komme, daß die Antragsteller den ihnen aus der behaupteten Unterhaltspflichtverletzung entstandenen Schaden nicht hinreichend beziffert hätten. Als Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung kämen nur Schadensersatzansprüche i. S. d. § 823 ff. BGB in Betracht. Die in der Anmeldung zur Insolvenztabelle genannte Schadenssumme decke sich jedoch nicht mit der der Anmeldung beigefügten Forderungsaufstellung.

Letztlich fehlten auch hinreichende Angaben der Antragsteller zum Vorsatz des Antragsgegners. Mangels Darlegung der konkreten Art der Verletzungshandlung könne nicht festgestellt werden, daß der Antragsgegner in einem konkret zu benennenden Zeitraum zumindest billigend in Kauf genommen habe, seine Unterhaltspflicht zu verletzen. Auf den fehlenden Sachvortrag des Antragsgegners zur Art seiner Erkrankung und zu den Auswirkungen auf seine Erwerbsfähigkeit komme es unter diesen Umständen nicht an.