Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies in seinem Urteil vom 02.03.2011 (I-3 Wx 214/08), darauf hin, daß ein Erblasser, um das Familienvermögen vor der Gefahr des Verlustes durch Verschwendung oder Überschuldung zu schützen, durch Verfügung von Todes wegen unter Angabe der Gründe (§ 2338 Abs. 2 i.V.m. § 2336 BGB) das Pflichtteilsrecht eines Abkömmlings – nicht zur Strafe, sondern in dessen wohlverstandenem Interesse – beschränken könne, und zwar u. a. dahin daß für die Lebenszeit des Abkömmlings die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker übertragen werde und der Abkömmling regelmäßig nur Anspruch auf den jährlichen Reinertrag habe. Durch eine solche Anordnung entziehe der Erblasser dem Abkömmling zu dessen Schutz das Verfügungsrecht über den Nachlassgegenstand (§ 2211 BGB). Zugleich schließe er dessen Eigengläubiger vom Pfändungszugriff aus (§ 2214 BGB) und entziehe ihnen die Nutzungen nach Maßgabe von § 863 ZPO.
Unwirksam sei allerdings eine solche Anordnung, wenn sie sich nicht im gesetzlichen Rahmen halte, keine Gründe oder andere als die im Gesetz erschöpfend aufgeführten angebe oder unbegründet sei. Sie werde unwirksam bei dauernder Besserung oder Wegfall der Überschuldung zur Zeit des Erbfalls (§ 2338 Abs. 2 Satz 2 BGB). Eine spätere Besserung helfe nicht, sofern dieser Fall nicht vom Erblasser vorgesehen oder durch ergänzende Auslegung feststellbar sei.
Der Grund der Verschwendung setzte insofern eine Lebensweise mit einem Hang zur zweck- und nutzlosen Vermögensverwendung voraus. Eine Notlage müsse dadurch noch nicht verursacht sein.
Überschuldung des Abkömmlings liege vor, wenn seine Verbindlichkeiten sein Aktivvermögen übersteigen würden. Bloße Zahlungsunfähigkeit genüge nicht, weshalb bei natürlichen Personen allein die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens noch nicht zur Pflichtteilsbeschränkung berechtige, weil bei diesen allein die Zahlungsunfähigkeit und nicht die Überschuldung Insolvenzgrund sei.
Sowohl bei Verschwendung wie bei Überschuldung sei es weiter erforderlich, daß dadurch der spätere Erwerb erheblich gefährdet wird. Die Verschwendungssucht müsse also triftigen Grund zu der Annahme geben, der Abkömmling werde das ihm aus irgendwelchen Erwerbsquellen zufließende Vermögen gleichfalls ganz oder zum großen Teil verschwenden. Objekt der Gefährdung könnten nur der Erb- oder Pflichtteil des Abkömmlings sein, da ja auch nur dieser durch die Anordnungen geschützt werde.
Der Beschränungsgrund müsse bei Errichtung der Verfügung von Todes wegen vorliegen und bei Eintritt des Erbfalls immer noch oder wiederum bestehen.
Des weiteren sei der Beschränkungsgrund in der Verfügung von Todes wegen (also formgerecht) anzugeben. Zweck dieser Bestimmung sei es, die spätere Beweisbarkeit der tatsächlichen Motivation des Erblassers für die Entziehungsentscheidung zu sichern, aber auch, den Erblasser wegen der weit reichenden Folgen der Entziehung zu einem „verantwortlichen Testieren“ anzuhalten. Die Angabe müsse also so speziell und hinreichend konkret erfolgen, daß später durch eine gerichtliche Prüfung zweifelsfrei geklärt werden könne, auf welchen Entziehungsgrund sich die Entziehung stützte und welcher Lebenssachverhalt dem zu Grunde gelegen habe. Dabei seien jedoch Entziehungsgrund und dessen Beweisbarkeit auseinander zu halten. Dies setze jedenfalls im Rahmen von § 2333 Nr. 1 bis 4 BGB gemäß § 2336 Abs. 2 BGB auch die Angabe eines zutreffenden Kernsachverhalts in dem Testament voraus. Dazu sei es erforderlich, daß der Erblasser sich mit seinen Worten auf bestimmte konkrete Vorgänge unverwechselbar festlege und den Kreis der in Betracht kommenden Vorfälle praktisch brauchbar eingrenze; dabei müsse aber bei der Begründung nicht in die Einzelheiten gegangen werden. Durch diese Anforderungen solle verhindert werden, daß später in einem Pflichtteilsentziehungsprozess durch die Erben noch ein „Nachschieben von Gründen“ erfolge, die für die Entscheidung des Erblassers nicht motivierend gewesen seien.
Das Gericht gelangte sodann in dem Verfahren zu dem Schluß, daß in Ermangelung der hinreichenden Darstellung im Sinne eines Kernsachverhalts bereits nicht der Schluss gezogen werden könne, daß der Beteiligte zu 1 damit den Beschränkungsgrund der Verschwendung (also einer Lebensweise mit einem Hang zur zweck- und nutzlosen Vermögensverwendung) erfüllt gehabt habe oder überschuldet gewesen sei.
Zwar mag der Beteiligte zu 1) aus Sicht seiner wohlhabenden Eltern einen Lebenswandel geführt haben, der nicht ihren Vorstellungen entsprochen habe, weil der Beteiligte zu 1 z. B. (mit Mitteln aus dem von der Großmutter für ihn angelegten Depotkonto) eine Fernreise nach Mauritius finanziert habe und auch die restlichen Mittel nicht gespart habe, sondern ausgegeben habe, die Jahre später unternommene Miami-Reise nicht vollständig bezahlt habe, auf ihm zugewendete Ölgemälde keinen Wert gelegt habe, sondern dieselben versetzt habe und überhaupt die Tendenz gehabt habe, sich nicht mit dem Konsum der ihm zur Verfügung stehenden Mittel zu begnügen, sondern Schulden zu machen.
Dieses Verhalten unterscheide sich indes tendenziell kaum von der auch schon zur und vor der Zeit der Testamentserrichtung verbreiteten und überwiegend nicht schon als zweck- und nutzlose Vermögensverwendung angesehenen Praxis, Konsumwünsche auch bei Erschöpfung der liquiden Mitteln nicht unerfüllt zu lassen.
Eine Überschuldung sei auch nicht feststellbar.
Mit Blick auf die nicht festzustellende Verschwendung oder Überschuldung des Beteiligten zu 1 zum fraglichen Zeitpunkt komme es daher auf die Gefährdung eines späteren Erwerbs oder den Status von Beschränkungsgründen bei Eintritt des Erbfalls nicht an.
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