Das Oberlandesgericht Hamm befaßte sich in seienm Urteil vom 26.01.2010 (4 U 141/09) mit der Frage, ob die Nichtangabe der Limitierung der Abgabemenge (hier: Limitierung auf ein Pack

[100 Kondome] pro Bestellung ) eine irreführende Werbung darstelle.

Das Landgericht hatte insofern als Vorinstanz eine irreführende Werbung verneint und ausgeführt, daß ein Unterlassungsanspruch nur zu bejahen wäre, wenn die Werbung der Beklagten sowohl nach der alten, damals geltenden Irreführungsvorschrift des UWG als auch nach der jetzigen Fassung der §§ 5, 5 a I oder § 5 a II UWG wettbewerbswidrig wäre. Im vorliegenden Fall fehle es schon an einer Wettbewerbswidrigkeit nach altem Recht, da die Werbung der Beklagten keine relevante irreführende Aussage enthalte. Der Verbraucher werde über die Abgabebeschränkung nicht getäuscht, der die Anzeige von vornherein dahin verstehe, daß zu diesem Preis nur eine Packung abgegeben werde. Nicht getäuscht werde auch derjenige Verbraucher, der erkenne, daß die nzeige objektiv zur Abgabemenge keine Aussage mache, und der deshalb nach weiterer Aufklärung über diesen in der Anzeige nicht angesprochenen Punkt suche. Getäuscht werde hingegen der Verbraucher, der aufgrund der fehlenden Angabe der Abgabebeschränkung den Schluß ziehe, daß es keine Abgabebeschränkung gebe.

Eine relevante Irreführung i.S.d. § 5 UWG liege aber auch bei diesen getäuschten Verbrauchern nur vor, wenn der unterbliebene Hinweis Einfluß auf die Kaufentscheidung haben könnte. Das sei aber bei der großen Mehrzahl der interessierten Verbraucher nicht der Fall. Denn die große Mehrzahl der Verbraucher wolle ohnehin nur ein Stück dieser 100er-Packung erwerben mit der Folge, daß für sie der fehlende Hinweis auf die Abgabebeschränkung irrelevant sei. Berührt durch die fehlende Angabe und damit ursächlich irregeführt würden nur diejenigen Verbraucher, die aufgrund der Anzeige annehmen würden, sie könnten mehrere Packungen erwerben, und die auch tatsächlich mehrere Packungen erwerben wollten. Hinsichtlich dieser Verbraucher habe die Klägerin auch im vorliegenden Hauptsachprozess nicht dartun können, daß dieser Verbraucherkreis von erheblicher Größe sei. Dies gelte auch dann, wenn der Angebotspreis der Beklagten außerordentlich günstig sei. Auch daraus, daß viele verschiedene 100er-Packungen angeboten würden und daß sogar 1000er-Packungen angeboten werden, folge nicht, daß dieser Verbraucherkreis von erheblicher Größe wäre. Bei der Frage der Irreführungsquote sei im übrigen von dem Verbraucherkreis auszugehen, der durch die Werbung angesprochen werde. Der aber umfasse auch, und zwar ganz überwiegend, Verbraucher, die nur eine einzige Packung erwerben wollten.

Die Anzeige der Beklagten beeinflusse im konkreten Falle auch nicht die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern  und halte auch keine wesentlichen Informationen vor, weil rechtzeitig vor der Entscheidung des Verbrauchers und nur einen Klick nach der Anzeige die erforderliche Information bei der Beschreibung des Produktes auf der Webseite der Beklagten nachgeholt werde.

Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und erläuterte ergänzend, daß nicht anzunehmen sei, daß der Verbraucher bei der streitgegenständlichen Werbung überhaupt erwarte, daß er mehr als eine einzige Packung von 100 Kondomen zu 3,95 € bekommen könne. Hiergegen spräche, daß ihm mitgeteilt werde, daß der Preis „ab“ 3,95 € betrage. Dies signalisiere bereits, daß dies nur der Einstiegspreis sei und der Warenpreis ansonsten höher sei. Der Verbraucher wisse danach jedenfalls, daß der Preis keineswegs unbeschränkt gelte und je nach Ware und Angebot auch darüber liegen könne. Auch wenn insoweit noch nicht erkennbar sei, daß dies mit einer Mengenbeschränkung verbunden sei, sei der Verbraucher jedoch zumindest in gewisser Weise schon „gewarnt“ und sehe, daß er die Kondome jedenfalls nicht ausnahmslos bezogen auf 100 Stück „für“ den genannten Preis bekomme. Er erkenne, daß die Werbung insgesamt nur schlagwortartig erfolgt, nicht abschließend sei und insofern nicht vorbehaltslos sei und daß die Werbung auch „unvollständig“ insofern sei, als es sich mangels Nennung des konkreten Produkts noch nicht um die Ausgestaltung eines annahmefähigen Angebots handele.

Selbst wenn bei den angesprochenen Verkehrskreisen insoweit zunächst eine Unklarheit oder vermeintliche Fehlvorstellung bestehe, reiche diese für die Annahme einer Irreführung noch nicht aus, weil diese bei dem Link auf die Angebotsseite der Beklagten sogleich unschwer von der mengenmäßigen Beschränkung auf „1 Pack/Bestellung“ aufgeklärt würden. Regelmäßig reiche es für die Gefahr einer Irreführung zwar aus, wenn sich der Verkehr als Folge der unrichtigen Angabe überhaupt erst und näher mit dem Angebot des Werbenden befasse. Aufklärende Hinweise in einem nachfolgenden Werbetext kötnnen die durch gesonderte Werbeaussagen eingetretene Irreführung im Hinblick auf die mißbilligte Anlockwirkung in der Regel dann nicht mehr beseitigen. Diese für die herkömmlichen Werbeformen aufgestellten Grundsätze könnten allerdings für den hier vorliegenden Fall der Werbung bei H-Adwords nicht mehr uneingeschränkt übernommen werden (vgl. Senat, MMR 2009, 861, betr. „Lieferung innerhalb von 24 Stunden“ mit zeitlichen Einschränkungen bezogen auf den Bestellzeitpunkt). Denn die verknappte schlagwortartige Werbung stehe in einem nicht trennbaren Zusammenhang mit der klarstellenden Werbeaussage auf den Angebotsseiten der Beklagten, auf die der Verbraucher stets gelange, wenn er sich näher auf das Angebot einlassen wolle. Dort erfähre er in nicht zu übersehender Weise die Einschränkung und werde in der erforderlichen Weise aufgeklärt, bevor er eine Kaufentscheidung treffen könne. Der Fall könne nicht anders behandelt werden als der Fall einer Blickfangwerbung. In einem solchen Fall scheide eine Irreführung schon dann aus, wenn der Betrachter durch einen deutlichen Sternchenhinweis zu dem aufklärenden Hinweis geführt werde. Ähnlich verhalte es sich im Streitfall. Zu dem aufklärenden Hinweis, daß nur eine Bestellung zu dem beworbenen Preis erfolgen könne, werde der Verbraucher zwar nicht per Sternchenhinweis geführt, aber mit einem Link, den er benutzen müsse, um näheres über das Angebot zu erfahren, den er also zwangsläufig benutzen müsse. Es bleibe somit nur die Anlockwirkung, daß ein Teil der Verbraucher die Startseite der Beklagten aufsuch, der es sonst nicht getan hätte. Diese Wirkung sei aber nicht damit zu vergleichen, daß ein Interessent durch eine unrichtige Werbeaussage bzw. „dreiste Lüge“ in das Geschäft des Werbenden gelockt werde. So sekundenschnell, wie der Internetnutzer zu der Startseite gelangt sei, verlasse er sie auch wieder, wenn er erkenne, daß eine solche beschränkte Liefermenge ihm nichts nutze. In der Tatsache, daß er die Seite überhaupt angesehen habe, sei in der flüchtigen Welt des Internets kein nur annähernd vergleichbarer Wettbewerbsvorteil zu sehen wie beim Locken in ein Geschäft.