Das Oberlandesgericht Köln befand durch Beschluß vom 22.03.2011 (4 UF 29/11), daß in dem betreffenden Verfahren die elterliche Sorge den Kindeseltern komplett zu entziehen sei, die Kinder aber zunächst in dem väterlichen Haushalt belassen werden könnten.
Das Gericht führte aus, daß nicht jedes Versagen den Staat berechtige, die Eltern auszuschalten. Andererseits könne aber die erzieherische Nichteignung bei den Eltern durchaus unterschiedliche Gründe haben. Ein Verschulden der Eltern diesbezüglich sei nicht erforderlich. Die Rechtfertigung gerichtlicher Maßnahmen liege in der zu besorgenden Kindeswohlgefährdung, die nicht anders ausgeglichen werden könne.
Die Gefahr einer nachhaltigen Kindeswohlgefährdung in Form gravierender Entwicklungsstörungen der Kinder sei hier aber evident. So seien bereits erhebliche Entwicklungsstörungen bei den beteiligten Kindern festzustellen. Diese kindeswohlgefährdenden Entwicklungsstörungen seien gerade durch das erzieherische Fehlverhalten der Kindeseltern begründet. Extrem häufige Trennungen der Kindeseltern verbunden mit häufigen Umzügen sowie die damit verbundenen Loyalitätskonflikte, die den Kindern zugemutet worden seien, hätten diese so schwer belastet, daß von den beteiligten Kindeseltern eine störungs- und angstfreie Entwicklung ihren Kindern nicht ermöglicht worden sei. Die jeweiligen Trennungen hätten zu fortschreitenden Entwurzelungen der Kinder geführt. Die Versuche der Kindeseltern, jeweilige Umgangskontakte zu vereiteln, hätten zudem Loyalitätskonflikte bei den Kindern hervorgerufen. Auch dies habe zu nachhaltigen Schäden in der seelischen Entwicklung aller Kinder geführt. Diese Gefährdungssituation sei noch dadurch verstärkt worden, daß bei beiden Elternteilen Defizite in der Elterlichkeit vorlägen, die diese nicht bereit bzw. in der Lage gewesen seien durch eine verantwortliche Zusammenarbeit in der gemeinsamen elterlichen Sorge auszugleichen.
Auf Seiten des Kindesvaters fielen dabei verstärkend gravierende persönliche charakterliche Defizite ins Gewicht. So scheine der Kindesvater nicht in der Lage zu sein, seine Emotionen in den Griff zu bekommen. Vielmehr neige er auch in Gegenwart der Kinder zu verbalen Ausfällen und auch Tätlichkeiten zumindest gegenüber der Kindesmutter. Dies habe wiederholt zur Flucht der Kindesmutter in Frauenhäuser geführt.
Andererseits sei auch die Antragsgegnerin nicht in der Lage, Konstanz und Kontinuität in die Erziehungstätigkeit zu bringen. Auch sie sei viel zu sehr in der Auseinandersetzung mit ihrem Ehemann verhaftet, als daß sie das Wohl ihrer Kinder im Auge hätte. Es sei nicht absehbar, daß sich diese Konflikte trotz ihrer negativen Auswirkungen auf das Bedürfnis der Kinder nach Sicherheit und Stabilität beenden ließen.
In der 23 Jahre dauernden Beziehung der Kindeseltern sollen 17 Trennungen erfolgt sein, wobei zumindest teilweise auch Gewalttätigkeiten des Kindesvater eine Rolle gespielt hätten und in die die Kinder jeweils seit ihrer Geburt eingebunden gewesen seien und noch seien.
Es bedürfe keiner weiteren Erläuterungen, daß derart hochemotionale Trennungen und Versöhnungen nicht nur die Eltern an die Grenze des für sie emotional Ertragbaren gebracht haben, sondern, daß auch ihre Kinder hierdurch massiv beeinträchtigt worden sein müßten.
Die Kindeseltern seien aus objektiver Sicht nicht in der Lage, ihre Liebe zu den Kindern in verantwortungsvolles elterliche Verhalten umzusetzen und in ihrem täglichen Erziehungsverhalten zum Tragen zu bringen.
Eine gemeinsame elterliche Sorge scheide aus und wegen der bestehenden Defizite könne die alleinige Sorge für ihre Kinder keinem der Elternteile alleine übertragen werden. Bei der jeweils auf die eigene Person bezogene Sichtweise der Dinge liegt die Beeinflussung der Kinder zum Nachteil des jeweils anderen Partners auf der Hand.
Gegen eine Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter und den Verbleib der Kinder bei der Kindesmutter spräche schon der verfestigte erklärte Kindeswille.
Der Entzug der elterlichen Sorge auf Seiten des Vaters müsse nicht notwendig damit verbunden sein, daß die Kinder auch aus seinem Haushalt genommen würden. Das Jugendamt werde in eigener Verantwortung zu prüfen haben, inwieweit trotz der Erziehungsdefizite des Kindesvaters ein Belassen der Kinder in dessen Haushalt möglich sei. Sollte sich herausstellen, daß der Kindesvater nicht zu einer Zusammenarbeit im Kindeswohlinteresse bereit oder in der Lage sei, müßten seitens des Jugendamtes weitergehende Schritte ins Auge gefasst werden, was unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit bis zur Wegnahme der Kinder aus dem väterlichen Haushalt führen könne.
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