In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf nahm eine Dachdeckerfirma die Eltern des zum Vorfallszeitpunkt fast 8jährigen Kindes auf Schadensersatz in Anspruch, da der Sohn der Beklagten mit einem Feuerzeug Dachmaterialien in Brand gesetzt haben soll.

Die Klägerin hatte zum Vorfallszeitpunkt Dachdeckerarbeiten durchgeführt und zu diesem Zweck Baumaterialien auf dem Schulhof gelagert. Den Brandschaden bzifferte die Klägerin mit 14.672,28 €.

Das Landgericht hatte der Klage als Vorinstanz stattgegeben und ausgeführt, daß auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme davon ausgegangen werden müsse, daß der Sohn der Beklagten die Baumaterialien der Klägerin in Brand gesetzt und damit widerrechtlich zerstört habe.

Die insoweit darlegungsbelasteten Beklagten hätten trotz Hinweises nicht ausreichend dargelegt, daß sie ihre Aufsichtspflicht gegenüber ihrem Sohn erfüllt hätten oder der Schaden auch bei gehöriger Erfüllung der Aufsichtspflicht eingetreten wäre. Sie hätten bereits nicht dargelegt, daß überhaupt irgendeine Art von Beaufsichtigung des Sohnes stattgefunden habe.

Zwar sei es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sich ein Kind im Grundschulalter in der Nähe seines Wohnhauses unbegleitet in ein ihm bekanntes Jugendzentrum begebe und dort unter Betreuung den Nachmittag verbringe. Erforderlich sei jedoch bei einem 7-8 jährigen, daß entweder eine durchgehende Betreuung durch das Jugendzentrum gewährleistet sei oder aber – im Fall dass diese fehle – ein zeitlicher Rahmen mit der Möglichkeit der Kontrolle durch die Eltern gesetzt worden sei. Eine ausreichende Wahrnehmung der elterlichen Aufsichtspflicht liege dann nicht vor, wenn das Grundschulkind, wenn auch teilweise unter Betreuung, im übrigen den ganzen Nachmittag sich selbst überlassen werde.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte in seinem Urteil vom 10.12.2009 (I-5 U 58/09)  die erstinstanzliche Entscheidung.

Die Haftung des Aufsichtspflichtigen nach § 832 Abs. 1 Satz 1 BGB – so das Oberlandesgericht – setze zunächst voraus, daß ein Minderjähriger oder eine sonstige in der Vorschrift genannte Person, für die kraft Gesetz eine Verpflichtung zur Aufsichtsführung bestanden habe, einem Dritten einen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe.

Daß der zum Zeitpunkt des in Rede stehenden Schadensereignisses fast 8 Jahre alte Junge noch der Beaufsichtigung bedurft habe und die Beklagten als deren Eltern als Ausfluß der Personensorge gemäß § 1626 BGB verpflichtet gewesen seien, stehe nicht in Zweifel.

Auf der Grundlage der landgerichtlichen Feststellungen sei weiter davon auszugehen, daß der Sohn der Beklagten der Klägerin widerrechtlich einen Schaden zugefügt habe, indem er das auf dem Schulhof gelagerte Baumaterial in Brand gesetzt und damit zerstört habe.

Welche Maßnahme der Aufsichtpflichtige im Rahmen seiner gesetzlichen oder durch Vertrag übernommenen Verpflichtungen zu ergreifen habe, um zu einer Entlastung zu gelangen, könne nur unter Würdigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles beurteilt werden.

Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gingen von dem Gedanken aus, daß sich der Umfang der gebotenen Aufsichtspflicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Minderjährigen richte. Bei einem normal entwickelten Kleinkind könnten – je nach Sachlage – eine Überwachung “ auf Schritt und Tritt“ oder eine regelmäßige Kontrolle, etwa in halbstündigen Abständen erforderlich sein. Grundsätzlich müsse aber Kindern im Alter von acht bis neun Jahren, wenn sie normal entwickelt seien, das Spielen im Freien ohne Aufsicht auch in einem räumlichen Bereich gestattet sein, der dem Aufsichtspflichtigen ein sofortiges Eingreifen nicht ermögliche. Dieser Maßstab finde aber keine Anwendung auf Kinder, bei denen davon auszugehen sei, daß sie sich den Belehrungen der Aufsichtspflichtigen verschließen würden, die Erfahrungen des Lebens mit seinen Gefahren nicht in sich aufnehmen und ihr Verhalten nicht im Allgemeinen altersentsprechend danach ausrichten würden.

Bei einer erheblich verringerten Einsichtsfähigkeit des Kindes, die es diesem aufgrund einer etwa gegebenen besonderen psychischen Situation nicht gestatte, die Gefährlichkeit des Zündelns zu erkennen und die ihm erteilten Belehrungen und Ermahnungen zu beachten, erfordere der Schutz Dritter eine besondere Überwachung; das gelte insbesondere, wenn eine Neigung des Kindes zum Zündeln oder zu sonstigen gefährlichen Streichen bekannt geworden sei.

Besondere Umstände könnten dazu führen, daß ein solches Kind auch nicht für fünf Minuten allein gelassen werden dürfe, also einer Aufsicht „auf Schritt und Tritt“ unterzogen werden müsse, mag eine solche auch schwer zu verwirklichen sein.

Nach diesen Maßstäben könne aus den nachfolgend dargelegten auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten nicht davon ausgegangen werden, daß sie ihren Aufsichtspflichten in hinreichender Form nachgekommen seien.

Es seien hohe Anforderungen an die Aufsichtspflicht der Eltern im Zusammenhang mit Zündmitteln in Bezug auf Kinder im Alter von 7 bis 8 Jahren gegeben, auch ohne besondere Auffälligkeiten und bei normaler Entwicklung. Dies beinhalte, daß es den Eltern obliege, zu verhindern, daß Kindern im elterlichen Haushalt in den Besitz von Streichhölzern oder sonstigen Zündmitteln gelangen würden. Hierzu gehöre, im Haushalt befindliche Streichhölzer so zu verwahren, daß Kinder dieses Alters sie nicht ohne weiteres erblicken und erreichen könnten.

Eine gesteigerte Aufsicht und eine besonders energische Überwachung sei dann von den Eltern zu verlangen, wenn es sich in Abweichung von der normalen Entwicklung bei dem fraglichen Kind (und Schädiger) um ein auffälliges, pädagogischen Maßnahmen und Einwirkungen nicht oder nur in beschränktem Maße zugängliches Kind gehandelt habe, und insbesondere wenn das Kind eine Zündelneigung besitze.