In einem familiengerichtlichen Verfahren verpflichtete das Amtsgericht Hamm den Kindesvater das gemeinsame Kind der Parteien wieder nach Kroatien zurückzuführen.

Das Familiengericht erläuterte, die Voraussetzungen einer Rückführungsanordnung würden sich nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.80 (im Folgenden „HKÜ“) genannt, richten.

Das Haager Übereinkommen finde Anwendung. Seit dem 1.12.1991 sei Kroatien Vertragsstaat im Verhältnis zu Deutschland, so daß das Übereinkommen zum Zeitpunkt des hier zu prüfenden Sachverhaltes gegolten habe.

Das Übereinkommen finde Anwendung, da das Kind das 16. Lebensjahr nicht vollendet habe.

Der Antragsgegner halte das Kind widerrechtlich zurück und verletze damit das Sorgerecht der Antragstellerin im Sinne des Artikel 3 HKÜ.

In der Entscheidung des Amtsgerichts Zagreb vom oo.oo.oooo sei ausgeführt, daß das Kind X “ bei ihrer Mutter Y leben wird“. Es könne dahin gestellt bleiben, ob hiermit eine Übertragung von alleinigen Rechtsbefugnissen nach dem nach Art. 14 HKÜ geltenden kroatischen Recht verbunden sei oder ob dies eine rein tatsächliche Regelung betreffend den Lebensmittelpunkt des Kindes darstelle. Jedenfalls habe die Kindesmutter weiter Befugnisse, über den Aufenthaltsort des Kindes zu entscheiden, sei es gemeinsam oder allein. Eindeutig und allein entscheidend sei, daß der Antragsgegner die Befugnisse nicht alleine habe.

Die Voraussetzungen des Artikel 13 HKÜ, wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine Rückführung nicht anzuordnen sei, lägen nicht vor.

Der Antragsgegner berufe sich auf Artikel 13 Satz 1 b und S. 2 HKÜ. Er vertrete die Auffassung, daß die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden sei und das Kind sich bei ausreichender Reife der Rückgabe widersetze.

Bei der Bewertung sei eine einschränkende Auslegung der Vorschrift geboten. Die Ausnahme sei auf wirkliche schwere Gefahren zu beschränken, solche, die sich als besonders erheblich, konkret und aktuell darstellen würden. Denn die Hinnahme des Rechtsbruchs durch den zurückhaltenden Elternteil sei nur bei ungewöhnlich schwerwiegender Beeinträchtigung des Kindeswohls gerechtfertigt.

Nach Auffassung des Gerichts bestünde keine konkrete Gefährdung für das Kind in Kroatien.

Der mit der Rückführung des Kindes nach Kroatien verbundene Wechsel bedeute sicherlich eine seelische Belastung für das Kind. Die Kindesanhörung habe ebenso wie der vorherige Versuch des Verfahrensbeistandes, Kontakt mit X aufzunehmen, gezeigt, daß es dem Kind nicht gut gehe. Es erscheine für ein Kind dieses Alters sehr ungewöhnlich, daߠX (*00.00.0000) nicht ansatzweise bereit gewesene sei, zu sprechen, nicht einmal bereit gewesen sei, ihr Gesicht zuzuwenden. Sie verstecke sich beim Vater. Auch auf die Gegenwart der Mutter habe sie nicht reagiert. Dies stehe im krassen Widerspruch zu ihrem Verhalten, wie es von kroatischen Einrichtungen beschrieben werde. Das Gericht habe dabei keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieser sehr detaillierten Angaben zu zweifeln. Die Behauptung des Kindesvaters in der mündlichen Verhandlung, in den Bescheinigungen werde gelogen, seien rein ins Blaue erfolgt. Außerdem habe der Kindesvater selber angegeben, daߠX sich, als er sie in Kroatien abgeholt habe, nicht dergestalt benommen habe, wie sie dies nun tue.

Dies reiche aber für die Annahme einer schwerwiegenden Gefährdung nicht aus, denn die Unterbrechung der gegenwärtigen Lebenssituation sei typische Folge der von dem entführenden Elternteil einseitig und widerrechtlich herbeigeführten M und sei damit grundsätzlich als unvermeidbar hinzunehmen.

Selbst wenn das Kind X, worauf der Kindesvater sich berufe, wünschen sollte, in Deutschland zu bleiben, so sei ihr kindgerecht von allen Beteiligten einschließlich dem Antragsteller zu erläutern, daß sie dies nicht entscheiden könne, sondern nur der bzw. die Sorgeberechtigten. Die vom Kindesvater angeführte Angst des Kindes, nach Norwegen umzuziehen, könnte genommen werden, indem das Kind von allen Beteiligten darauf hingewiesen werde, daß die Kindesmutter dies gar nicht konkret plane. Sollte das Kinde diese Angst wirklich haben, so zeige dies gerade auch das, was sich aus den Berichten ergebe, daß sie sich nämlich in Kroatien wohl fühle.

Der Antragsgegner müsse sich vor Augen führen, daß er dadurch, daß er das Kind nicht zurückgegeben habe, die unzumutbare Situation des Kindes verursacht habe und deshalb die damit verbundenen Folgen auch tragen müsse. Er habe sich über die kroatische Sorgerechtslage hinweggesetzt und für sich einen Weg gesucht, der außerhalb des Rechtssystems liege. Hieran ändere auch die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts nichts. Es bleibe dem Kindesvater unbenommen, nach Rückführung des Kindes nach Kroatien ein Familienverfahren vor dem international zuständigen Gericht in Kroatien anzustrengen. Hier würden seine Argumente zum Kindeswohl geprüft werden.

Hinzu komme, daß das Gericht bei der Anhörung des Kindes den Eindruck gewonnen habe, daß das Kind durch das Verhalten des Vaters immer weiter psychisch unter Druck gerate und nicht zur Ruhe komme. Der Kindesvater sei in keinster Weise einsichtig, daß sein Verhalten unrichtig gewesen sei und heute auch noch sei. Es stehe konkret zu befürchten, was äußerst problematisch sei, daß der Kindesvater seine ablehnende Haltung, sei es direkt oder indirekt dem Kind vermittele.

Der Ausnahmetatbestand des Artikel 13 Satz 2 HKÜ liege ebenfalls nicht vor. Danach könne eine Rückgabeanordnung abgelehnt werden, wenn das Kind sich widersetze und es Alter und Reife erlangt habe, angesichts deren es angebracht erscheine, seine Meinung zu berücksichtigen. Voraussetzung sei, daß das Kind aus freiem Willen und nicht erkennbar maßgeblich durch den entführenden Elternteil beeinflußt, mit Nachdruck die Rückkehr in den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts ablehne, sich dagegen in ungewöhnlich starkem Maße sträube und das Kind angesichts seines Alters und seiner Reife dies aufgrund seiner verantwortungsbewussten Entscheidung tue. Eine absolute Grenze existiere hinsichtlich des Alters nicht.

Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Das Kind habe seine Vorstellungen gar nicht geäußert.