In dem Verfahren vor dem Landgericht Münster (09 T 37/11) ging es um einen Befangenheitsantrag, der gestellt worden war, da der Amtsrichter bei bestehender Terminskollision eines Prozeßbevollmächtigten, nicht bereit gewesen war,  den (zudem später) anberaumten Termin aufzuheben und einen neuen Termin zu bestimmen. Das Amtsgericht wies das Ablehungsgesuch zurück und führte zur Begründung aus, es könne dahinstehen, ob in der Verweigerung der Terminsverlegung ein Grund zu sehen sei, der geeignet sei, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Jedenfalls fehle dem Ablehnungsgesuch das Rechtsschutzbedürfnis. Da durch Verfügung vom 23.05.2011 der Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben worden sei, sei dem Verlegungsantrag faktisch entsprochen worden. Dabei sei unerheblich, daß Anlaß für die Terminsaufhebung das Befangenheitsgesuch gewesen sei.

Hiergegen wandten sich die Beklagten mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie die ursprünglichen Befangenheitsgründe wiederholten und geltend machen, eine auf Grund einer unberechtigt abgelehnten Terminsverlegung begründete Besorgnis der Befangenheit entfalle nicht dadurch, daß wegen des eingereichten Ablehnungsgesuches der Termin letztlich aufgehoben worden sei.

Das Landgericht Münster gab der sofortigen Beschwerde durch Beschluß vom 01.08.2011 statt und führte aus, daß das Amtsgericht zwar
zutreffend im Ansatz davon ausgegangen sei, daß im Sinne von § 42 Abs. 2 ZPO nur dann ein Grund vorliege, der geeignet sei, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen, wenn objektive Gründe in Betracht kommen würden, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken könnten, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber. Dabei komme es allerdings nicht darauf an, daß der Richter tatsächlich befangen sei oder er sich für befangen halte, entscheidend sei allein, ob aus der Sicht des Ablehnenden genügend objektive Gründe vorliegen würden, die Anlaß geben würden, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.

Zutreffend sei auch, daß Fehler des amtierenden Richters in der Rechtsanwendung, also dem der richterlichen Unabhängigkeit zuzuordnenden Kernbereich richterlicher Tätigkeit, grundsätzlich nicht geeignet seien, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Allerdings komme den Mitwirkungsbefugnissen einer Partei in einem Zivilprozeß mit Rücksicht auf den grundgesetzlich garantierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) besondere Bedeutung zu. Daher vermöge eine ermessensfehlerhafte Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags im Einzelfall einen Ablehnungsgrund gemäß § 42 Abs. 2 ZPO zu begründen, wenn tatsächlich erhebliche Gründe vorgelegen hätten, die eine Terminsverlegung gerechtfertigt hätten.

Nach Auffassung des Landgerichts Münster hätte vorliegend dem Terminsverlegungsantrag der Beklagten entsprochen werden müssen, zumindest, nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den amtierenden Richter darüber informiert hatte, daß er am selben Tag beim Amtsgericht N zur Terminsstunde andere, früher anberaumte Termine wahrzunehmen hätte und wegen der (lediglich) bestehenden Bürogemeinschaft eine Vertretung durch eine Rechtsanwaltskollegen nicht in Betracht käme.

In einem solchen Fall der Verhinderung liege ein erheblicher Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO zur Vertagung eines anberaumten Termins vor, wobei es im Landgerichtsbezirk Münster allgemeiner Übung entspreche, daß nicht die früher anberaumten, sondern der später festgesetzte Termin aufgehoben werde, es sei denn, im Einzelfall sei es evident, daß eine Terminsaufhebung des später anberaumten Termines wegen erheblicher Gründe nicht erfolgen könne.

Wenn es aus der Sicht des amtierenden Richters im Interesse der zügigen Erledigung der ihm zugewiesenen Verfahren auch ärgerlich gewesen sei, den Termin aufzuheben, stelle vorliegend die beharrliche Weigerung, dem Terminsverlegungsantrag des Beklagtenvertreters zu entsprechen, und stattdessen auf die Möglichkeit der Aufhebung der früher anberaumten Termine beim Amtsgericht N zu verweisen, eine Beeinträchtigung der Parteirechte der Beklagten dar, die aus der verständigen Sicht des Prozessbevollmächtigten der Beklagten den Schluß zuließ, der amtierende Richter stehe den berechtigten Anliegen der Beklagten und dem von ihm angebrachten Vertagungsantrag nicht unvoreingenommen gegenüber, sondern ordne diese seinem Interesse an der zügigen Durchführung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits unter.

Zumindest nach dem Telefongespräch vom 12.05.2011 und der Vereinbarung einer eventuellen erneuten Abstimmung gegen Ende der Woche habe der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten nicht damit rechnen müssen, daß auch bei einem erfolglosen Versuch, eine Terminsverlegung beim Amtsgericht N zu erreichen, der später anberaumte Termin beim Amtsgericht Coesfeld nicht aufgehoben würde, denn sonst hätte eine erneute Abstimmung keinen Sinn gemacht. Daß der amtierende Richter dann trotz des am Vormittag des 20.05.2011 beim Amtsgericht Coesfeld eingegangenen Schriftsatzes der Beklagten die Aufhebung des Termins vom 24.05.2011 ablehnte, rechtfertige – unabhängig von einer tatsächlich bestehenden Befangenheit – aus der Sicht der Beklagten die Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO.

Die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters sei nicht dadurch entfallen, daß nach Eingang des Ablehnungsgesuches der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24.05.2011 tatsächlich aufgehoben worden sei. Mit dieser Terminsaufhebung sei lediglich § 47 Abs. 1 ZPO, der die Vornahme weiterer Amtshandlungen vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs verbiete, entsprochen worden.

Mit der Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung sei nicht das Rechtsschutzbedürfnis für den Befangenheitsantrag der Beklagten entfallen, denn die Terminsaufhebung hätte ihren Grund nicht darin, daß der abgelehnte Richter inzwischen anderen Sinnes geworden war, vielmehr sei damit lediglich – wie vorstehend dargestellt – einer gesetzlichen Pflicht aus § 47 Abs. 1 ZPO Genüge getan worden.