Mit Blick auf die in unserem heutigen Blogbeitrag vorgestellte Entscheidung des BGH vom 09.01.2002 (XII ZR 58/00) schließt sich die weitere interessante Frage an, was eigentlich mit der zweiten Ehe geschieht, wenn die zweite Heirat erfolgte, als die erste Ehe noch Bestand hatte, und dann (vor Beendigung der zweiten Ehe) die erste Ehe rechtskräftig geschieden wurde.
Grundsätzlich wird man vielleicht sagen müssen, daß eine bigamische Ehe nur mit den gesetzlichen Ausnahmefällen heilbar ist, also u. a. dann, wenn die frühere Ehe bereits vor Schließung der Zweitehe geschieden oder aufgehoben wurde, das Scheidungs- oder Aufhebungsuteil aber erst danach rechtskräftig wird, so daß dann die Zweitehe nach dem Eintritt der Rechtskraft nicht mehr aufhebbar ist (vgl. § 1315 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Eine nachträgliche, das heißt, nach der zweiten Eheschließung erfolgte Ehescheidung der ersten Ehe dürfte damit grds. keine Heilung der zweiten Eheschließung bewirken. Man müßte also sagen: Dann heiratet eben noch einmal! Und wenn die Parteien dieses eventuelle Erfordernis nicht sehen?
Ein schutzwürdiges Interesse – bezogen auf den Monogamiegrundsatz – an einer ex nunc – also für die Zukunft wirkenden Auflösung der zweiten Ehe kann doch eigentlich nur so lange gesehen werden, so lange die erste Ehe noch besteht.
Könnte es sich nicht etwa auch um eine unzulässige Rechtsausübung handeln, wenn der zweite Ehegatte, wir unterstellen einmal, seit einigen Jahren verheiratet, die Ehefrau war quasi nur Hausfrau und es seien aus der Ehe sogar Kinder hervorgegangen und vielleicht in Kenntnis der Aufhebungsmöglichkeit die Ehe fortsetzt, nun im Falle der Trennung „einfach“ die Aufhebung der Ehe statt die Scheidung der Ehe verlangt?
Eine Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände, wie es wohl die Aufhebungsmöglichkeit bewirken soll, ist doch gerade nicht mehr notwendig. Die Auflösung könnte nur noch eine Bestrafung für den bei der Eheschließung begangenen Verstoß darstellen. Das Recht der fehlerhaften Ehe soll aber eigentlich nicht sanktionieren, sondern lediglich helfen, einen rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.
Hier ist insbesondere § 1315 Abs. 2 Ziff. BGB zu beachten, wobei eine Aufhebung u. a. ausgeschlossen ist, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung mindestens 5 Jahre zusammengelebt haben.
Und einen Schutz gibt es ferner bzgl. der Folgen der Aufhebung gemäß § 1318 BGB und den entsprechenden Gesetzesanwendungen.
Gleichwohl bleibt zu hinterfragen, ob Lücken verbleiben, die von dem Gesetzgeber nicht gesehen wurden, mithin planwidrig sind und so durch gesetzteskonforme Auslegung geschlossen werden sollten bzw. werden dürfen, so daß die zweite Ehe vom Zeitpunkt der Rechtskraft der ersten Ehescheidung als gültg anzusehen ist?
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