Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 09.01.2002 (XII ZR 58/00) mit einem – von keinem der Parteien allerdings beasichtigten – Fall einer Bigamie zu befassen.

Im einzelnen war es so, daß die Parteien, beide russische Staatsanghörige im heutigen Rußland im Jahre 1984 die Ehe geschlossen hatten, die in Abwesenheit des Ehemannes 1995 in Moskau geschieden worden war. Sodann heiratete die Ehefrau Ende 1995 erneut und zwar einen Deutschen vor einem deutschen Standesamt, mithin nach deutschem Eherecht. Aufgrund eines Rechtsmittels des ersten Ehemannes wurde sodann das Scheidungsurteil augehoben und sodann 1996 aber erneut geschieden und die vormalige standesamtliche Eintragung der ersten Ehescheidung für unwirksam erklärt. Mithin war die Ehefrau als bei ihrer zweiten Eheschließung mit ihrem ersten Ehemann noch rechtskräfitg verheiratet gewesen. Der erste Ehemann, der sich immer gegen die Scheidung gewandt hatte, verlangte nun mit Blick auf die sich darsellende Bigamie die Aufhebung der zweiten Ehe. Mit diesem Antrag obsiegte er in erster und zweiter Instanz, allerdings nicht in dem Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof.

Der BGH führte aus, daß sich Mit dem Eheschließungsrechtsgesetz die Rechtslage dahingehend verändert habe, daß an die Stelle der bisher möglichen Nichtigerklärung einer bigamischen Ehe die bloß ex nunc wirkende Aufhebung einer solchen Ehe getreten sei (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2001 aaO) (also nur mit Wirkung für die Zukunft und nicht rückwirkende Gesamtunwirksamkeit).

Dieses gewandelte Rechtsverständnis habe zwar nicht dazu geführt, einem Ehegatten generell ein schutzwürdiges Interesse an der Beseitigung der von seinem Ehegatten eingegangenen bigamischen Ehe abzusprechen sei. Auch mit der nur ex nunc wirkenden Aufhebung der bigamischen Ehe werde nämlich das Spannungsverhältnis zwischen der bigamischen Ehe und der vorrangig den Schutz des Art. 6 GG genießenden Erstehe aufgehoben und dem Grundsatz der Einehe Geltung verschafft. Dies gelte uneingeschränkt aber nur noch dann, wenn die erste Ehe im Zeitpunkt der Aufhebung der bigamischen Ehe noch bestehe; denn nur in diesem Falle werde mit der begehrten Aufhebung verhindert, daß die bigamische Ehe neben der Erstehe fortbestehe und die Rechte des Ehegatten aus der Erstehe schmälere. Sei die erste Ehe dagegen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufhebung der bigamischen Ehe bereits aufgelöst, könne ein in die Zukunft weisendes Ziel nicht mehr erreicht werden. Auch an der für die Vergangenheit bestehenden Konkurrenz zur Erstehe vermöge die nur noch ex nunc wirkende Aufhebung der bigamischen Ehe nichts mehr zu ändern; dem vom früheren Recht anerkannten Interesse des Ehegatten der ersten Ehe an der verbindlichen Feststellung, daß die während seiner Ehe geschlossene Zweitehe nichtig sei und seine eigene Ehe damit die allein gültige Ehe gewesen sei (Senatsurteil vom 18. Juni 1986 aaO), biete das neue Recht nicht länger Raum.
Die nur in die Zukunft reichende Wirkung der Aufhebung hindere zwar nicht generell die Möglichkeit, eine bigamische Ehe auch dann noch aufzuheben, wenn die Erstehe bereits aufgelöst sei. Ein Aufhebungsantrag des Ehegatten der Erstehe könne sich in solchem Falle aber nicht allein auf das – in erster Linie von der zuständigen Verwaltungsbehörde unter Abwägung der in § 1316 Abs. 3 BGB genannten Belange zu wahrende – öffentliche Interesse an der Sanktionierung von Verstößen gegen das Verbot der Mehrehe stützen. Er setze vielmehr die Geltendmachung eigener Belange des früheren Ehegatten voraus, die sein objektives Interesse an der Aufhebung der bigamischen Ehe begründen und sich auch gegenüber Belangen der Ehegatten der bigamischen Ehe und etwaiger aus ihr hervorgegangener Kinder als schutzwürdig erweisen würden.

Daran fehle es im vorliegenden Fall. Der Antragsteller, der sich offenbar vehement gegen die Scheidung seiner Ehe mit der Antragsgegnerin zu 1 zur Wehr gesetzt habe, habe keine eigenen objektiven Interessen vorgetragen, die auch noch nach der von ihm letztlich erfolglos bekämpften Scheidung seiner eigenen Ehe nunmehr eine Aufhebung der Ehe der Antragsgegner erforderten. Vermögensrechtliche, insbesondere renten- und versorgungsrechtliche Rechtsverhältnisse, deren verbindliche Klärung sogar im öffentlichen Interesse liege und die Beseitigung einer bigamischen Ehe auch nach Scheidung der Erstehe rechtfertigen könne (Senatsurteil vom 17. Januar 2001 aaO S. 686 f.), seien unter den Beteiligten nicht im Streit und würden durch eine Aufhebung der bigamischen Ehe – soweit ersichtlich – auch nicht berührt. Die Wahrung der staatlichen Ordnung und ihrer Eheverbote begründee, wie ausgeführt, für sich genommen ein eigenes Aufhebungsinteresse des Antragstellers nicht.

Das Berufungsurteil könne danach keinen Bestand haben. Der Senat sei in der Lage, selbst abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO), da weitere tatsächliche Feststellungen weder zu erwarten noch erforderlich seien. Da sich der Antrag auf Aufhebung der Ehe der Antragsgegner als unzulässige Rechtsausübung darstelle und deshalb unzulässig sei, seien sowohl das Berufungsurteil wie auch das die Eheaufhebung aussprechende Urteil des Familiengerichts aufzuheben und der Antrag auf Eheaufhebung zurückzuweisen.