In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm ging es um die Frage, in welchem umfange dem Kindesvater der Umgang mit seinem in einer Pflegefamilie untergebrachten Sohn zu gewähren sei.

Das Oberlandesgericht erkannte durch Beschluß vom 28.02.2011 (II-8 UF 227/10) auf einen monatlichen Umgang. Das Jugendamt und auch das Amtsgericht hatten einen vierteljährlichen Umgang als ausreichend erachtet.

Das Gericht wies zunächst darauf hin, daß Regelungsgrundlage für den begehrten Umgangskontakt § 1684 BGB sei, wonach sowohl das Kind selbst einen Anspruch auf Umgang mit seinem leiblichen Vater als auch umgekehrt dieser mit seinen Kind habe. Dies gelte auch dann, wenn den Eltern oder einem Elternteil das Sorgerecht entzogen worden sei und der Vormund das Kind in eine Dauerpflegefamilie gegeben habe.

Dieses Recht dürfe nur eingeschränkt werden, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich sei. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht für längere Zeit ausschließe oder auch nur einschränkt, dürfe nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Die Einschränkung oder sogar ein Ausschluss für längere Zeit komme  also nur als äußerste Maßnahme zur Abwendung einer konkreten gegenwärtigen Gefährdung der körperlich und geistig-seelischen Entwicklung des Kindes in Betracht. Dabei sei zunächst davon auszugehen, daß die Ausübung des Umgangsrechtes mit einem Elternteil in der Regel zum Wohl des Kindes gehöre. Die Inpflegenahme von Kindern dürfe nicht schematisch zu einem Kontaktabbruch mit den leiblichen Eltern führen. Denn grundsätzlich handele es sich bei einer Inpflegenahme von Kindern nur um eine vorübergehende Maßnahme, die zu beenden sei, sobald die Umstände dies erlaubten. Alle Durchführungsmaßnahmen im Rahmen der Inpflegenahme müßten mit dem anzustrebenden Ziele der Zusammenführung von leiblichen Eltern mit ihren Kindern im Einklang stehen. Hieraus folge zugleich, daß den Vormund mit Beginn der Inpflegemaßnahme die Verpflichtung treffe, stets zu prüfen, ob eine Familienzusammenführung möglich sei und durch welche Maßnahmen diese erleichtert und gefördert werden könne. Nur im Interesse der Wahrung der Kindesbelange sei es dem Staat als Wächter über das Kindeswohl gestattet, derartige schwerwiegende Eingriffe in das verfassungsrechtlich garantierte Elternrecht gemäß Artikel 6 II Satz 1 GG vorzunehmen.

Die dem Kindesvater vom Amtsgericht lediglich eingeräumten 4 Umgangskontakte im Jahr würden diesen Anforderungen nicht gerecht; vielmehr sei dem Kindesvater ein Umgangsrecht einmal im Monat zu gewähren, um die Möglichkeit der Entwicklung einer persönlichen Beziehung zwischen dem Kindesvater und dem Sohn aufrecht zu erhalten.

Obwohl zwischen dem Kindesvater und seinem Sohn eine enge emotionalte Bindung bislang zu keinem Zeitpunkt bestanden hatte, und obwohl generell auf einen längeren Zeitraum hin gesehen eine Aufnahme des Kindes in den väterlichen Haushalt kaum zu erwarten war, kam das Oberlandesgericht zu der Auffassung, daß andererseits aber ein völliger Ausschluss des Umgangs gegenwärtig nicht gerechtfertigt sei, ebenso jedoch auch dessen Einschränkung auf ein Maß, welches tatsächlich einem Ausschluss sehr nahe komme. Vielmehr sei ein – vorsichtig angebahnter und zunächst behutsam durchgeführter – Kontakt dringend erforderlich, um dem bestehenden „Fremdsein“ zwischen Vater und Kind entgegenzuwirken und langfristig eine Beziehung aufzubauen, die grundsätzlich zu der Erfahrung der Abstammung des Sohnes vom Kindesvater führen könne. Denn für diesen sei es – allein schon aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes (Abstammung von einem nigerianischen Vater), aufgrund dessen er voraussichtlich durch Dritte zukünftig mit seinem „Andersaussehen“ konfrontiert werden werde – besonders wichtig, Kenntnis über seine Herkunft und seine kulturellen Wurzeln zu haben.