Das Landgericht Kleve lehnte durch sein Urteil vom 06.04.2011 (181 StVK 40/11) eine Aussetzung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung ab, wenn diese nur mit Weisungen zu verantworten sei, die weniger Freiheiten mit sich bringen würde als der weitere Aufenthalt im Maßregelvollzug (geschlossene Station eines privaten Seniorenheims mit gesteigerten Beschränkungen und verringerten Beschäftigungsmöglichkeiten).
Das Gericht führte aus, daß die weitere Vollstreckung der Unterbringung gemäß § 67d Abs. 2 Satz 1 StGB nur dann zur Bewährung auszusetzen sei, wenn zu erwarten sei, daß die Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen werde. Das könne vorliegend nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Es bestünde nach wie vor die konkrete Gefahr, daß die Untergebrachte bei Aufhebung oder Außervollzugsetzung der Unterbringung infolge ihres Zustandes auch außerhalb von Maßregelvollzugs-einrichtungen – Brandstiftungsdelikte begehen würde.
Die für das Anlaßdelikt und die Wiederholungsgefahr mitursächliche Beeinträchtigung im Sinne der biologischen Merkmale des § 20 StGB werde von der Klinik aktuell wie folgt eingeordnet:
Hinsichtlich der daraus resultierenden negativen Kriminalprognose habe die bisherige Maßregelvollzugsbehandlung noch nicht zu einer ausreichenden Besserung geführt.
Der externe Prognosegutachter habe u.a. festgestellt:
„Frau y „verfügt nicht über eigene Problemlösungsfähigkeiten. … Aufgrund von deutlich verspürter Impulskontrollschwächen bei gleichzeitig sehr depressivem Verarbeitungsmodus muss die Patientin als fremd- und eigengefährdend eingestuft und demnach entsprechend geschützt, d.h. engmaschig betreut, werden. … Die Frage der Notwendigkeit der Fortdauer der Unterbringung gemäß § 63 StGB kann erst nach einer längerfristigen Dauerbeurlaubung mit einem entsprechenden günstigen Verlauf positiv beantwortet werden.“
Die Untergebrachte erhalte eine Vielzahl von Medikamenten. Zu produktiv psychotischen Symptomen, Brandstiftungen oder extremen aggressiven Entgleisungen sei es nicht gekommen. Des öfteren seien aber Isolierungen erforderlich geworden. Eine Deliktbearbeitung habe nur in Ansätzen erfolgen können.
Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles ändere der Umstand, daß sich die Untergebrachte seit mehreren Jahren in der Dauerbeurlaubung befinde, ohne daß es zu neuen Straftaten gekommen sei, nichts an der negativen Kriminalprognose. Die Dauerbeurlaubung werde wenige Kilometer von der Klinik entfernt in einer recht einsamen Gegend auf einer geschlossenen Station eines Altenheims vollzogen.
Noch im Oktober 2010 habe die Untergebrachte für einige Tage aufgrund einer krisenhaften Zuspitzung in die Klinik zurückverlegt werden müssen und zwar in den Kriseninterventionsbereich der Forensik-Station 0.
Ein Leben unter freiheitlichen Bedingungen sei nach Ansicht der Klinik nicht realisierbar. Die Therapie des Maßregelvollzugs seien ausgeschöpft. Grundlegende Änderungen seien nicht mehr zu erzielen. Eine offene Station sei nicht zu verantworten.
Seien die Behandlungsmöglichkeiten „ausgereizt“, so sei dies im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Zu einem automatischen Abbruch des Maßregelvollzugs führe dies dagegen nicht.
Der psychische Zustand der Untergebrachten erfordere zur Verhinderung neuer Brandlegungen eine überwachte Medikamenteneinnahme und die Kontrolle auf einer geschlossenen Station mit der Möglichkeit sofortiger psychiatrischer Intervention.
Eine Aussetzung der Maßregel zur Bewährung komme bei besonders gefährlichen Delikten der vorliegenden Art und schweren deliktrelevanten Erkrankungen der vorliegenden Art allenfalls dann in Betracht, wenn die Untergebrachte zuvor über einen längeren Zeitraum erprobt (beurlaubt) werde, wobei sie einem Leben unter freiheitlichen Bedingungen angenähert werde.
Es sei nicht Aufgabe des Rechtsinstituts der Bewährung, die (wohlmöglich sogar gesteigerte) Kontrolle der Untergebrachten zu privatisieren.
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