In dem Verfahren vor dem Landgericht Mönchengladbach ging es um die Amtshaftung eines Betreuers für die von dem Betreuten verursachten Schäden und weiterem Schadensersatz. Das Gericht gab der Zahlungsklage der vormaligen Vermieterin des Betreuten durch Urteil vom 02.01.2009 (3 O 184/08) überwiegend statt.

Das Gericht führte aus, daß durch vom Betreuten in der Wohnung „gesammelte“ Abfälle die im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnungseinrichtungsgegenstände in erheblichem Umfang beschädigt worden seien. Letztlich sei nichts mehr aus der Wohnung verwendbar gewesen. So sei nach übereinstimmenden Bekundungen Dreck sowohl in Teppichboden als auch in die Tapeten eingezogen; die sonstigen Einrichtungsgegenstände seien – soe die Zeugen – total „versifft“ gewesen.

Diesbezüglich sei – neben dem Betreuten als unmittelbarem Schädiger – auch der Beklage als mittelbarer Schädiger verantwortlich, da er seinen Verkehrssicherungspflichten nicht nachgekommen sei und die Rechtsgutsverletzung hierauf zurückzuführen sei.

Dabei – so das Gericht weiter – werde nicht verkannt, daß der Beklagte nicht zu einer „Rund-Um-Betreuung“ verpflichtet gewesen sei, und sich sein Pflichtenkreis, wie auch §§ 1901 Abs. 2, Abs. 3 BGB zeigten, in erster Linie auf den Betreuten beschränkt habe. Allein aus der Verletzung von Beteuerpflichten gegenüber dem Betreuten folge daher noch keine Haftung gegenüber Dritten; §§ 1908 i Abs. 1 S. 1 i.V.m. 1833 BGB habe insofern keine drittschützende Funktion

Auch teilte das Gericht, die vom Beklagten vertretene Ansicht, daß eine zu starke Inpflichtnahme von Betreuern im Interesse Dritter letztlich im Hinblick auf die Furcht vor möglichen Haftungsfolgen und die daraus resultierende Gefahr, der verminderten Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für hilfsbedürftige Menschen, auch nicht im Interesse der Allgemeinheit liegen könne.

Gleichwohl gebiete es allein der Gedanke, altruistisches Handeln, nicht mit übersteigerten Haftungsrisiken zu belasten, aber nicht, denjenigen der eine hilfsbedürftige „gefährliche“ Person in seine „Obhut“ nehme, von jeglicher Verantwortung für diese freizuhalten und die von dieser verursachten Schäden als Risiko zu betrachten, welches stets die Gesellschaft zu tragen habe, wie schon die Vorschrift des § 832 Abs. 1 S. 1 BGB zeigt. Möge diese auch vorliegend nicht anwendbar sein, da insofern nicht ersichtlich sei, daß dem Beklagten die gesamte Personensorge oder speziell die Beaufsichtigung des Betreuten übertragen worden sei, so gelte gleichwohl ein Verhaltensgebot dahingehend, daß – unabhängig von einer familienrechtlichen Beziehung – derjenige, der es übernehme, umfassend für infolge ihres gesundheitlichen Zustandes i.w.S. gefährliche bzw. ihre körperlichen Funktionen nicht mehr beherrschenden Menschen zu sorgen, diese Aufgabe verantwortungsvoll ausführen müsse. Die Mißachtung dieser Pflicht löse eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB aus, da diese Pflicht nicht nur gegenüber dem Pflegebedürftigen bestehe, sondern auch gegenüber der Allgemeinheit, möge dabei auch das Maß der Verantwortlichkeit der betreuenden Person gegenüber der Allgemeinheit deutlich geringer sein als gegenüber dem Betreuten.

Dies gelte jedenfalls dann, wenn bestimmend auf die Lebensverhältnisse des „kranken“ Menschen eingewirkt werde. Möge danach auch zweifelhaft erscheinen, ob einen Betreuer eine Pflicht zum aktiven Tätigwerden zum Schutz Dritter vor von seinem Betreuten ausgehenden Gefahren treffe, so müsse er jedenfalls dann, wenn er, wie vorliegend durch die maßgebliche Mitwirkung bei Abschluß des streitgegenständlichen Mietvertrages, aktiv gestaltend auf die Lebensverhältnisse des Betreuten einwirke, dies mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt tun; er müsse danach Rücksicht auf die Rechtsgüter Dritter nehmen, und dürfe diese nicht durch sein aktives Tun erkennbaren Gefahren aussetzen bzw. muss diesen dann jedenfalls entgegenwirken.

Von einer solchen, den Beklagten auch gegenüber Dritten zum Schutz verpflichtenden Situation sei vorliegend nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme indes auszugehen.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, daß der Betreute die zuvor angemietete Wohnung in einen mindestens vergleichbar desolaten Zustand versetzt habe.

Gleichfalls gehe das Gericht davon aus, daß der Beklagte über den Hang des Betreuten zum Sammeln von Abfällen jeglicher Art vollständig im Bilde gewesen sei.

Nach Auffassung des Gerichts dürfe ein Betreuer seinen Betreuten in einem solchen Fall schon gar nicht erneut privat unterbringen bzw., wie vorliegend, maßgebend an einer erneuten Anmietung einer „privaten“ Wohnung durch den Betreuten mitwirken, sondern müsse im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung des Eigentums des – potentiellen – neuen Vermieters vielmehr auf eine „betreute“ Unterbringung oder gegebenenfalls eine öffentlich-rechtliche Einweisung hinwirken.

Dagegen lasse sich auch nicht argumentieren, daß der Betreuer gem. § 1901 Abs. 3 S. 1 BGB primär den Wünschen des Betreuten zu entsprechen habe und es vorliegend – wohl – dem Wunsch des Betreuten entsprochen hätte, weiterhin einen eigenständigen Haushalt führen zu können. Zum einen fände die Bindung des Betreuers an solche Wünsche seine Grenze nämlich bereits darin, daß die Wünsche dem objektiven Wohl des Betreuten nicht zuwiderlaufen dürften, was vorliegend aber, selbst unter Beachtung, daß zum Wohl des Betreuten gem. § 1901 Abs. 2 S. 2 BGB auch die Möglichkeit gehöre, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten, angesichts der Tatsache, daß der Betreute – bereits bei Abschluß des streitgegenständlichen Mietvertrages – zu einer eigenständigen Haushaltsführung offensichtlich nicht in der Lage gewesen sei, der Fall gewesen sein dürfte.

Zum anderen sei aber anerkannt, daß jedenfalls solche Wünsche des Betreuten dem Betreuer unzumutbar und somit nicht bindend seien, die an die Grenzen rechtlicher Zulässigkeit stoßen würden.

Jedenfalls aber hätte der Beklagte dann, wenn er sich für eine erneute private Unterbringung „seines“ Betreuten entscheide, eine gesteigerte Verantwortung dahingehend gehabt, von Beginn des Mietverhältnisses an einer erneuten Ansammlung von Abfällen und sonstigem Sammelgut entgegenzuwirken bzw. zumindest in zeitlich geeigneten Abständen für dessen Entsorgung zu sorgen, um der – offensichtlichen – Gefahr für die im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnungseinrichtung entgegen zu wirken.

Dem sei er unstreitig nicht nachgekommen und habe so unter Verstoß gegen die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht die schadensursächliche Ansammlung von Abfällen durch den Betreuten kausal herbeigeführt.