In dem Verfahren vor dem Landessozialgericht NRW – Urteil vom 19.09.2001 (L 17 U 106/07) – stritten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte das Ereignis vom 30. Januar 2005 als Arbeitsunfall anerkennen müsse.

Der im Mai 1953 geborene und am 13. September 2007 verstorbene Kläger war Produktionsleiter der Fa. O Film- und Fernsehproduktion GmbH & Co. KG  (Arbeitgeberin), einer Tochtergesellschaft des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF). Er arbeitete abends und an den Wochenenden selbstbestimmt in seiner privaten Zweizimmerwohnung, was nach seinen Angaben ca. 30% der Gesamtarbeitszeit ausmachte. Im „Wohn-Esszimmer“ hatte er deshalb einen Arbeitsplatz mit Regal, Ordnern, zwei Stühlen und einem ovalen Tisch eingerichtet, auf dem der firmeneigene Laptop samt Drucker standen. Dahinter befand sich ein Teewagen, auf dem Bücher, Post und Büroutensilien lagerten. Bei dem Tisch, den Stühlen und dem Teewagen handelte es sich um ein Ensemble antiker Stilmöbel, die dem Zimmer ein wohnliches Ambiente gaben und auch als Essecke genutzt werden konnten. Der Fußboden dieses Zimmers, das der Kläger flächenmäßig zu etwa ¼ als Arbeitszimmer nutzte, war mit Parkett ausgestattet, auf dem zwei Teppichläufer lagen.

Nachdem er am Unfalltage morgens in der Wohnung geduscht, seinen Körper bis auf die Füße abgetrocknet und einen Bademantel angezogen hatte, ging er in sein kombiniertes Wohn-/Ess/-Arbeitszimmer, um eine Folge der ZDF-Serie „SOKO KÖLN“ zu kalkulieren. Als er das Zimmer betrat, rutschte der Teppichläufer plötzlich weg und der Kläger stürzte auf die rechte Schulter.

Es wurde ein Bruch des langen Oberarmröhrenknochens (Humerus) rechts diagnostiziert, die Bruchenden wurden operativ zusammengeführt und später eine Oberarmkopfprothese eingepflanzt.

Ein Durchgangsarztbericht wurde nicht erstellt. Am 15. März 2005 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf und die Arbeitgeberin zeigte das Ereignis Mitte November 2005 als Arbeitsunfall an.

Mit Bescheid vom 02. März 2006 lehnte es die Beklagte ab, das Ereignis vom 30. Januar 2005 als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil der Kläger überwiegend außerhalb seiner Wohnung arbeite und sein häusliches Arbeitszimmer deshalb kein „Betriebsteil“ sei.

In dem Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2006 wies die Beklagte zudem darauf him, daß grundsätzlich Wege innerhalb der Wohnung dem privaten, unversicherten Bereich zuzurechnen seien. Versicherungsschutz bestehe ausnahmsweise dann, wenn der Wohnraum im wesentlichen betrieblich genutzt werde, was vorliegend aber nicht zutreffe. Überdies sei zu berücksichtigen, dass der Parkettboden und der Teppichläufer, auf dem der Kläger ausgerutscht sei, wohnlichen Zwecken diene und die Gefahrenquelle deshalb aus dem privaten, unversicherten Bereich stamme.

Das Landessozialgericht sah das ebenso.

Der Kläger sei nicht auf dem Weg „nach und von dem Ort der Tätigkeit“ verunglückt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII), weil dieser (versicherte) Weg erst beginne, wenn der Versicherte die Außentür seines Wohngebäudes durchschreite.

Ferner habe sich der Kläger auch nicht auf einem Betriebsweg verletzt.

Wäre der Kläger am Schreibtisch bei der Kalkulation der Serie „SOKO KÖLN“ verunglückt (also beispielsweise vom Stuhl gestürzt und hätte er sich dabei den rechten Oberarm gebrochen), dann wäre er unfallversichert gewesen. Der Kläger hatte seinen häuslichen Arbeitsplatz aber noch nicht erreicht und seine betriebsbezogene Verrichtung (das Kalkulieren) noch nicht (wieder)aufgenommen, als er auf dem Teppichläufer ausrutschte.

Im Zeitpunkt des Unfalls sei er also nicht infolge der versicherten Tätigkeit, sondern auf dem Weg dorthin verunglückt.

Der Übergang von einer privaten unversicherten Verrichtung (hier: Duschen im Badezimmer) zu einer betrieblichen Tätigkeit (hier: Kalkulieren am häuslichen Arbeitsplatz) sei nicht schon wegen des Zwecks (

[Wieder-] Aufnahme einer betrieblichen Tätigkeit) als Betriebsweg zu klassifizieren und damit der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Die bloße Absicht, die versicherte Tätigkeit am häuslichen Arbeitsplatz ausüben oder fortsetzen zu wollen, reiche nicht aus, um den Weg zwischen dem Badezimmer und dem kombinierten Wohn-/Arbeitszimmer unter Versicherungsschutz zu stellen, wie die Beklagte und das Sozilagericht zutreffend betont hätten.

Dem liege folgender Gedankengang zugrunde: Der häusliche Bereich sei dem Versicherten im Regelfall besser bekannt als anderen Menschen und stelle damit eine Gefahrenquelle dar, für die er selbst verantwortlich sei und die er kraft seiner Verfügungsmacht und durch entsprechendes Verhalten jedenfalls weitgehend beseitigen oder doch reduzieren könne. Im Haus würden nicht besondere Wegerisiken wirksam. Vielmehr handele es sich um den häuslichen Bereich, die Privatsphäre, die grundsätzlich erst mit dem Durchschreiten der Außentür des Hauses verlassen werde.

Der Kläger habe sich schließlich auch nicht in einem Betriebsteil seiner Arbeitgeberin verletzt. Wäre das kombinierte Wohn-/Arbeitszimmer als Betriebsstätte oder als Betriebsteil (im Wohnbereich) anzusehen, hätte der Kläger unter Versicherungsschutz gestanden, weil er den Raum betreten hatte, um dort zu arbeiten. Dienten Räume – wie hier – in einem Wohnhaus oder einer Wohnung sowohl privaten als auch betrieblichen Zwecken, so bestehe Versicherungsschutz in diesen Räumen nur, wenn sie nicht nur selten oder gelegentlich, sondern wesentlich auch zu betrieblichen Zwecken genutzt würden.