In dem Urteil des Landgerichts Siegen vom 10.01.2006 (1 S 117/05) befand das Gericht, daß,  insbesondere auch nach erfolgter Inaugenscheinnahme der Mietwohnung durch das Amtsgericht als Vorinstanz, ein fristloser Kündigungsgrund wegen behaupteter Gefahr der Vernachlässigung der Mietwohnung nicht gegeben gewesen sei.

Dabei könne es dahingestellt bleiben, inwieweit die Beklagten nach der Behauptung der Klägerin durch ihr Lüft- und Heizverhalten Feuchtigkeits- und Schimmelschäden in der Wohnung verursacht hätten.

Wenn ein Vermieter mit einer fristlosen Kündigung über einen längeren Zeitraum trotz vorhandener Kenntnis vom möglicherweise schwerwiegenden Vertragsverstoß zuwarte, begründe dies ein Indiz gegen die Unzumutbarkeit der Vertragsfestsetzung.

Soweit sich die Klägerin darauf berufe, daß die Beklagten in ihrer Wohnung Unrat in nicht unerheblichem Umfang lagern würden und ein muffiger und unerträglicher Geruch aus der Wohnung komme, rechtfertige dies ebenfalls nicht eine außerordentliche Kündigung.

Zwar treffe es zu, daß einzelne Zimmer in der Wohnung der Beklagten, wie das Schlafzimmer des Beklagten zu 2) und das frühere elterliche Schlafzimmer, mit Gerätschaften, Kleidersäcken und Zeitschriften deutlich überladen seien und in der Wohnung durchgehend ein leicht muffiger Geruch festzustellen sei, der sich im Zimmer des Beklagten zu 2) auch deutlich verstärke. Das Lagern von alten Hausratsgegenständen, Kleidern und Zeitungen sowie das Vorhandensein eines muffigen Geruchs stellten jedoch für sich alleine betrachtet keine Gefährdung der Mietsache dar.

Es sei auch nicht ersichtlich, und von der Klägerin auch nicht näher vorgetragen, daß die Beklagten biologischen Abfall wie verdorbene Lebensmittel lagerten, wodurch Ungeziefer oder Ratten angezogen werden könnten. Das Vorhandensein einiger Spinnen genüge insoweit nicht.

Die Kündigung könne auch nicht nachträglich darauf gestützt werden, daß die Beklagte zu 1) inzwischen nachts und in den frühen Morgenstunden häufiger um Hilfe rufen soll. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles sei eine außerordentliche Kündigung der Beklagten nicht zu rechtfertigen.

Würden Störungen von dem Mieter verursacht, der schon lange im Haus wohne und nunmehr infolge Alter, Krankheit oder seelischer Beeinträchtigung verhaltensauffällig geworden sei, so sei vom Vermieter und den Hausbewohnern ein erhöhtes Maß an Verständnis und Rücksichtnahme zu erwarten.

Vorliegend sei zu berücksichtigen, daß die Beklagte zu 1) bereits über 30 Jahre in der Wohnung lebte und das hohe Alter von 90 Jahren erreicht habe. In einem solchen Fall falle die Notwendigkeit und Bedeutung der sozialen Bindung der Beklagten zu 1) an ihr häusliches Umfeld erheblich ins Gewicht, so daß von den übrigen Hausbewohnern ein erhöhtes Maß an Toleranzbereitschaft gefordert werden müsse. Daß die Gesundheit der Mitmieter gefährdet sei oder das tägliche Leben der anderen Hausbewohner Einschränkungen eines Ausmaßes angenommen habe, das ihnen nicht mehr zugemutet werden könnte, sei von der Klägerin nicht näher dargelegt worden. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß die Klägerin von der Möglichkeit, beim Betreuungsgericht die Einrichtung einer Betreuung anzuregen, um so die für die Hausgemeinschaft existente Beeinträchtigung auf ein Mindestmaß zu reduzieren, Gebrauch gemacht habe und insoweit eine Verbesserung des Zustandes zu erwarten sei. Unter Berücksichtigung aller Umstände seien die akustischen Beeinträchtigungen daher jedenfalls derzeit von der Klägerin hinzunehmen.